Donnerstag, 29. Dezember 2022
Alte Wege
Irrwege.
Sieht eine Regierung sich vor bedrohlichen Problemen, die sie mit ihren bisher bewährten Mitteln nicht mehr lösen kann, so schiebt sie die Schuld auf innere oder äußere Gegner. Das folgert Hannah Arendt aus gut bekannten Ereignissen vergangener Jahrhunderte. Zunächst werden die in jedem Staat bestehenden Gegensätze aufgehoben. Sie seien angesichts eingetretener Umstände todbringend für’s ganze Volk. Statt der in Klassen getrennten Bevölkerung wird eine Masse geschaffen. „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche“, sprach der letzte deutsche Hohenzollern-Kaiser. Das so gewonnene Potential an Kriegsbegeisterung reichte jedoch nicht für einen Sieg, der Krieg ging verloren. Daraus zog Hitler den Schluß, in zwei Stufen vorzugehen. Zunächst hob er, wie Wilhelm II., die in scharfen Gegensätzen zerrissenen Parteien in der sogenannten Volksgemeinschaft auf. Sie wurde begeistert akzeptiert. Der Nazi-Führer hatte jedoch seit Jahren eine Ausweitung des strategischen Raumes geplant und hob die immerhin enormen Gegensätze zwischen den Völkern des Nordens in der Rassegemeinschaft der Arier auf.
Mit diesem Schritt waren schon erhebliche Ressourcen gewonnen. Doch auch diese reichten nicht aus. Gab es überlegene Rassen, so musste es Rassen geben, die den überlegenen unterlegen waren. Ihre Staaten zu überfallen, zu bestehlen, auszuplündern entspreche dem Naturgesetz „Friss,Vogel, oder stirb“, wie der Führer in einer seiner Weihnachtsansprachen erläuterte. Jesu Frohbotschaft war durch das angeblich eherne Gesetz der Natur zu ersetzen.
Wohin es führte, ist bekannt und sollte zur Warnung dienen.
Dennoch befürchtete Hannah Ahrendt nach dem Zweiten Weltkrieg, dass eine Wiederholung der Vorgänge drohte. In der Tat sehen wir aktuell, wie die größte Macht der Erde dem Wiederholungszwang zum Imperialismus erliegt. Zuerst wird jegliche innere Opposition zum Staatsfeind erklärt. Dann wird von einem Feind berichtet, der den Staat von außen tödlich bedrohe. Da dies noch immer nicht ausreicht, um die weiterhin bestehenden inneren Probleme zu lösen, wird die immerhin sehr erhebliche Differenz zwischen den hochentwickelten Industrieländern des „Westens“ in einer neuen Gemeinschaft aufgehoben. Es ist „unsere Wertegemeinschaft“, die als tödlich bedroht dargestellt wird.
Dass die Rassegemeinschaft der Nordvölker bei diesen auf Beifall stieß, hat sicher mehrere Gründe. Einer davon wird im Interesse der jeweiligen Eliten gelegen haben, ihre Opposition zu entmachten und sich an den Beutezügen der Arier zu beteiligen. Dass in unseren Tagen die Wertegemeinschaft des Westens medial so vehement vertreten wird, könnte ähnlich begründet sein.
Samstag, 24. Dezember 2022
Christ ist geboren!
Heute beende ich meinen Adventskalender mit einem Filmtipp.
Christ ist geboren! Er ist geboren! Das rufen einander in dem Film „Die Ritter der Tafelrunde“ Lancelot und Artus zu, als eine Glocke den Weihnachtstag einläutet und sie in eisiger Kälte aushalten müssen, bis die Zeit gekommen ist, um die gottlosen Verderber Englands auf dem Schlachtfeld zu besiegen. Obgleich vor 70 Jahren (1953) in die Kinos gekommen, erscheint mir die Aktualität des farbenprächtigen Films auffallend. Wer die Gottlosen sind, die verwüsten und töten, und wer die Christen, ist im Film so klar wie uns heute in unserer Wirklichkeit.
Montag, 7. November 2022
Holleri!
Holleri!
Einige verfrühte Neujahrsgrüße gebe ich dieser Tage zur Post. Es ist eine Art Album zum Drinblättern, ohne Seitenzahlen. Arno Schmidt bediente sich aus solchem Anlass hochgebildet bei Viktor von Scheffels Ekkehart: „Fleuch nun hinaus in die Welt, mein Büchlein. Und triffst du auf Leute, die dein glorreich Leben hämisch benagen, denen zerschmettre das Haupt!“ – Ich zitiere aus populären Genres, etwa: „Mein kleiner grüner Kaktus steht draußen am Balkon, holleri hollero! …Und wenn ein Bösewicht was Ungezog’nes spricht, dann hol ich meinen Kaktus und der sticht sticht sticht!“ Hollero!
Dienstag, 1. November 2022
Wien, nur du allein?
Die FAZ meldete am 25. 2. 2022:
Die Staats- und Regierungschefs belegen Russland mit nie gesehenen Strafmaßnahmen. Ursula von der Leyen sagt ganz offen: Es geht darum, die industrielle Basis des Landes zu zerstören.
Und die Neuausrichtung eines Morgenthau-Plans scheint zu gelingen, wie viele unserer Medien vermelden. Putin am Ende, wird uns gerne und überwiegend signalisiert.
Ein Kollege namens Karl-Heinz Dellwo verheißt schon den Hinschied der Russischen Föderation: Nach der etablierten Trennung vom Westen bleibe das Land technologisch zweit-, wenn nicht drittrangig.
Gewiss gehört es sich nicht, aber ich musste lachen. Es erinnerte mich an Mark Twains Korrektur einer Zeitung, die seinen Tod gemeldet hatte. Die Nachricht sei stark übertrieben, scherzte er.
Ja – und nun dies. Folgende Mail habe ich an den Kollegen Thomas Hanke verfasst:
Geehrter Herr Kollege, seit wann wissen Sie, was Sie am Montag, 31. Oktober d.J., auf Seite 13 des Handelsblatt ausführen?
Ich habe das nicht gewusst und werde nun durch Sie erstmals damit konfrontiert.
Als Abonnent müsste ich längst davon Kenntnis haben.
Kann es sein, dass es nur - aber was heißt hier nur - Ihre Zusammenfassung ist, die so überraschend wirkt?
Und die Einzelheiten, mal hier und mal da, längst erkannt und gemeldet waren?
Entschuldigen Sie die Fragerei, aber Ihre Mitteilung erscheint mir derart bedeutend zu sein, dass sie die Schlagzeilen aller Medien beherrschen müsste.
Tatsächlich jedoch spricht offenbar kein Mensch darüber.
Ist mir unerklärlich.
Gruß, Michael Molsner
Was erfahre ich bisher Ahnungsloser also nun? Einer Studie des österreichischen Umweltbundesamtes zufolge erhöht die Nutzung der Kernenergie die Abhängigkeit von Russland. Von russischem Uran seien in der EU Bulgarien, Ungarn, die Slowakei und Tschechien zu 100 % abhängig, die EU insgesamt zu 20 % - mehr als der russische Anteil an der Gasversorgung.
„Alle Wege führen nach Moskau“. Rosatom und seine 300 Tochterunternehmen „bauen weltweit mehr Atomkraftwerke als irgendein anderer Staat“. Die Hälfte des von Rosatom angereicherten Urans lande in der EU und Großbritannien.
Mit Frankreich verbinde die russische Nuklearindustrie ein Netz von Allianzen. Mit dem staatlichen Gasversorger EDF, dem Brennstofflieferanten Orano und dem Anlagenbauer Framatom, der Träger der französischen Nuklearrüstung ist, habe Rosatom „unzählige“ Abkommen geschlossen.
Die von der EU-Kommissionspräsidentin angekündigten beispiellosen Sanktionen betreffen Russland nicht, da die Atomindustrie von Sanktionen befreit ist. Auf Antrag Frankreichs (und wohl auch der Internationalen Atomenergiebehörde).
Frankreich importiert das Uran aus Russland und schickt es abgebrannt wieder zurück, wo es erneut angereichert wird. Und man entzieht dort Plutonium – gut bezahlter Grundstoff weltweit für mancherlei.
Ferner verdienen französische Unternehmen, weil die Russen sie „mitnehmen“, wenn sie im Ausland AKW bauen.
Und zum Schluss noch eine Überraschung. Die Russen bauen Magneten für Windräder, eine „rare“ Komponente. Dass die Chinesen an Solarzellen verdienen, weiß jeder. Aber Russland an Windrädern?
Freitag, 14. Oktober 2022
Wer es wusste und wer nicht
Es muss einen Grund geben, dass ausgerechnet um die 2020er Jahre herum die Entrüstung über Untaten anderer überhand nahm. Uns Deutschen wurde moralische Empörung als Grundstimmung verordnet. Was war geschehen?
Bis dahin waren gewaltige Summen multinationaler Investoren in die USA geflossen, 2015 war die Summe auf 468 Milliarden Dollar angeschwollen, ein Rekordwert.
Im Pandemie-Jahr 2020 war China bis auf zwei Milliarden Dollar an die USA heran gerückt. Das Land hatte sich der US-Konkurrenz über die Jahre allmählich immer näher geschoben. In Washington löste das Händeringen aus. Man fragte sich in tiefer Sorge, ob die schnell wachsende, aufsteigende asiatische Macht etwa zum ständigen Platzhalter der ersten Wahl für sicherheitsbewusste Investoren werden könnte.
Chinas Aufstieg sei als riesiges Problem bewusst geworden, hieß es. Das habe politische Pressionen entzündet, den Trend umzukehren.
Ich gestehe, dass ich die Zahlen, die das Problembewusstsein weckten, damals nicht kannte.
Ich bin erst vor einer knappen Woche darauf gestoßen. Im Gegensatz zu uns Normalbürgern dürften Spitzenpolitiker im Westen sehr viel zeitnäher informiert gewesen sein. Sie schwenkten auf die neue Linie ein und gaben sie an die Medien weiter.
Inzwischen ist das ausländische Geld in die USA zurückgekehrt, 367 Milliarden Dollar sind genannt. Zwölf Mega-Projekte haben Foreign Investors für das laufende Jahr 2022 angekündigt, die Anlagen werden bei einer Milliarde mindestens gesehen.
Die USA haben ihre Spitzenstellung wieder und bauen sie aus. Städte und Staaten der USA verdoppeln ihre Anreize für Fremdkapital und verlassen sich nicht mehr selbstzufrieden auf die Attraktivität ihrer dynamischen Wirtschaft.
Japan war der bedeutendste fremde Investor während der drei vergangenen Jahre, ihr gesamtes direktes Investment hat letztes Jahr 721 Milliarden erreicht. US-amerikanische Töchter japanischer Firmen haben 2020 über 75 Milliarden an Gütern exportiert, gefolgt von Exporten deutscher US-Firmen, knapp 13 Milliarden. Für Forschung und Entwicklung haben die Japaner in den USA zwölf Milliarden Dollar ausgegeben, knapp hinter den Deutschen, die dafür fast dreizehn Milliarden aufgewandt haben.
Aus den Ziffern wird deutlich, weshalb Sozialdemokraten und Gewerkschaften die Linie gegen China goldrichtig finden. Nur mächtige Staaten machen Beute. Ihre Verbündeten profitieren davon. Wer von Moral redet, spricht darüber nicht. Die Kosten tragen andere, wir bekommen unser Teil ab.
Angela Merkel hat während ihrer Amtszeit von allen asiatischen Staaten stets zuerst China besucht; Kanzler Scholz zog einen Besuch in Japan vor, beim Kriegsverbündeten des Dritten Reichs.
Damals sollte der Stahlpakt Russland und China bezwingen. Ein Weltbund der Demokratien will nun das gleiche Ziel verwirklichen.
Wer darauf empfindlich reagiert, hat wohl nicht durchdacht, dass Politiker nur verteilen können, was andere hergeben müssen. Allerdings gilt das nicht für die Grünen. Im Gegensatz zu SPD, Gewerkschaften, Christlichen und Liberalen geben sie uns nichts. Oder doch? Das Gefühl, gute Menschen zu sein.
Donnerstag, 1. September 2022
Vorwärts und nicht vergessen
Gorbatschows Vermächtnis
Michail Gorbatschow war als Staatschef für die Erhaltung der Sowjetunion verantwortlich.
Als er den Sieg Russlands über die Nazi-Barbarei gegen die Zusicherung seiner westlichen Partner verschenkte, die NATO werde beim Rückzug der Russen aus der DDR keinen „Inch“ weiter nach Osten vorrücken, hinterließ er der gesamten Welt eine wichtige Erkenntnis. Diese ist sein eigentliches Vermächtnis und seine wertvollste Hinterlassenschaft. Kein russischer Staatschef wird je wieder den Fehler machen, der deutschen oder US-amerikanischen Regierung oder der NATO-Führung und deren Zusicherungen zu vertrauen. Alle Versprechungen, die er für abgemacht und zuverlässig hielt, wurden gebrochen. Für die Russen begann eine Zeit entsetzlichsten Elends und grausamer Demütigungen („Tankstelle mit Raketen“). Es ist aber nicht nur für russische Staatslenker eine Lehre, besonders auch für China. Und für die Staaten Afrikas, ganz Asiens, Zentralasiens! Die ganze Welt ist diesem Mann Dank schuldig.
Samstag, 27. August 2022
Phasen der Ent-Putinisierung
Die ständige Beschäftigung unserer Medien mit dem Holocaust lenkt ab und soll vielleicht ablenken von der wichtigen Unterscheidung zwischen dem Holocaust und dem Unternehmen Barbarossa. Der Überfall auf die Sowjetunion hatte ein eigenes, wenn auch in den Rassismus integriertes, gesondertes strategisches Ziel. Die unermesslichen Reichtümer Russlands sollten in unsere Verfügungsgewalt verbracht werden. Der Substanz nach formuliert die NATO aktuell eine keineswegs unähnliche Strategie. Russland müsse sich unserer Kontrolle fügen, verlautet aus Brüssel und Washington. Da die Moskauer Staatsführung sich gegen die geplante Kolonisierung wehrt, wird ganz offen und ungeniert seitens unserer Eliten die Ent-Putinisierung gefordert. Da sie mit Putin nicht über dessen Entmachtung verhandeln können, sei eine nichtmilitärische Lösung nur durch die physische oder politische Eliminierung des Präsidenten und seiner engeren Umgebung, die als kleptokratische Clique bezeichnet wird, überhaupt denkbar. Erwünscht sind demnach Attentäter und Aufrührer. Wie motivieren wir Unzufriedene, die es in Russland wie überall gibt, zu einem Glücksspiel um ihr Leben? Es gibt Beispiele. Vor allem soll die russische Bevölkerung in einer erklecklichen Anzahl genötigt werden, Aufrührer, Anarchisten, Attentäter zu unterstützen. Die alltäglichen Existenzbedingungen möglichst vieler Russen müssen sich bis zur Unerträglichkeit verschlechtern. Diesen Zustand führen wir herbei durch den Einsatz unserer wirtschaftlichen und finanziellen und – seien wir realistisch – auch unserer militärischen Macht. Der Abnutzungskrieg in der Ukraine wird Russland irgendwann überfordern und zur Aufgabe nötigen. Schnelle Erfolge sind nicht zu erwarten. Aber irgendwann wird ein kühner, von uns geschickt propagandistisch und finanziell aufgebauter Politiker die Despoten im Kreml ins Exil oder in die verdiente Hölle schicken und sich unseren Forderungen gerne fügen. Die Bevölkerung, geschwächt und ausgelaugt, wird sich den neuen Herren anpassen. Widerstand in erheblichem Ausmaß müssen wir nicht mehr erwarten oder durch geeignete Maßnahmen niederhalten.
Inzwischen müssen wir in Brüssel, Washington und London undsoweiter, im Westen halt, uns leider damit abfinden, dass den Phasen der Ent-Putinisierung in Russland unbedingt Phasen der Ent-Demokratisierung bei uns im Westen entsprechen müssen. Die ersten Schritte sind längst eingeleitet, und die USA sind hier, wie so oft, Vorreiter und Vorbild. Dass ein abgewählter Präsident eingesperrt werden muss, damit er sich nicht um eine Wiederwahl bewerben kann, kennen wir eigentlich nur von „shithole countries“. Und nun? Man verfolge die Berichterstattung der New York Times, wie ich es tue und jedem empfehlen kann.
Donnerstag, 25. August 2022
Was wir wissen
Was wir wissen. Und was nicht
Über den Zustand der US-Wirtschaft erhalte ich gegensätzliche Nachrichten, wobei ich zunächst nur westliche Quellen zitiere, die als seriös und unparteiisch gelten. Laut Handelsblatt behält ein amerikanischer Investor namens Burry nur noch eine einzige Aktie in seinem Depot, weil er nur noch diese für krisenfest hält. Und zwar sind das Anteile am Betreiber von privaten Gefängnissen und psychiatrischen Einrichtungen. Burry gilt als eine Art Sturmvogel der Wall Street, da er bereits heftige Krisen voraussehen konnte, als deren Heraufkunft noch umstritten war. Und gestern erst las ich dann im Handelsblatt, dass der Aktien- und Anleihefonds DWS der Deutschen Bank das erste Halbjahr 22 mit plus-minus-null abgeschlossen habe. Der Chief Executive Officer geht aber davon aus, dass das zweite Halbjahr wieder ein Plus bringt. Und von Nummer zu Nummer meldet das Handelsblatt inzwischen mal dies und mal jenes zum Verlauf der Rezession in USA. Irgendwie betrifft uns das ja schon. Denn unsere Industrie bezahlt für Energie um den Faktor acht bis neun mehr als die US-Konkurrenz. Die deutschen Unternehmer sehen darin einen Wettbewerbsnachteil und sprechen von einer drohenden De-Industrialisierung Deutschlands.
Der bekannte Sicherheitsberater Wolfgang Ischinger warnt nun vor Kriegsmüdigkeit bei den Deutschen – und das steht nun wiederum heute auf Seite eins des Handelsblattes.
Ich bekomme keine Provision von denen, schätze nur eben nachprüfbare Fakten und Zahlen – an treubraver Unterwürfigkeit gegenüber der NATO fehlt es ja auch in keiner Ausgabe! Siehe Ischinger.
Dafür zitiere ich jetzt aus einer Zeitung, die wird vom Verfassungsschutz beobachtet, weil sie so links sei. Aber so bin ich und so bleibe ich: Immer auch die Gegenseite anhören. Und ei, war erfahre ich über die US-Wirtschaft? Es geht ihr so gut, dass Washingtons Gesandter in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires am Donnerstag ganz offen zu einem Putsch gegen die bisherige Regierung aufgerufen hat. „Warten Sie nicht auf Wahlen, bilden Sie eine Rechtskoalition!“ Es geht um das sogenannte weiße Gold, Lithium. Argentinien verfügt über die zweitgrößten Reserven der Welt. Aus Sicht Washingtons sei der Zugang zu argentinischem Lithium, Gas und Öl eine Voraussetzung, um China in Schach zu halten.
Die USA täten das aber nicht für sich, sondern zugunsten der ganzen Welt. Wissen wir, wissen wir!
Mittwoch, 10. August 2022
Für und Wider
Meine Frau fragt mich: Wir rüsten die Ukraine auf gegen Russland. Wir unterstützen Afrika gegen China. Tun wir eigentlich auch irgendetwas für irgendwen? Ich überlege. Taiwan wird unterstützt gegen China. Asien gegen China und Russland. Israel gegen Iran. Irak gegen Iran. Zentralasien gegen Russland. Meine Frau fragt mich: Hältst du das für gesund? Wir unterstützen den aktuellen US-Präsidenten Joe Biden wohl nur deshalb, weil wir gegen den vorigen US-Präsidenten Donald Trump wütend Front machen. Was tun wir Deutschen eigentlich für uns? Einiges! Wir fordern, dass ein früherer deutscher Bundeskanzler aus seiner Partei ausgeschlossen wird, für die er Wahlen geweonnen hat, weil wir gegen den russischen Präsidenten sind, mit dem zusammen er Deutschland aus dem Vernichtungskrieg gegen den Irak herausgehalten hat. Wir finden das so unverzeihlich, dass wir den Friedenswillen dieser zwei mit der vehementesten Verachtung beantworten, die im Netz zu lesen und in den Massenmedien zu hören und zu sehen ist. Frieden für uns Deutsche wenigstens vorübergehend gegenüber den Irakern erreicht zu haben, erscheint vielen zum Speien widerlich. Dieser Krieg hat sich zum Zerstörungskrieg halb Asiens entwickelt. Verwüstet Nordafrika. Obgleich es sogar leidenschaftlichen Hassern bizarr erscheint, Friedenswünsche mit Vernichtungswünschen zu quittieren, wird es mit der Tatsache begründet, dass die Kanzlerschaft dieses Staaatsmannes nachweisbar Wohlstand beschert hat. Nun führen wir wieder Krieg und der Wohlstand schwindet. Glück und Zufriedenheit beim Wählervolk! Heute sah ich einen sehr, aber wirklich sehr strammen jungen Mann in Nato-Oliv. Auf dem Rücken seiner Jacke stand HATE HATE HATE. Der weiß, wo es lang geht, und zur Beruhigung jetzt noch ein Trostwort: Schlaft ruhig, für die SPD ist der wohl kaum unterwegs.
Montag, 25. Juli 2022
Erfahrungswerte
Das Folgende habe ich in Walter Benjamins Essay „Der Erzähler“ gefunden, bezogen auf den ersten Krieg, den wir Deutschen gegen Russland geführt haben. Dass der zweite Krieg gegen Russland bevorstand, ahnten diejenigen, deren Erfahrungen aus dem ersten sich als nicht mitteilbar erwiesen. Und so war es leider.
Benjamin schreibt:
„Immer seltener wird die Begegnung mit Leuten, welche rechtschaffen etwas erzählen können. Immer häufiger verbreitet sich Verlegenheit in der Runde, wenn der Wunsch nach einer Geschichte laut wird. Es ist, als wenn ein Vermögen, das uns unveräußerlich schien, das Gesichertste unter dem Sicheren, von uns genommen würde. Nämlich das Vermögen, Erfahrungen auszutauschen.
Eine Ursache dieser Erscheinung liegt auf der Hand: die Erfahrung ist im Kurse gefallen. Und es sieht aus, als fiele sie weiter ins Bodenlose. Jeder Blick in die Zeitung erweist, daß sie einen neuen Tiefstand erreicht hat, daß nicht nur das Bild der äußern, sondern auch das Bild der sittlichen Welt über Nacht Veränderungen erlitten hat, die man niemals für möglich hielt. Mit dem Weltkrieg begann ein Vorgang offenkundig zu werden, der seither nicht zum Stillstand gekommen ist. Hatte man nicht bei Kriegsende bemerkt, daß die Leute verstummt aus dem Felde kamen? nicht reicher - ärmer an mitteilbarer Erfahrung. Was sich dann zehn Jahre später in der Flut der Kriegsbücher ergossen hatte, war alles andere als Erfahrung gewesen, die von Mund zu Mund geht. Und das war nicht merkwürdig. Denn nie sind Erfahrungen gründlicher Lügen gestraft worden als die strategischen durch den Stellungskrieg, die wirtschaftlichen durch die Inflation, die körperlichen durch die Materialschlacht, die sittlichen durch die Machthaber. Eine Generation, die noch mit der Pferdebahn zur Schule gefahren war, stand unter freiem Himmel in einer Landschaft, in der nichts unverändert geblieben war als die Wolken und unter ihnen, in einem Kraftfeld zerstörender Ströme und Explosionen, der winzige, gebrechliche Menschenkörper.“
Der Schluss des Essays lautet: „Der Erzähler ist die Gestalt, in welcher der Gerechte sich selbst begegnet.“
Das lassen wir Autoren erzählter Erfahrungen uns gewiss gerne sagen. Auch wenn wir eingestehen müssen, dass unsere Erfahrungen im Kurse gefallen sind und weiter ins Bodenlose fallen. Als Napoleon Bonaparte die Eroberung Russlands ins Werk setzte, behauptete er nicht gänzlich ohne Grund, er bringe die Menschenrechte der Französischen Revolution. Ludendorff hatte die Versorgung der Deutschen im Sinn, als er via Ukraine ganz Russland anvisierte. Trotz der wenig ermutigenden Erfahrungen mit Ludendorff folgte das deutsche Volk noch einmal einer Führung, die Russland zwecks umfassender Ausbeutung zu erobern versprach. Den politischen Ressortchef der Süddeutschen Zeitung, Stefan Kornelius, hörte ich am 24. Juli 2022 im Presseclub der ARD sagen, er wünsche Russland jede Größe, doch zu unseren Bedingungen. Die hatten wir bekommen, als Gorbatschow den Versprechungen glaubte, die NATO werde keinen „Inch“ nach Osten vorrücken, wenn er die Vereinigung der deutschen Staaten akzeptiere. Jeder weiss heute, dass Gorbatschow damit den Sieg im Zweiten Weltkrieg verspielte, und dass Jelzin Russland in tiefstes Elend gestoßen hat. Im Stadium dieses erbärmlichen Zustandes hat Wladimir Putin Russlands Wiederaufstieg bewerkstelligt. Vernichtungswille klang ihm dafür, dass er dies geschafft hat, aus dem Presseclub entgegen. Alle Diskutanten und auch die Moderatorin sprachen die inständige Hoffnung aus, Putin möge scheitern und die russische Wirtschaft durch „unsere“ Sanktionen endlich wieder unter unsere Kontrolle gebracht werden .
„Unsere“ Kontrolle wäre das allerdings keineswegs, wenn ich mich selbst zu „uns“ zähle. Ich spreche erfahrungsbasiert – doch freilich, Erfahrungen sind ins Bodenlose gefallen. Und ich, Leute wie ich, dieses andere „Wir“ als das von Stefan Kornelius gemeinte, fallen – zusammen mit unseren Erfahrungen – heraus aus unserem Land. Wohin fallen wir? Wo schlagen wir auf?
Gesucht ist ein Ort, wo Erfahrungen im Kurs steigen.
Dienstag, 19. Juli 2022
Worldwise
Recht so, Mr. Scholz?
„Dies ist eine historische Stunde“, erklärt der Direktor einer staatlichen Gesamtschule in dem unvergesslichen Film Clockwise, Recht so, Mr. Simpson von und mit John Cleese ein ums andere Mal. Es ist sein Mantra, eine Formel, die er einübt, um die Konferenz der Headmaster in einem drei Eisenbahnstunden entfernten Ort ja nicht zu verpassen – er selbst ist als Vorsitzender ausersehen, und es ist das erste Mal, eben eine historische Stunde, dass er, ausgerechnet er als der Direktor einer Schule für unbemittelte Normalbürger, zu lauter Headmastern von Eliteschulen sprechen soll. „Sag den hochnäsigen Schnöseln, dass wir sie demnächst an ihren Krawatten aufhängen!“, gibt einer aus seinem Kollegium ihm auf die Reise mit. „Recht so“, antwortet er, ist jedoch abwesend, er übt die Rede ein, die er vor all den hochnäsigen Schnöseln halten will. „Ich, ein Neuling…“, undsoweiter.
Vor lauter Entzücken, nun einmal ganz ganz oben mit dabei zu sein, vergisst er alle realen Umstände, verpasst seinen Zug und das Auto seiner Frau, und eine Kette von Umständen, die er nicht rechtzeitig erkennt, führt zu einer Reihe unbegreiflicher Katastrophen und einem schmählichen Ende. Aufgebrochen war er wie aus dem Ei gepellt, ankommen wird er in Lumpen und wird vor einem zwischen Spott, Mitleid und Unverständnis schwankenden Publikum den Choral singen, er allein und ohne Pianobegleitung, den er seinen Schülern zum Abschied von der gewöhnlichen Gesamtschule und zur Feier seines Aufbruchs in die lichten Höhen der historischen Stunde geboten hatte.
Ich musste an unseren Bundeskanzler denken. Er spricht ständig von der historischen Stunde, der Wendezeit, als könne das Einüben dieser Formeln und die ständige Beschwörung der Wirklichkeit diese gefügig machen. Wie wird es enden, für ihn, unser Land, unser Europa, für uns?
John Bunyan
Verse 1
He who would valiant be
‘Gainst all disaster
Let him in constancy
Follow the Master
There’s no discouragement
Shall make him once relent
His first avowed intent
To be a pilgrim.
Verse 2
Who so beset him round
With dismal stories,
Do but themselves confound —
His strength the more is.
No foes shall stay his might,
Though he with giants fight:
He will make good his right
To be a pilgrim.
Verse 3
Since, Lord, Thou doest defend
Us with Thy Spirit,
We know we at the end
Shall life inherit.
Then fancies flee away!
I’ll fear not what men say,
I’ll labor night and day
To be a pilgrim.
Wer überzeugt ist, dass die Weltpolitik in dieser historischen Stunde ein Kampf der Guten gegen die Bösen ist, wer also unserem Kanzler folgt, mag sich auf Schlimmes vorbereiten und gegen Übles wappnen. Genau dazu werden wir ja auch ständig ermahnt!
Dienstag, 14. Juni 2022
Wie die Alten sungen
So zwitschern auch die jungen
Aus unseren Medien schallen mir Klänge entgegen, die ich für immer vergessen wollte. Um sie ertragen zu können, werde ich sie zeitgemäß aktualisieren, also upgedatet zitieren: Es zittern die morschen Knochen der Welt vor dem großen Krieg. Wir haben die Freiheit gerochen, für uns war's ein großer Sieg. Wir werden weiter marschieren, bis alles in Scherben fällt. Denn heute (ge)hört uns Europa und morgen... ???
Die Antwort finde ich auf Seite 14 von Le Monde diplomatique (deutsch, Juni 2022):
Die Kommissionspräsidentin der Europäischen Union Ursula von der Leyen, lese ich da, habe folgende „strategische Überlegungen“ vorgestellt: „Als Demokratien wollen wir die Welt von morgen gemeinsam mit Partnern gestalten, die unsere Vorstellungen teilen.“
Und morgen die ganze Welt! Darum geht es.
Als Energiepartner der Zukunft, die unsere Werte teilen, habe sie neben den USA drei weitere Energiepartner genannt, Aserbaidschan, Ägypten und Katar.
Was können wir auch alleine? Uns ver… ???
Freitag, 3. Juni 2022
Weniger ist manchmal mehr
03.06.2022
Ich denke darüber nach, ob ich mich aus der SPD abmelden sollte – die Partei hat ihr Alleinstellungsmerkmal zerstört. NATO-Politik machen andere auch. Träume warnen mich vor Selbstüberschätzung. Also abwarten? Die CDU ist keine christliche Partei mehr. Die FDP tritt nicht mehr für Marktwirtschaft ein. Alle anderen Parteien sind machtlos, wer eine von denen wählt, verschenkt seine Stimme. Konkret bedeutet das, wir haben keine Alternative zur NATO-Politik. Für Friedenspolitik tritt keine machtfähige Partei ein. Die Medien sind eingebunden in die Propaganda der NATO. Konsequent habe ich gestern mit der Überweisung der letzten Rechnung mein Abo der Frankfurter Allgemeinen beendet, ich bekomme sie Gottseidank nur noch bis zum 29. Juni.
Mittwoch, 1. Juni 2022
Spekulatius
Unser Regierungschef ist ein Racker – hätte man früher vielleicht gesagt; doch das ist ein veraltetes und höchst uncool gewordenes Wort. Daher nenne ich ihn einen Spekulatius.
Und zwar spekuliert er auf unsere Bildungsferne, wenn er sich bei seinem Besuch in Davos auf den „Donnerschlag“ beruft, den der Kriegsausbruch 1914 für Thomas Mann bedeutet habe. Er meint, so hätten wir nun auch den 24. Februar 2022 erlebt. Wenn ein Stärkerer diktiert, was Recht sein soll, dann sei das Imperialismus – das wolle „Putin“ (ohne Titel, seien wir nur nicht höflich, es könnte missverstanden werden).
Nun hat aber Thomas Mann die Arbeit an seinem Text, aus dem später der Roman vom Zauberberg wurde – worauf unser Redner sich beruft – sofort für Jahre, drei waren es wohl – unterbrochen, um seinen vielen Lesern in Europa zu versichern, dass Angriffskriege, auch präventive, zur Verteidigung der Heimat gerechtfertigt seien.
Ebendies steht übrigens auch in der Charta der UNO. Und ebendies ist es, was „Putin“ für sein Land in Anspruch nimmt. Ob zu Recht oder zu Unrecht, wäre zu erwägen – Papst Franziskus jedenfalls hat Zweifel an der Darstellung der NATO, die habe wohl ein wenig zu laut an Russlands Grenzen gekläfft.
Vom Standpunkt der Russen – Pardon: Vom Willen Putins – erfahren wir nichts, denn russische Medien sind gesperrt. Kriegszeiten! Und den Krieg gegen Russland wollen wir so führen, dass Russland auf Jahre nicht aufkommt – das hat unsere Ministerin des Äußeren „Putin“ wissen lassen, wenn ich mich recht erinnere. Wäre übrigens wieder ein Plagiat, der von Thomas Mann gefeierte F.D. Roosevelt hat Deutschland (nicht den Russen) einen Schlag versetzen wollen, den es – den wir – auf Generationen nicht vergessen.
Thomas Mann, um auf das Missverständnis des Donnerschlags zurückzukommen, hat auf dem Höhepunkt seines Furors gegen die Verbreiter von ausgedachter Menschheitsbeglückung und seinem leidenschaftlichen Plädoyer für die gewachsene deutsche Kultur gesagt: Nichts habe ihm je ferner gelegen als ein Krieg gegen das heilige Russland. Er nannte es heilig. Es ist, meine ich, als Signal zu verstehen, dass unser Regierungschef seinen Amtseid ohne Bezug auf Gott geleistet hat. Heilig ist ihm die Selbstregierung der Russen scheinbar schon. Um sie dem russischen Volk zu ermöglichen, muss es allerdings zuerst von seinem Präsidenten befreit werden (ich nenne den Titel, den unsere Medien so gerne verschweigen). Oder am besten sich selbst von ihm befreien. Denn es ist ein grausam geknechtetes Volk, dem durch die Eliminierung seines Präsidenten die Einordnung in eine „regelbasierte Ordnung“ allererst ermöglicht werden muss. Zur Befreiung der Russen also führen wir den Krieg.
Und somit wird unser Krieg aktuell ähnlich begründet, wie auch die bisherigen Kriege gegen Russland begründet worden sind!
Napoleon wollte aller Welt Menschenrechte bringen, nicht nur den Russen, als er Russland angriff.
Der deutsche Kaiser hatte den vergleichbar ambitionierten Wunsch, die ganze Welt möge am deutschen Wesen genesen. Auch das Unternehmen Barbarossa ist als Kulturbringer aufgefasst worden, die SS ordnete sich gar in die christianisierende Tradition der Deutschordensritter ein. Dass sogar einfache deutsche Landser Licht in die Finsternis brachten, Kultur verbreiteten, wo Unwissenheit herrschte – habe ich selbst, ich selbst!, mir noch von Veteranen der Wehrmacht anhören müssen. Nach diesem Krieg! So rechtfertigten sie die Gräuel, für die meine Generation sie zur Verantwortung zog.
Es war unsere bedeutendste Aufgabe, das zu leisten. Unsere Hoffnung war, den Nazi-Ungeist aus unserer deutschen Heimat vertrieben zu haben. Nun lässt das verheißene Weltreich deutscher Kultur die alten Wunschträume keimen. Es geht in der Politik wohl zu wie in der Mode – zwei Generationen nach Oma kommt wieder, was Oma getragen hat.
Putins Staatspropaganda jedoch redet den Russen ein, unsere aktuellen Absichten seien nicht so lauter und hehr, wie wir vorgeben. Die argen Racker, die unsere Medien steuern und bedienen, sorgen dafür, dass so etwas bei uns nicht geglaubt werden kann. Alles Propaganda der Staatsmedien des Machthabers. Des Imperialisten. Des Despoten. Hat er Krebs? Putscht endlich jemand?
Spekulatius ist süß und beliebt, so ab November etwa wird der schmackhafte Keks überall angeboten. Bis dahin kann freilich noch viel passieren. Nicht zu früh verzagen. Warten wir ab.
Montag, 9. Mai 2022
Weltkrieg
Weltkrieg erkennen
Wann ein Weltkrieg beginnt, ist nicht für jedermann leicht zu erkennen. Als Japan die chinesische Mandschurei besetzte, erkannte Josef Stalin darin den Beginn des neuen Weltkrieges – des Zweiten. Das war 1931. Als Vorsitzender und Sprecher des Zentralkomittees der regierenden Kommunistischen Partei sagte er, Japan werde sein hochentwickeltes industrielles und militärisches Potential einsetzen, um durch weitere Eroberungen im indopazifischen Raum seine strategische Position (damals gegenüber England) und Rohstoffe sowie Arbeitskräfte zu gewinnen. Bereits 1935 rechnete er damit, dass auch Deutschland seine industriellen und militärischen Möglichkeiten für Eroberungen nutzen werde. Beide Staaten fühlten sich durch die Friedensverträge nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg unerträglich benachteiligt und würden unbedingt bestrebt sein, ihre ehemaligen Machtpositionen wiederherzustellen.
Die imperiale Weltsicht Japans sei zusammengefasst in dem Slogan „Schwache sind Fleisch, Starke essen“, las ich dieser Tage in einem Bericht, den ich vor Jahren schon archiviert hatte. Dass auch das Deutsche Reich von imperialistischen Grundsätzen durchdrungen war, unterliegt gewiss keinem Zweifel. Das deutsche wie das japanische Militär wurde von Imperialisten geführt.
Auch die Endländer waren geschwächt und verschuldet aus dem Ersten Weltkrieg hervorgegangen. Stalin war sich ab 1935 sicher und vertrat diese Position wiederum als Sprecher des ZK der KPDSU vor der Duma, dass England versuchen würde, Russland und Deutschland gegeneinander zu hetzen und die Beute an sich zu reißen. Diese selbe Position noch in demselben Jahr hat Winston Churchill vertreten und für so riskant gehalten, dass er seine Regierung, der er nicht mehr angehörte, dringend dazu aufrief, sich militärisch für einen Krieg zu rüsten.
Als 1936 der faschistische Putsch gegen die spanische Regierung vom Deutschen Reich unterstützt wurde, erkannte Stalin darin den Zugriff Deutschlands auf den afrikanischen Kontinent und seine Reichtümer. Diese These wurde von Mussolini bestätigt, als er 1941 in Abessinien einmarschierte – und das Reich nötigte, den geplanten Vormarsch auf Russland aufzuschieben. Der Aufschub wurde erzwungen und verursachte das Anhalten des Vormarsches auf Moskau, wo Stalin, der deutschen Luftüberlegenheit trotzend, eine Militärparade abnahm.
Diese sehr skizzenhafte Zusammenfassung soll verdeutlichen, dass Weltkriege nicht mit Kriegserklärungen beginnen müssen. Sie beginnen mit Zugriffen auf Kerngebiete von Staaten, deren Ressourcen und Arbeitskräfte und strategischen Aufmarschraum man zu brauchen meint.
Wir befinden uns in einem Weltkrieg. Er wird ausgelöst von den USA und mitgetragen von Staaten, die in der Abhängigkeit und unter dem Schutz Washingtons bisher gediehen sind.
Für Europa ist es der vierte Krieg gegen Russland, Napoleons Feldzug mitgezählt. Alle sind nur insofern erfolgreich gewesen, als Russland grosser Schaden zugefügt wurde – was jeweils beabsichtigt war und auch heute erklärte Absicht ist.
Russland unter westlicher Kontrolle bedeutet, die USA sind China in jeder Hinsicht überlegen, besonders militärisch. Selbständigkeit wäre für China Vergangenheit. Und für uns auch.
Samstag, 7. Mai 2022
Und die Moral von der Geschicht
Eine Erzählung aus Nimwegen. Martha Gellhorn hat da ein Lazarett besucht, sie beschreibt die Abteilung, wo verletzte Kinder in kleinen weißen eisernen Betten liegen. Die Kinder sind oft noch zu jung, um zu sprechen, aber alle sind erstaunlich ruhig. Es gibt nicht viel zu essen für die Kinder, keine besonderen kleinen Spielzeuge, um sie von ihren Schmerzen abzulenken. Das Licht ist auch nicht gut und manche Kinder sind noch so klein, dass man denkt, das Bettchen ist leer. Einem dünnen kleinen Mädchen von vier Jahren wurden beide Arme durch Granatsplitter gebrochen und ein Splitter musste aus ihrer Seite heraus geschnitten werden und einer aus ihrem Kopf. Alles, was man sehen konnte, war ein winziges sanftes Gesicht mit enorm großen Augen, die einen anschauten, und die Arme wie Blumenstiele an Stützen geheftet und die Bandage um ihren Kopf fast so groß wie sie selbst. Sie würde nie verstehen, was geschehen war, und was für eine Art Welt es war, die ein kleines Mädchen von vier Jahren so verletzen konnte, während es im Garten spielte, wie Mädchen ihres Alters überall auf der Erde im Garten ihres Hauses spielen können sollten.
Der Bericht ist ein Appell an unser Gefühl – damit keine Sentimentalität aufkommt, werden wir über den Gesamtzusammenhang informiert.
Wir alle kennen Schreckensorte, wo Menschen vieler Völker ihrer jüdischen Abstammung wegen mit Gas erstickt wurden. Das ist nicht neu. Aber Nimwegen? Nun, es liegt in unserer direkten und beliebten Nachbarschaft, in Holland. Die Deutschen haben – schreibt Gellhorn im April 1944 – eine halbe Million Holländer im Alter zwischen neunzehn und fünfunddreißig deportiert und als Zwangsarbeiter in Deutschland eingesetzt, und nach einem Jahr habe man von diesen Männern nichts mehr gesehen oder gehört. „In einem kleinen Land lässt die Entführung einer halben Million Männer eine große traurige Lücke zurück.“
Die Moral einer kurzen Erzählung sollte ebenfalls kurz sein, meint Gellhorn und schlägt eine ganz kurze vor: „Es wäre eine gute Sache, wenn man den Deutschen nie gestatten würde, to make war again.“
Sie spricht als Amerikanerin. Ihre Empfehlung, den Deutschen nie zu erlauben, wieder Krieg zu machen, gilt zunächst ihrer eigenen Regierung. Dann zweitens der Gemeinschaft der Vereinten Nationen, der UNO, wo die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat beanspruchen. Dass die USA uns Deutschen und den Japanern dringend neue Feldzüge nahelegen, hätte sie nicht für günstig gehalten – nachdem eine Weltregierung der verbündeten Mächte Deutschland und Japan unter so furchtbaren Opfern wie in Holland mit knapper Not verhindert werden konnte.
Japan hat sich soeben einem Kriegsbündnis gegen China angeschlossen, das ebenfalls zu den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges gehört, nachdem es Entsetzliches erlitten hatte.
Wir Deutschen hatten unsere Kriege. Es sollte reichen.
Freitag, 6. Mai 2022
Wer weiß das bei uns?
„Niemand hat den Kalten Krieg gewonnen.“
Diese überraschende Behauptung wagt Martha Gellhorn und fügt sie einer Sammlung ihrer seinerzeit berühmten Kriegsreportagen an. Gellhorn war für die USA so etwas wie Peter Scholl-Latour für uns in Europa, stets unerschrocken vor Ort, um Kriege zu dokumentieren, wie sie wirklich erlebt werden – und nicht so, wie die jeweilige Propaganda es dargestellt wissen will. Die folgenden Passagen sind eine Zusammenfassung aus dem Schlussteil ihres Buches „The Face of War“.
Es sei die stolze amerikanische Überzeugung, schreibt sie, „wir“ hätten den Kalten Krieg gewonnen, indem wir die Sowjetunion bankrott gerüstet haben. Das nennt sie seltsam in Anbetracht der Tatsache, dass die USA sich selbst bankrott gerüstet, nämlich mit Staatsschulden belastet haben, die im Kalten Krieg jedes Jahr gestiegen sind; sie haben sich – wird uns vorgerechnet – während der Amtszeit von Präsident Reagan verdreifacht, in direkter Relation zu den extra ausgewiesenen Militärausgaben. Die Staatsschuld der Sowjeunion, die während ihres Bestehens viele Staaten umfasste und nun vererbt ist an das kleiner gewordene Russland, belaufe sich auf sechzig Milliarden Dollar. Die Staatsschuld der USA 1991, etwa im gleichen Zeitraum, auf 3599 Milliarden Dollar, und steigend. Diese Summe sei mehr als doppelt so hoch als die gesamten Staatsschulden der Dritten Welt. Die sowjetische und von Russland übernommene Staatsschuld belaufe sich auf weniger als ein Viertel der jährlich fälligen Zinszahlungen der USA. Die USA müssen mehr als ein Drittel ihrer staatlichen Ausgaben aufwenden, um die Zinsen an ihre Gläubiger abzutragen. Und der Zins steige von Jahr zu Jahr; „riesige Ausgaben für das Militär gehen weiter“.
Die Überraschung ist, dass Gellhorn diese Angaben 1992 geschrieben hat. Vor drei Jahrzehnten schon sah es so aus! Geändert hat sich in all der Zeit nichts, im Gegenteil, es ist schlimmer geworden. Im vergangenen Jahr erst hat die Finanzmisterin der USA, vormals Chefin der berühmten Federal Reserve, eindringlich gemahnt, die parlamentarischen Vertreter der USA imWashingtoner Kongreß müssten unbedingt die Schuldenobergrenze erhöhen.
Sonst drohe die Zahlungsunfähigkeit der Regierung!
Es folgen weitere Überraschungen.
„Die Vereinigten Staaten als alleinige militärische Supermacht ist ein Unglück für Amerikaner und jeden anderen.“
Das wird aktuell in Afrika, Asien, Südosteuropa immer wieder so gesagt. Auch die Begründung ist nicht neu. Die Bilanz der amerikanischen Präsidenten, seit die USA eine Supermacht wurden, ist nicht ermutigend; sie waren zu schnell bereit, sich in die Angelegenheiten anderer Länder einzumischen und gefährlich schnell bereit, militärische Macht dafür einzusetzen.
Jede Regierung verfolgt und bestraft Drogenhandel aber fördert Waffenhandel. Das ist monumentale Heuchelei. Heroin, Kokain, Crack sind gesund im Vergleich mit der nachgewiesenen Zerstörungskraft unserer ständig modernisierten Waffen.
Das nahende Jahrhundertende (1992!) lässt uns mit einem Stapel von einundfünfzigtausend Nuklearwaffen zurück, erschreckender Überschuss an Tötungsfähigkeit, der sicher verwahrt und irgendwann abgetragen werden muss, und niemand weiß wie.
Das Volk der Sowjetunion, solange sie bestand, zahlte für den Preis, die zweitgrößte Atommacht der Welt zu sein, mit vierzig Jahren harten und kargen täglichen Lebens. Amerikaner jetzt, und bis in eine nebelhafte Zukunft reichend, werden weiterhin zahlen für ihren ersten Platz als Atommacht und verlieren jedes Jahr Hunderte Milliarden Steuergeld, die gebraucht würden um ihre beschädigte Gesellschaft zu heilen. Ist es ein Trost für Amerikaner, die meisten und besten Kriegswaffen zu haben und unsichere Stadtviertel, gefahrvolle Straßen, eine wachsende Unterklasse von arbeitslosen und wütenden Armen, die schlecht ausgebildet sind?
Das und vieles mehr melden auch unsere westlichen Medien gelegentlich – eines aber melden sie nicht und erfährt wohl kaum jemand: Dass es vor drei Jahrzehnten bereits klar zu erkennen und niedergeschrieben und veröffentlicht war – und dennoch nie geändert wurde.
Auch wir Deutschen und Europäer tun nichts, um unseren amerikanischen Freunden Kursänderungen zu empfehlen. Wir führen Amerikas Kriege.
Sonntag, 1. Mai 2022
Zum Feiertag der Arbeit
Mein Wort zum 1. Mai ist ein Zitat aus Martha Gellhorn, "The War in China". In einer Zusammenfassung ihrer Eindrücke von einer China-Reise 1940-41 schrieb sie fast zwanzig Jahre danach, 1959 in London: "Ich glaube nicht, dass China je eine Demokratie war oder in unserer Lebenszeit eine werden könnte. Wie denn auch? Für eine Demokratie, oder auch nur deren Vorspiegelung, muß ein gewisser Prozentsatz der Bevölkerung lesen und schreiben können, und frei kommunizieren - nicht nur gesprochen oder gedruckt, sondern auf Straße und Schiene, und der tägliche Kampf ums Überleben muß genug freie Zeit geben, um zu wählen.
Sie denkt an ein Sechs-Punkte-Programm für China während der nächsten hundert Jahre (von 1959 an gerechnet!!): Sauberes Trinkwasser zumindest an ausgewiesenen "Tank"stellen, Zugang zu Kanalisation überall; kostenlose Abgabe von Pillen zur Geburtenkontrolle; und ein landwirtschaftliches Programm, das jenes Minimum von Reis garantiert, das alle Chinesen brauchen, um nicht zu verhungern.
Ist all das erreicht, könnte eine allgemeine Krankenversorgung auf den Weg gebracht werden gegen Cholera, Typhus, Lepra, Amöbenruhr, Malaria. Danach müssten Schulen gebaut und mit Schülern bestückt werden. Und dann, aber wie weit liegt das in der Zukunft, könnte der Augenblick gekommen sein, über Demokratie zu sprechen.
Und weiter: Ich fühlte, es bedeutete Verdammung schlechthin, Chinese zu sein, kein ärgeres Los könnte einem menschichen Wesen zugeteilt sein, als dort geboren zu sein und zu leben.
Und schließlich: Sie taten mir alle leid, ich sah keine erträgliche Zukunft für sie und wollte nur noch entkommen.
Soweit Gellhorn. Kann alles im englischen Originaltext nachgelesen werden, die Übersetzung ist von mir und wird gewiss ohne Nachsicht „verrissen“, wie ich es von Punky gewöhnt war. Er meint, er kann viel besser Englisch als ich.
Jetzt mein Kommentar, für den ich noch viel weniger Nachsicht erwarten darf:
Von diesen Programmpunkten haben die Chinesen etliche auf den Weg gebracht und teils sogar fast erreicht, und das in weniger als hundert Jahren. Unsere Grünen-Politiker halten das für inakzeptabel und wollen die Chinesen streng bestrafen (sanktionieren). Wir sind dabei - ob wir wollen oder nicht. Ich will es nicht, aber was kann ich tun?
Dienstag, 29. März 2022
Klein sein, das ist schön
„Klein sein, das ist schön, groß sein noch viel schöner!“
Einen Zufall will ich es nicht nennen, aber was ist es dann? Ein fast dreißig Jahre alter Essay des Soziologieprofessors Heinz Bude schmorte unbeachtet in meinem Archiv, bis er mir vor Tagen aus einem Buch über Menschenrechte vor die Füße fiel. Ich habe den in der Frankfurter Allgemeinen vom 29. Januar 1994 abgedruckten Artikel auf meinen Schreibtisch gelegt und nicht vorgehabt, ihn zu lesen. Schreddern wollte ich ihn – und sah dann vorsichtshalber noch einmal hin. „Seit der Einigung können die Deutschen nicht mehr hoffen, dass andere die Maßstäbe für ihre Politik liefern“, steht unter einer Ablichtung des Reichstags in Berlin. Ich las noch einmal, was ich gewiss schon 1994 gelesen hatte; sonst hätte ich den Essay nicht archiviert.
Dem Soziologen geht es um den Unterschied zwischen Gesellschaft und Nation. Die Bundesrepublik sei durch die deutsche Einigung plötzlich von einer „Gesellschaft“ zu einer „Nation“ geworden. Gesellschaften gibt es viele, sowohl innerstaatlich wie außerhalb. Ich kann und ich will mich als Weltbürger fühlen. Das ist Sache meiner rücknehmbaren Wahl. Deutscher hingegen bin ich durch Geburt und bleibe es im Normalfall. Das hat Vorteile. „Pragmatismus“ (Bude) sollte uns nach einer schrecklichen Leidensgeschichte darüber belehrt haben, dass nur die Nation als politische Form sowohl mich wie den Fremden schützt. „Definiert durch das Recht und garantiert durch das Machtmonopol des Staates, stellen ‚Nationen’ einen politischen Raum dar, wo die Einheit von ethnischen, regionalen und sozialen Differenzen sich herstellen kann. Noch hat die Menschheit keine politische Form, und deshalb kann sie auch die Einhaltung von Menschenrechten nicht verbürgen. Freiheit und Gleichheit in Loslösung von letztlich beliebigen Gruppemerkmalen ist für die Bürger nur im Rahmen der ‚Nation’ gewährleistet.“
Migranten wissen das aus Erfahrung. Als Mitglieder einer Weltgesellschaft, verbunden im Internet, fordern sie Gleichheit – doch es gibt keine Weltnation, von der sie den Schutz bekämen, den sie für sich einfordern. Deshalb kommen sie zu uns und suchen Zugang zu ‚Nationen’, die ihren Bürgern nicht nur Pflichten auferlegen, sondern auch Rechte einräumen. Sie wollen nach Europa und innerhalb Europas nach Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien. Hingegen Ungarn, falls es sie akzeptierte, kann sie nicht mit der sehnlich erwünschten „Gleichheit“ der Lebensqualität versorgen.
Das ist so. Wir wissen es alle. Dennoch verlangt die EU von Staaten wie Ungarn, Migranten aufzunehmen, die dort nur durchreisen – zu uns. Die bestimmenden Kräfte der Europäischen Union halten an der Phantasie fest, wir lebten in einer Weltnation. Warum bezeichnen sich dann aber die USA als Ausnahme, als die „exceptional nation“? Was hat Frauen, die ein Kind erwarteten, veranlassen können, in den USA niederzukommen und dem Kind so die amerikanische Staatsbürgerschaft zu sichern?
Die Erklärung, dass es selbstbestimmte Nationen innerhalb dieser Weltnation nicht geben soll, klingt befremdlich. Insbesondere keine mit entwicklungsbedingter, eigener Auslegung der UN-Charta. Ihnen setzt die Weltnation durch ihre Führungsmächte mittels harten Zwangs enge Grenzen. Hunger wird die Trotzigen brechen, Bomben sprechen das klarste Wort. An ihren Grenzen fahren wir soviel Militär auf, dass sie ihre Ressourcen in Rüstung investieren müssen – das wird ihre Bevölkerungen zu der Einsicht bringen, dass wir sie mit vollem Recht unserer Weltnation eingliedern wollen.
Wir müssen das alles tun, weil wir als einzelne Nationen nicht durchsetzungsfähig wären. Die Weltnation ist alternativlos! Eine Weltgesellschaft schaffen! Klingt groß. Allzu groß? Bude: „Vielleicht mag angesichts des Schwankens zwischen grandioser Aufblähung der Leidenschaften und ängstlichem Rückzug auf die Interessen jemand Erbarmen haben mit den Deutschen: ‚Moschele, Moschele, mach dich nicht so klein, so groß bist du gar nicht.’“
Der Ententest
Dieser Test wird angewandt, um einen schwer zu definierenden Sachverhalt auf einfache Art plausibel zu machen. So 2021 vom Finanzminister Singapurs, als eine Parlamentspartei den Vorwurf bestritt, ihr Antrag sei rassistisch. Er sagte: „Aber schauen Sie, wenn es aussieht wie eine Ente, watschelt wie eine Ente, quakt wir eine Ente, dann ist es eine Ente.“
Der Elefantentest funktioniert ähnlich. In schwierigen Rechtsfällen ist er öfters genannt worden. Die Problematik sei, wie ein Elefant, schwer zu definieren, doch man erkenne sofort, was man vor sich hat, wenn man ihm begegnet.
Sehen wir uns nun an, wie der „Verteidigungs“-Plan der NATO gegen die Russische Föderation aussieht. Er gleicht dem Aufmarschplan der Wehrmacht gegen die Sowjetunion 1941. Es scheint sich um eine Duplizierung des Projektes „Barbarossa“ zu handeln. Freilich würde man in der Brüsseler NATO-Zentrale energisch abstreiten, die Vernichtung Russlands zu beabsichtigen. Doch die Einzelmaßnahmen lassen kaum Zweifel zu. An alle Grenzen Russlands sind Streitkräfte verlegt und sollen verstärkt werden. Die amerikanische Regierung verlautbart durch ihren Präsidenten, der russische Präsident habe abzutreten. Aushungerung der russischen Bevölkerung ist kein geheimes, sondern das offizielle Ziel, um sie zum Aufstand gegen die eigene Regierung und zur Unterwerfung zu nötigen. Die Umzingelung entspricht den Planspielen des damaligen Generalstabs vor dem Überfall aufs Haar. Erst nimmt man die Ukraine, dann Polen, Tschechien ist vorgesehen – und die Strategen rechnen auf den erfolgreichen Durchbruch ans Schwarze Meer durch Einbindung der Türkei.
Völkermord ist diesmal nicht vorgesehen, wäre der naheliegende Einwand. Doch werden wir zugeben müssen, dass die Beseitigung der staatlichen Zentralgewalt im Irak und in Libyen, ferner in afrikanischen und asiatischen Ländern – Vietnam vor längerer, Afghanistan vor kurzer Zeit – zwar nicht dem Holocaust gleichkam, aber doch viel Tod und Leid über die Völker und Länder brachte, die Opfer des US-geführten Krieges um Hegemonie wurden.
Unter US-geführter und NATO-gestützter Hegemonie dürfen wir uns vorstellen, dass kein Staat dieser Erde, auf der wir wohnen, sich unserer Unterwerfung widersetzen darf. Niemand. Kein Land, kein Volk, kein Staat darf sich so etwas wie Selbstregierung leisten. Rein finanziell schon nicht. Als Weltwährung ist der Dollar zu akzeptieren. Wahlweise die Währung Europas, solange es im Gleichschritt mit Washington marschiert.
Geplant ist vor allem die Zurückdrängung Chinas. Damit sie gelingt, muss zuerst Russland unterworfen werden. Das gelingt, wenn zuerst seine Nachbarstaaten auf Linie gepeitscht werden, „they are whipped in line“.
Dass wir das mitmachen, ist nicht selbstverständlich. Noch vor zwei Jahren hatten siebzig Prozent der Deutschen vor den USA mehr Angst als vor Russland. Wie konnte die Stimmung in so kurzer Zeit ins Gegenteil kippen? Sicher nicht deshalb, weil Russland sich gegen eine Neuauflage des Unternehmens Barbarossa wehrt. Vielmehr wird die Vorsichtsmaßnahme uns als „Putins Krieg“ verkauft. Die Propaganda des Reichssenders Brüssel mit seinen angeschlossenen Sendern hat das geschafft.
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Im Netz gefunden:
In 2021, a version of the test was used by Singapore's Minister of Finance Lawrence Wong in response to claims by members of the Progress Singapore Party that their parliamentary motion on free trade agreements was not racist. He said:
But look, if it looks like a duck, if it walks like a duck, if it quacks like a duck, it is a duck.[13]
Similarly, the term elephant test refers to situations in which an idea or thing, "is hard to describe, but instantly recognizable when spotted".[14]
The term is often used in legal cases when there is an issue which may be open to interpretation,[15][16] such as when Lord Justice Stuart-Smith referred to "...the well-known elephant test. It is difficult to describe, but you know it when you see it",[1 Lord Hughes (in discussing dishonesty) opined "...like the elephant, it is characterised more by recognition when encountered than by definition."
similar incantation (used however as a rule of exclusion) was invoked by the concurring opinion of Justice Potter Stewart in U.S. 184 (1964), an obscenity case. He stated that the Constitution protected all obscenity except "hard-core pornography". Stewart opined, "I shall not today attempt further to define the kinds of material I understand to be embraced within that shorthand description; and perhaps I could never succeed in intelligibly doing so. But I know it when I see it, and the motion picture involved in this case is not that."
Freitag, 25. März 2022
Unser Krieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg haben die Siegermächte beschlossen, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen Sanktionen gegen Staaten beschließen darf, die Völkerrecht brechen. Die Sanktionen durften aber nur einstimmig durch die vier (dann fünf) ständigen Mitglieder verhängt werden. Seither haben die USA sich das Recht genommen, Strafen ohne die Zustimmung des Sicherheitsrates zu verhängen. Sie haben sich selbst und sich allein an die Stelle der Siegermächte gesetzt. Ihre Alliierten sind ihnen meist gefolgt. Bei uns in Deutschland wird die Gefolgschaft als „Übernahme von Verantwortung für die Durchsetzung unserer Werte“ begründet. Die Formel bedeutet, dass wir durch harte Strafen in anderen Ländern rechtsstaatliche Demokratien erzwingen sollen und auch können.
Die Tatsachen sprechen allerdings deutlich dagegen. Im Mittleren Osten sind durch Bombardements vormals intakte Infrastrukturen zerstört, die medizinische und soziale Versorgung, die Lebensmittelproduktion, der Zugang zur Bildung fast unmöglich gemacht worden. In manchen dieser Staaten wurden bestehende Strukturen so weitgehend zerstört, dass Bürgerkriege toben, Sklaven auf offenem Markt gehandelt und verkauft werden, und Wohlstand durch himmelschreiendes Elend ersetzt wurde – alles durch unsere Mitwirkung an der „Übernahme von Verantwortung für die Durchsetzung unserer Werte“.
Das alles ist wahr und seriös dokumentiert, es ist zweifelsfrei. Dass es dennoch möglich ist, die ohne Zustimmung des Sicherheitsrates verhängten Strafen als Eintreten für Menschenrechte darzustellen, erscheint unmöglich. Doch es gelingt. Unsere westliche Publizistik ist widerspruchslos auf diesen Kriegskurs eingeschwenkt und behauptet, es sei Friedenspolitik.
Dass die allgemein bekannten Tatsachen im Widerspruch zu öffentlich erklärten Zielen dieser Politik stehen und die Ziele mit den angewandten Mitteln nirgendwo erreicht worden sind, ist unseren Nachrichtenmedien keine Analyse wert. Die Verursacher seien nicht wir selbst, wird verbreitet, sondern diejenigen, die sich unseren gutgemeinten Feldzügen militärischer, wirtschaftlicher, kultureller Art aus unbegreiflichen Gründen widersetzen. Wir müssten daher noch viel schärfere Strafen verhängen, zum Beispiel Hunger weltweit als Waffe für uns nutzen.
Diese Politik wird durchgesetzt von der Nation, die sich selbst als exceptional bezeichnet, als Ausnahme: Fünf Prozent der Weltbevölkerung erklären den verbleibenden 95 Prozent, diese seien zur Gefolgschaft verpflichtet – eben kraft des exceptionalism, des Ausnahmecharakters der einen Nation.
Wie sieht es nun dort aus? Fragen wird man dürfen. Die Antwort ist, dass ein kleines Prozent der Bevölkerung dort den gesamten Reichtum des Landes auf sich vereinigt. Die andern streiten sich um den Rest und bewaffnen sich einzeln und gruppenweise bis an die Zähne, um ihre Interessen durchzusetzen. Das ist nicht übertrieben, es stimmt!
Diese unsere Schutz- und Trutzmacht unterhält weltweit 800 Militärbasen, gibt für Rüstung mehr aus als der Rest entwickelter Länder zusammen – und nimmt die Verrottung der eigenen Infrastruktur dafür in Kauf. Und auch innenpolitisch sucht die jeweilige Regierung die Ursache nicht im eigenen Verhalten, sondern im Verhalten von Störern, Aufrührern, Oppositionellen, die vor allem durch Bestrafung zum rechten Verhalten zu bewegen seien.
Der offenbare Wahnwitz wird von links mit dem Argument kritisiert, er diene der Rüstungsindustrie. Doch in Deutschland gibt es keine so bedeutende Rüstungsindustrie, dass sie fähig wäre, unsinnige politische Beschlüsse durchzusetzen. In den USA ist es anders. Bei uns jedoch muss es Politiker geben, die sich andere Vorteile von der Aufrüstung versprechen als Riesenprofite für Rheinmetall.
Was für Vorteile das sein mögen, ist „anybody’s guess“, es bleibt fraglich. Einstweilen steht nur fest, dass dem deutschen Wählervolk über Jahre keine Aufrüstung plausibel gemacht werden konnte. Jetzt wird sie publizistisch mit dem Krieg begründet, der als Putins Krieg bezeichnet wird.
Es ist aber nicht Putins Krieg, sondern unser dritter Krieg gegen Russland. Ob der Erfolg diesmal wohl die eingesetzten Mittel rechtfertigen wird?
Albert Einstein soll einmal gesagt haben, dass es einen Mangel an Intelligenz beweist, wenn man von der ständigen Wiederholung desselben Versuchs irgendwann ein günstiges Resultat erhofft, anstatt neue Versuche zu machen.
Deshalb sei es noch einmal und mit allem Nachdruck betont: Die für unser Land und unser Westeuropa verantwortlichen Politiker sind mit Sicherheit intelligent genug, um die Resultate ihrer Entscheidungen zu erkennen! Das bedeutet, dass Chaos, Verwüstung, Hunger, Massenflucht aus Asien und Afrika als hinnehmbar beurteilt werden im Vergleich zu den Vorteilen, die unsere US-geführten Regierungen daraus ziehen.
Mittwoch, 23. März 2022
Alles, was Recht ist
Von alleine wäre ich nicht darauf gekommen, doch ein hochangesehener, jahrzehntelang für die UNO tätiger Experte für Völkerrecht hat mich überzeugt: Nachdem „Fxxx the EU“- Victoria Nuland das Verbot der Charta, die Regierung eines fremden Staates zu stürzen, als verantwortliche Außenpolitikerin der USA nicht nur gebrochen, sondern sogar damit öffentlich geprahlt hat, war das auf diesen Putsch folgende Parlament nicht legitimiert, die Ukraine zu regieren. Die russische Bevölkerung der Krim hatte somit das Recht, sich gegen diese illegale Regierung zu erheben und ihr Menschenrecht auf Selbstbestimmung zu nutzen. Gleiches habe für die russischen Provinzen im Donbass gegolten, sie hätten zu Recht Selbstbestimmung gefordert. Die Regierung in Kiew habe jedenfalls die Pflicht gehabt, mit den nur angeblich spalterischen Provinzen zu verhandeln. Dieses Recht habe Kiew jahrelang ignoriert, sowie auch die eigene Pflicht zu Verhandlungen vernachlässigt und dann gar geleugnet.
Ferner macht der Vökerrechtler darauf aufmerksam, dass die Bedrohung fremder Staaten zu dem Zweck, ihnen die eigenen Absichten aufzuzwingen, sogenannte Farbrevolutionen also, verboten sind. Dass die US-geführte NATO ständig Farbrevolutionen angezettelt habe, sei ein Bruch des Völkerrechts. Genannt werden vor allem IRAK, Afghanistan, Libyen, Syrien, der arabische „Frühling“ – und immer wieder die Ukraine.
Ferner betont der Experte, der damalige Außenminister seines Landes, James Baker, habe seinen russischen Partnern versprochen, die Wiedervereinigung Deutschlands werde keinesfalls zur Expansion der NATO führen, diese werde den russischen Grenzen nicht um einen einzigen „inch“ näher rücken. Das sei alles in genauesten Notizen festgehalten und beglaubigt. „Ich schäme mich für mein Land“, sagt er und fügt hinzu, der NATO-Chef Stoltenberg habe aktuell gesagt, die Russen würden an ihren Grenzen nicht weniger NATO bekommen, sonder mehr. „That’s adding insult to injury.“ Lange habe Russland auf gütliche Einigung gehofft – als diese ausblieb, habe die russische Führung ihr Recht wahrgenommen, das eigene Land zu schützen.
Dass der aktuelle Krieg nicht Putins Krieg ist, sondern der Krieg der US-geführten NATO, und dass er fürchterliche Folgen haben würde – ist vorhergesagt worden von bedeutenden US-amerikanischen Fachleuten wie Henry Kissinger, John Jay Miersheimer, George F. Kennan. Dass dieser Krieg aber auch nach der UNO-Charta auf dreisten Rechtsbrüchen gründet – war mir neu.
Moralisch verwerflich, politisch riskant, unmenschlich in den Mitteln – alles klar. Aber auch illegal!! Der Experte ist Alfred de Zayas, ein „Former UN Independent Expert“ für die Beurteilung von Verstößen gegen Menschenrechte, aktuell „Prof. of Intl. Law at the Geneva School of Diplomacy“. Eine Stimme der Humanität inmitten des Wolfsgeheuls nach Blut, wenn es nur Russenblut ist. Oder das Blut von Russenverstehern wie Gerhard Schröder. Oder – seinerzeit – Thomas Mann.
Die Folgen könnten noch übler sein als kurzfristig abzusehen. De Zayas warnt vor der „precedence of permissibility“. Da die USA und ihre Verbündeten so sehr oft Völkerrecht gebrochen hätten, ohne dass man sie zur Verantwortung zog, habe die Weltgemeinschaft sich mit einer Art „Aufweichung” des Völkerrechts abgefunden. „Macht geht vor Recht“ wie immer schon? Das würde bedeuten, dass Menschen sich ihres verbrieften Rechts begeben, ihre Vernunft zu gebrauchen und historische Fatalitäten anzuhalten, um einen Neubeginn zu wagen.
Mittwoch, 9. März 2022
Alle konnten es voraussehen
Bilder von Flüchtlingskindern greifen uns Deutschen besonders ans Herz. Viele inzwischen alt gewordene Landsleute haben mit fünf Jahren genauso ausgesehen, dick eingemummelt und mit einer Russenmütze auf dem Kopf. Sie waren auf der Flucht aus dem winterkalten Osten – mit Mutter und Großmutter; ohne Vater und Großvater, die waren gefallen, gefangen oder noch in Kämpfe verstrickt. Wir erinnern uns. Wir möchten so gerne helfen – am besten nachhaltig. Die Politiker sagen uns, wie es ginge. Man muss die Kriege beenden! Diese Erklärung ist jedoch unvollständig. Wir argwöhnen, dass die Verwüstung des Nahen Ostens nicht allein auf Bürgerkriege zurückzuführen ist.
Etwas stimmt nicht
Krimi-Autor Michael Molsner über Thriller, die niemand erleben will
Ein Gespenst geht um, es heißt Argwohn. Was erzählt man uns nicht?
Dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hatten alarmierende Berichte vorgelegen. Danach plante der ohnehin für Verbrechen verrufene libysche Diktator Muammar Gaddafi eine Militäraktion gegen friedliche Demonstranten. Ein geradezu klassischer Fall für die responsibility to protect schien vorzuliegen, die Ausweitung der Menschenrechte zum Schutz der Zivilbevölkerung vor eigenen Regierungen. Frankreich und Großbritannien intervenierten militärisch. Gaddafi wurde ermordet.
In einem Interview kommentierte die damalige Außenministerin der USA, Hillary Clinton, die Ereignisse: „We came, we saw, he died.“ Ausdrücklich: We came=Wir! Washington muss zuvor sein Einverständnis erklärt haben: We came.Vorgesehen war lediglich die Errichtung einer Schutzzone gewesen.
Und nun? In der Ausgabe vom 08. Februar 2016 berichtet die New York Times International, dass sich seit Monaten Spezialkommandos der USA, Großbritanniens und Frankreichs in Libyen befinden. Einem Land mit zwei Regierungen, die sich spinnefeind sind, und das terrorisiert wird von bewaffneten Trupps.
Die Spezialkommandos trainieren und beraten libysche Milizen, denen nach genauer Überprüfung ihrer Vergangenheit und Absichten zugetraut wird, den sich ständig ausbreitenden Islamischen Staat zum Rückzug zu zwingen. Die Kommandos und Milizen sollen IS-Stützpunkte als Ziele für Luftangriffe melden. Einen ausgeweiteten Plan für Militärschläge aus der Luft hat das Pentagon dem amerikanischen Präsidenten vorgeschlagen. Dieser zögere noch, meldet die Zeitung, denn das Außenministerium warne vor unerwünschten Konsequenzen für einen Plan der Vereinten Nationen. Dieser sieht vor, die zwei verfeindeten libyschen Regierungen zu einem nationalen Regime zu vereinigen. Beide Regierungen seien, ebenso wie die Mehrheit der Bevölkerung, gegen ausländische Militärinterventionen.
Man hat damit ja auch üble Erfahrungen gemacht. Statt der Einrichtung einer Schutzzone für die Zivilbevölkerung wurden alle staatlichen Strukturen Libyens zerstört. Chaos und Elend sind die Folge. Dies ist der aktuelle Stand fünf Jahre nach dem Beschluss des UN-Sicherheitsrates, seine responsibility to protect wahrzunehmen.
Auch Russland und China hatten zugestimmt. Diesen zwei Veto-Mächten wird nun vorgeworfen, dass sie für Syrien eine Intervention nach libyschem Vorbild durch ihr Veto im Sicherheitsrat verhindert haben. Beide rechtfertigen sich damit, dass Libyen kein ermutigendes Beispiel sei. Sie behaupten sogar, unter dem Deckmantel der responsibility to protect seien geopolitische Ambitionen der Interventionsmächte verborgen gewesen. Kritiker wiederum entgegnen, China und Russland hätten auch ihrerseits Interessen in Syrien schützen. China hat bedeutende Investitionen in Afrika getätigt und möchte verhindern, dass weiterhin Waffen und Dschihadisten von Libyen aus nach Süden eindringen. Die Russen schützen ihren Hafen an der syrischen Mittelmeerküste.
Auslöser der Verwüstung des Nahen Ostens war nach übereinstimmender Auffassung aller Kommentatoren George W. Bushs Invasion des Irak. Sie gebar den IS. Vom Irak aus drangen die Dschihadisten nach Syrien vor. Es war US-Präsident Obama persönlich, der den Sturz des syrischen Präsidenten ankündigte mit den Worten: „Assad has lost any legitimacy to govern, he has to go“. Die USA trainierten, berieten, bewaffneten und finanzierten in Syrien aufständische Milizen, von denen es mittlerweile Hunderte geben soll. Fünf Jahre lang haben seither US-Flugzeuge syrische Regierungsstellungen bombardiert. Der gewünschte Rücktritt des syrischen Präsidenten Bashar al Assad konnte nicht erzwungen werden. Die Folgen für die Zivilbevölkerung waren verheerend.
Auf Bitte der syrischen Regierung um Unterstützung entschloss sich die russische Regierung, ihrem langjährigen Alliierten beizustehen. Das ist einige Monate her. Die Konsequenz ist ein Waffenstillstand, der vorerst hält. Kritiker wenden ein, dass die russischen Luftangriffe auf Aleppo eine neue Fluchtwelle ausgelöst hätten. Doch aus der gepeinigten Region flüchten seit fünf Jahren, nicht erst seit den russischen Angriffen, verzweifelte Menschen zu uns nach Europa. Vor allem nach Deutschland – die wir uns an den Umstürzen gar nicht beteiligen. Oder tun wir das?
Nicht alle unsere Medien melden, dass Russland nach geltendem Völkerrecht legitimiert ist, die syrische Regierung zu unterstützen – während die Westmächte kein Mandat des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vorweisen können, das es ihnen erlauben würde, unter Berufung auf die responsibility to protect Waffenhilfe für bewaffnete Aufständische zu leisten. Die Intervention des Westens bewegt sich in einer völkerrechtlichen Grauzone.
Was ist beabsichtigt? Warum ein Umsturz nach dem anderen, da doch jeder weiß: Wo zentralstaatliche Strukturen zerstört wurden, hat Chaos sich ausgebreitet - ?
Verschwörungstheoretiker argwöhnen: Es muss gewichtige Interessen geben, die hinter den Umsturzpolitikern stehen. Kollateralschäden auch schrecklichster Art würden in Kauf genommen. In Kauf. Was wird gekauft, was handeln diese Interessenten für sich aus oder erhoffen es sich auch nur?
Wir sind schon pleite hörte man während der amerikanischen Vorwahlen einen Sprecher der Republikaner sagen. Denn die USA haben hohe Schulden, Japan noch viel höhere. Ob das ein Grund dafür ist, dass die Regierungen beider Staaten einen Militärpakt geschlossen haben? Auch die Handelsbilanz Großbritanniens ist negativ. Ob die massive Aufrüstung Großbritanniens damit zusammenhängt? In der New York Times International wird David Cameron zitiert: Im Osten ein aggressives Russland, im Süden der IS, dagegen müssen wir uns wappnen. Auch hohe Kosten müssten um der Selbsterhaltung willen getragen werden. Vom Staat. Vom Steuerzahler. Der reagiert argwöhnisch. Etwas stimmt nicht.
Russland hat nach der Implosion der Sowjetunion für seine Verteidigung kaum Geld ausgegeben. Man erinnert sich an die höhnischen Meldungen, die bis vor wenigen Jahren durch westliche Medien geisterten: Russlands Waffen hoffnungslos veraltet. Atom-U-Boote rosten vor sich hin. Soldaten von Vorgesetzten misshandelt und verzweifelt bis zur Desertion.
Ein Umsturz in der Ukraine erschien angesichts der offenbaren Wehrlosigkeit der Russen leicht machbar. Janukowitsch muss weg, sagte meine ukrainische Ärztin vor zwei Jahren. Jetzt berichtet sie von verzweifelten Hilferufen ihrer Freundinnen in Kiew, die dringend Medikamente brauchen, die sie sich nicht leisten können. Wofür haben wir den Maidan gehabt, berichten sie weinend am Telefon. Und die Ärztin resümiert: „Es ist schlimmer als vorher“. Sie möge die Briefe schon gar nicht mehr lesen, es seien lauter Klagen und Bitten um Trost. „Man schämt sich, dass es einem in Deutschland gut geht“.
Der Umsturz in der Ukraine war nicht erst seit fünf, er war bereits seit zehn Jahren geplant. Das war (und ist) in Foreign Affairs nachzulesen, der angesehensten Zeitschrift für amerikanische Außenpolitik. In der Nummer vom September-Oktober 2014 war aufgelistet, wieviele Dollarmilliarden amerikanische Stiftungen in den Umsturz investiert haben, der zunächst scheiterte (die orangene Revolution) und dann gelang (Vertreibung Janukowitschs).
Hier der Link zum Beitrag von John J. Mearsheimer:
https://www.foreignaffairs.com/articles/russia-fsu/2014-08-18/why-ukraine-crisis-west-s-fault
Im Osten des Landes hatte Russland Interessen, wie jetzt in Syrien – aber was war Russland? Nur eine Regionalmacht, meinte Präsident Obama. Offenkundig ist, dass nicht nur russische Interessen ignoriert wurden, auch unsere westeuropäischen: The EU, you know, fuck the EU, Jazenjuk is our man. Dieser Ministerpräsident, der sich seither unfähig erweist, die Korruption ukrainischer Oligarchen zu bekämpfen.
Die deutsche Regierung beteiligt sich seit zwei Jahren aktiv und nachdrücklich am bereits dritten Versuch in nur hundert Jahren, Russland durch Hunger und Not gefügig zu machen. Begründet wird es mit psychologischen Argumenten: Der Präsident der Russischen Föderation sei unberechenbar. Ist er ein neuer Zar, besessen von Eroberungswahn? Ein zweiter Hitler – zu dem Hillary Clinton ihn erklärte? Hat er verbrecherisch gehandelt, wie Angela Merkel ihm ins Gesicht sagte?
Wir hören viel. Unbeantwortet aber bleibt die wichtigste Frage: Weshalb die vielen Umsturzversuche? Geht es tatsächlich um die responsibility to protect, die Sicherung von Menschenrechten? Was veranlasst westeuropäische Politiker, einem Regimewechsel auch in Russland durch Wirtschaftssanktionen Vorschub zu leisten? Und selbst gesetzt, er gelänge: Wären die Folgen nicht noch katastrophaler als jetzt die Experimente im Nahen Osten? Würden nicht viele Millionen Flüchtlinge mehr ihre Verzweiflung und Not zu uns hereintragen? Was hätten unsere Politiker, unsere Medien davon? Was?!
Argwohn greift um sich. Hass vergiftet unsere Diskussionen. Niemand traut mehr dem anderen. Jeder bezichtigt jeden der Schlechtigkeit. Das Kausativum von Hass ist hetzen. Jeder hetzt gegen jeden und fühlt sich dazu berechtigt, solange es Vertreter der abgelehnten Richtung sind, gegen die gehetzt wird. Doch Hetze und Hass ändern nichts. Wir werden noch mehr Flüchtlingskinder sehen, wie alt gewordene Deutsche einmal eines gewesen sind. Dick eingemummelt in Schal und Mäntelchen, mit einer Russenmütze auf dem Kopf.
Dienstag, 22. Februar 2022
Familiaria
Mein Opa kämpfte im kaiserlichen Heer gegen Russland und wurde verwundet. Dieser Erste Weltkrieg ging verloren. Ich selbst habe den zweiten Krieg gegen Russland noch erlebt und wurde Flüchtling, auch dieser Zweite Weltkrieg brachte keinen Sieg, sondern die Niederlage. Ich hatte gehofft, einen dritten Welt-Krieg in einer Allianz mit uns Deutschen gegen Russland nicht mehr erleben zu müssen. Er wird ebenfalls verloren gehen. Meine Frau sagt: Unsere Generation hat alles getan, dass es nicht geschieht. Wenn eine wohlstandsverwahrloste Generation verspielt, was wir in unserer Zeit erreicht haben, müssen wir uns keinen Vorwurf machen. Eine Freundin sagt: Man möchte weg. Wohin denn, frage ich. Nach oben, sagt sie und muss lachen.
Freitag, 18. Februar 2022
"Schröder und die deutschen Interessen"
Unter diesem Titel finde ich einen Leserbrief in der heutigen Frankfurter Allgemeinen, ein gelernter Volkswirt meint:
Gerhard Schröder wird nicht wegen seiner technologischen Expertise für den Aufsichtsrat von Gazprom nominiert worden sein, sondern wegen seiner Möglichkeiten.Türen zu öffnen und politische Expertise einzubringen.
Warum sollte er das zum Schaden Deutschlands tun?
Er hat schon einmal bewiesen, dass er das Wohl Deutshlands über sein persönliches Interesse stellt, als er bei der Sanierung unseres Sozialsystems (Hartz IV) sein Kanzleramt aufs Spiel setzte.
FAZ Freitag 18. Februar 2022, Seite 20
Mittwoch, 16. Februar 2022
Peitschenschläge
In einem Kommentar (Opinion) der New York Times vom heutigen 16. 02. 2022 wird Präsident Joe Biden gelobt - und zwar mit folgenden Worten: "If Putin backs down, maybe thanks to some face-saving diplomatic formula, the Biden administration will deserve full credit for masterly crisis management: whipping into line our European allies, particularly Germany;"
whipping heißt peitschen, wir werden also mit der Peitsche traktiert.
Besonders wir Deutschen. Ich fühle mich auch an die Stockschläge erinnert, die in der preußischen Armee noch üblich waren. Heinrich Heine erwähnt es in einem seiner Gedichte.
Und an die Peitsche des "Masters" auf dem Rücken der Sklavin, die sich nicht gleich hinlegte.
Übrigens habe ich noch nie einen meiner Hunde geschlagen. Wir gelten also der NYTimes weniger als Hunde, sonst hätten sie den Artikel nicht abgedruckt.
Fühlt ihr euch wohl als geprügelte Hunde? Als ausgepeitschte Sklavinnen? Ja? Wirklich? Falls ich der einzige bin, der aufmuckt, muss ich wohl gewärtigen, dass ich wie die aufsässigen Rekruten der preußischen Armee Spießruten laufen muss. Die Kameraden bilden eine Gasse, der Delinquent läuft durch und bekommt von allen auf den Rücken, bis er tot ist - oder vielleicht überlebt und beim nächsten Mal gehorcht. Egal, wie der Befehl lautet. Bleibt gesund, auch geistig!
Montag, 14. Februar 2022
Ein Gespräch von Krieg
Ab Zeile 888 Faust 1
BÜRGER
Nichts bessres weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
wenn hinten, weit in der Türkei,
die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus
Und segnet Fried und Friedenszeiten.
ZWEITER BÜRGER
Ach ja Herr Nachbar, ja, so laß ichs auch geschehn:
Sie mögen sich die Köpfe spalten,
mag alles durcheinandergehn:
Doch nur zu Hause bleibs beim alten!
Sonntag, 13. Februar 2022
"Muss wech"
„Muss wech“.
Unter diesem Titel wurde neulich auf die Tatsache reagiert, dass ein früherer Vorsitzender der SPD und Kanzler der Bundesrepublik Deutschland auf einer Liste von Kandidaten steht, die im Juni für den Aufsichtsrat von Gazprom gewählt werden könnten.
Parteiausschluss sei noch das mindeste, was zu verlangen sei, ein Entzug der Staatsbürgerschaft jedenfalls zu erwägen.
Nun lese ich vor zwei Tagen in der Frankfurter Allgemeinen auf Seite 20, dass der Präsident der russisch-italienischen Handelskammer für den Aufsichtsrat seiner in Moskau ansässigen Unternehmensgruppe den ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi gewann.
Auch Matteo Renzi muss daher wohl „wech“, Staatsbürgerschaft und Parteizugehörigkeit sind ihm zu entziehen. Ist für jeden Italiener das mindeste bzw. zu erwägen.
Und selbstverständlich „schämt“ man sich für beide. Zu unterstellen ist ihnen amoralische Anstandsferne und widerwärtige Geldgier.
Dass die jeweiligen Unternehmen an der Kompetenz der Erwähnten interessiert sein könnten, brauchen wir nicht zu berücksichtigen.
Mir fiel zu „Muss wech“ nachträglich der Fall Oskar Maria Graf ein. Als er seinen Namen auf einer Liste der von den Nazis verbotenen Bücher nicht entdeckte, protestierte er wütend. Es sei eine Ehrenliste. Er wurde wunschgemäß ausgebürgert, seine Bücher erschienen auf sämtlichen schwarzen Listen, das Deutsche Volk schämte sich für ihn. Konkret bedeutete das zunächst, er konnte seinen Geburtsort Berg am Starnberger See nicht mehr besuchen, das geliebte Münchener Hofbräuhaus genauso wenig, und auch für das heißest geliebte Münchener Künstlerviertel Schwabing galt nun: Betreten lebensgefährlich. New York und die US-Staatsbürgerschaft retteten ihn und seine im Deutschen Reich verbotenen und in Berlin verbrannten Werke.
Nach dem Krieg die Wende! Plötzlich und unerwartet ehrte ihn das deutsche Volk in West und Ost mit Auszeichnungen. Er habe richtig entschieden, hieß es nun. Man müsse sich nicht für ihn schämen. Im Gegenteil, wir alle dürften stolz auf ihn sein.
Wenn ich nun darum bitte, dass die „Muss-wecher“ mich, wie es einst O.M.G. widerfuhr, auf die Ehrenliste der Auszubürgernden setzen, dann tue ich das nicht für aktuelle Vorteile. Es wird mich nicht zurück in die Feuilletons der Sender und Printmedien bringen, wo ich einst lobend genannt wurde. Das ist vorbei. Aber die Nachwelt, die Nachwelt!
Samstag, 22. Januar 2022
Der Papst unter Feuer
Aus meinem Roman SARX, Seite 104
Ein Diskussionsbeitrag
… „Die Öffnung der Kirche zur Welt beim Zweiten Vatikanischen Konzil von 1962 bis 1965 hat uns geprägt. Und natürlich der Aufbruch der studentischen Jugend von 1968, die Neuentdeckung von Soziologie und Psychologie. Gerade dafür, dass wir uns dem Anspruch der Wissenschaft verpflichtet wussten, werden wir jetzt mit so bitteren Vorwürfen überhäuft. Es waren ja nicht die reaktionären Prälaten, es waren die modernen Bischöfe und Pfarrer, die pädophile Priester abgeschirmt haben. Heute heißt es, man hätte sie in den Knast stecken müssen. Geduldet oder gar gutgeheißen haben wir das Rumspielen von Priestern an Schutzbefohlenen niemals. Aber wir meinten, und da schließe ich auch mich selbst keineswegs aus, dass zehn, zwanzig oder meinetwegen hundert Stunden Psychotherapie genügen würden, und der Mann wäre gesund. Der tut es nie wieder, glaubten wir.“
Der Onkel fragte, ob kriminell veranlagte Menschen sich überhaupt grundlegend ändern können.
Meilus antwortete mit einer Bestimmtheit, die Marten überraschte und für einen Augenblick auch fesselte.
„Ich mache mir da keine Illusionen mehr. Sexualstraftäter sind ganz schwer von ihrer Veranlagung wegzubringen.“
„Weiß man das oder vermuten Sie es nur?“
„Es ist ein Erfahrungswert.“
Niemand stolpert
Die Selbstzerstörung Europas im ersten Krieg gegen Russland führte dazu, dass England seine Vormachtstellung auf- und an die USA abgeben musste.
Die Selbstzerstörung Europas im zweiten Krieg gegen Russland hatte zur Folge, dass England sein Empire verlor und die USA ihr Weltreich des Dollars errichteten.
Die Selbstzerstörung Europas im dritten Krieg gegen Russland lässt die Ausweitung des US-Weltreiches über die materiellen Grenzen hinaus in die digitale Welt erwarten.
Am ersten Krieg war Deutschland maßgeblich, am zweiten führend beteiligt; an der Vorbereitung des dritten kann es nur noch als Hilfskraft mitarbeiten.
Der erste Versuch hat Deutschland um große Gebiete gebracht, der zweite um sein moralisches Ansehen; der dritte wird Deutschlands Entkräftung offenlegen.
Es erheben sich warnende Stimmen, man stolpere womöglich wie im Sommer 1914 in einen Krieg hinein, den keiner wolle. Das ist ein Irrtum. Die ersten zwei Kriege haben Europa an den Rand des Weltgeschehens befördert und die USA in dessen Machtzentrum. Der dritte Krieg kann erwünscht sein, wenn man die Hegemonie der USA für unverzichtbar hält.
Wir Deutschen sollten uns daher nicht damit trösten, man stolpere womöglich in einen Krieg hinein und dafür sei dann niemand verantwortlich. Der dritte Krieg gegen Russland ist eingeplant. Provokationen sollen ihn auslösen. Kosten-Nutzen-Rechnungen ergeben die Rentabilität.
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