Samstag, 7. Mai 2022
Und die Moral von der Geschicht
Eine Erzählung aus Nimwegen. Martha Gellhorn hat da ein Lazarett besucht, sie beschreibt die Abteilung, wo verletzte Kinder in kleinen weißen eisernen Betten liegen. Die Kinder sind oft noch zu jung, um zu sprechen, aber alle sind erstaunlich ruhig. Es gibt nicht viel zu essen für die Kinder, keine besonderen kleinen Spielzeuge, um sie von ihren Schmerzen abzulenken. Das Licht ist auch nicht gut und manche Kinder sind noch so klein, dass man denkt, das Bettchen ist leer. Einem dünnen kleinen Mädchen von vier Jahren wurden beide Arme durch Granatsplitter gebrochen und ein Splitter musste aus ihrer Seite heraus geschnitten werden und einer aus ihrem Kopf. Alles, was man sehen konnte, war ein winziges sanftes Gesicht mit enorm großen Augen, die einen anschauten, und die Arme wie Blumenstiele an Stützen geheftet und die Bandage um ihren Kopf fast so groß wie sie selbst. Sie würde nie verstehen, was geschehen war, und was für eine Art Welt es war, die ein kleines Mädchen von vier Jahren so verletzen konnte, während es im Garten spielte, wie Mädchen ihres Alters überall auf der Erde im Garten ihres Hauses spielen können sollten.
Der Bericht ist ein Appell an unser Gefühl – damit keine Sentimentalität aufkommt, werden wir über den Gesamtzusammenhang informiert.
Wir alle kennen Schreckensorte, wo Menschen vieler Völker ihrer jüdischen Abstammung wegen mit Gas erstickt wurden. Das ist nicht neu. Aber Nimwegen? Nun, es liegt in unserer direkten und beliebten Nachbarschaft, in Holland. Die Deutschen haben – schreibt Gellhorn im April 1944 – eine halbe Million Holländer im Alter zwischen neunzehn und fünfunddreißig deportiert und als Zwangsarbeiter in Deutschland eingesetzt, und nach einem Jahr habe man von diesen Männern nichts mehr gesehen oder gehört. „In einem kleinen Land lässt die Entführung einer halben Million Männer eine große traurige Lücke zurück.“
Die Moral einer kurzen Erzählung sollte ebenfalls kurz sein, meint Gellhorn und schlägt eine ganz kurze vor: „Es wäre eine gute Sache, wenn man den Deutschen nie gestatten würde, to make war again.“
Sie spricht als Amerikanerin. Ihre Empfehlung, den Deutschen nie zu erlauben, wieder Krieg zu machen, gilt zunächst ihrer eigenen Regierung. Dann zweitens der Gemeinschaft der Vereinten Nationen, der UNO, wo die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat beanspruchen. Dass die USA uns Deutschen und den Japanern dringend neue Feldzüge nahelegen, hätte sie nicht für günstig gehalten – nachdem eine Weltregierung der verbündeten Mächte Deutschland und Japan unter so furchtbaren Opfern wie in Holland mit knapper Not verhindert werden konnte.
Japan hat sich soeben einem Kriegsbündnis gegen China angeschlossen, das ebenfalls zu den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges gehört, nachdem es Entsetzliches erlitten hatte.
Wir Deutschen hatten unsere Kriege. Es sollte reichen.
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