Montag, 25. Dezember 2023

Weihnachtsbotschaften

Nach einer mir seit vorgestern, 23.12., vorliegenden Meldung hat Macron die EU-Sanktionen gegen Russland für gescheitert erklärt. Europa und die USA seien unfähig gewesen, den Zusammenbruch der russischen Wirtschaft herbeizuführen. Das also war das Ziel, wie der französische Präsident gewiss nicht ohne Grund geglaubt hat. Bisher war mir nur von der grünen Parteispitze bekannt, dass sie Russland ruinieren will. Macrons Eingeständnis hat ein ganz anderes Gewicht! Falls jemand sich nicht vorstellen kann, was die Teilnahme an einem Krieg für deutsche Soldaten bedeutet, hier eine Skizze vom Weihnachtsfest 1944 an der Westfront. Ich las darüber bei Robert Capa. „Die Deutschen griffen am ersten Weihnachtsfeiertag um 03.00 Uhr an“, hatten bei Tagesanbruch zwei Breschen geschlagen, wurden jedoch abgeriegelt: „Von den achtzehn durchgebrochenen Panzern wurde jeder außer Gefecht gesetzt, von der Infanterie entkam nicht ein Mann. Am Vormittag war die amerikanische Front wieder hergestellt.“ Dies ist jetzt der zweite Kriegswinter, den ich in Deutschland als einer aktiv kriegführenden Macht erlebe. Wieder ist der Kriegsherr das beliebteste Mitglied der Regierung. Unser damaliger Kriegsherr warnte in seiner Weihnachtsbotschaft vor Kriegsmüdigkeit, die könnten wir uns nicht leisten. Friss, Vogel, oder stirb! Das sei nun einmal das unveränderliche Naturgesetz. Auch unser aktueller Kriegsherr warnt unentwegt, gefühlt täglich, vor Kriegsmüdigkeit. In meinem gratis verteilten Wochenanzeiger lese ich von ihm: "Wir haben jetzt ungefähr fünf bis acht Jahre, in denen wir aufholen müssen." Dies zu den aktuellen Anforderungen an die Rüstungsindustrie und die eigenen Streitkräfte. Vom Trost, der in der christlichen Verheißung liegt, sind beide Ansprachen weit genug entfernt, um als "woke" durchzugehen. Ganz anders das zum altchristlichen Glauben zurückgekehrte Russland, das wir seinerzeit ohne Kriegserklärung überfallen haben und gegen das wir nunmehr, abermals ohne Kriegserklärung, ins Feld ziehen. Stalin hatte sich auf die feierliche Vereinbarung eines Waffenstillstands mit dem deutschen Außenminister verlassen, das hätte sein Land ums Haar den Sieg gekostet. Putin verließ sich fest auf die Vereinbarungen, die von Deutschland unterzeichnet waren - und noch einmal hätte er fast einen Totalverlust riskiert. Wozu unsere Kriegsmeister Putins Niederlage genutzt hätten, siehe oben. Sie geben es offen zu, es wird nicht geleugnet. Und ich bin nun zum zweiten Mal Flüchtling im eigenen Land. Wo es kein Vaterland gibt, in dem ich Sonderrechte beanspruchen dürfte, lediglich einen geografischen Raum, in dem ausländische Geflüchtete mir gleichgestellt sind - bin ich, was ich 1945 war. Fremd.

Donnerstag, 21. Dezember 2023

How many kids did we kill today?

As much as 90% of the money Washington allocates for assistance to Ukraine is being spent within the United States, U.S. Secretary of State Antony Blinken said at a press conference on Dec. 20. The aid in question is security assistance, spent "to the benefit of American business, local communities, and strengthening the U.S. defense industrial base," Blinken said, according to Voice of America. Blinken hatte das auch zuvor schon gesagt. Ich wiederhole, was er selbst ersat gestern wiederholt hat, weil ich es leid bin, die Lügen, mit denen wir überschüttet werden, widerspruchslos hinzunehmen. Es geht den USA nicht um die Ukrainer, sondern um die USA. Und es geht im Mittleren Osten nicht um Israelis oder Palästinenser, sondern ebenfalls um die USA und ihr Interesse. Die Stabilisierung von geopolitischen Vorteilen duldet keine humane Regung, außer privat. Wie sagte Madleine Albright? Die Vertreibung der Sowjets aus Afghanistan ist den Tod von 500 000 afghanischen Kindern wert gewesen. Schon vergessen? Das sentimentale Gewinsel jetzt: Ach, die armen Kinder. Ach, die Grausamkeit der Mächtigen ist das Problem. Und wir schon wieder begeistert mit dabei. Hey hey hey, what's our way? How many kids did we kill today?

Mittwoch, 20. Dezember 2023

Lyrik umschreiben

Klein ist, mein Kind, dein erster Schritt, klein wird dein letzter sein. Den ersten gehen Vater und Mutter mit Das musste ich für meine Kindheit bereits umformulieren: den ersten gehn Oma und Opa mit Denn ich bin ohne natürlichen Vater aufgewachsen. Wie sieht das nun heute aus? Viele Frauen, lese ich im Internet, ziehen ambulante Beziehungen zu Männern den traditionellen stationären Bindungen vor. Also, ambulante Beziehungen zu Männern hatte meine Mutter reichlich. Bekommen ist es mir nicht. Wie ergeht es anderen Kindern? Angeblich bestens. Ein ganzes Rudel von Ersatzeltern sei überhaupt das allerbeste, wird uns in dem Film „Der Tag der toten Ente“ versichert. Nur allerdings, Menschen sind keine Rudeltiere, ich jedenfalls war nie eines. Das Gedicht, das seine frühere Gültigkeit eingebüßt hat, ist zu finden unter dem Titel „Die Schritte“. Verfasser ist Albrecht Goes. Ich bin kein Fan von ihm, kenne auch sonst nichts aus seiner Feder. Doch dieses eine kleine Gedicht beschäftigt mich dieser Tage immer wieder. Den ersten gehen Elternteile 1-2 mit? Oder eher: Den ersten geht Mutter mit irgendeiner ambulant gebundenen Ergänzung mit?

Dienstag, 12. Dezember 2023

Wunsch und Wirklichkeit

In der letzten schweizer Wochenzeitschrift Weltwoche lese ich noch einmal, zum Vergleich mit unseren deutschen Medien, das Interview mit Jacques Baud. Er war schweizer Nachrichtenoffizier und Uno-Friedensmissionar. Seine Antworten in Kürzestauszügen: "Ich habe den Eindruck, dass dieser Krieg auch ein Krieg der USA gegen Europa ist...Übrigens haben amerikanische Politiker gesagt, dass der Krieg in der Ukaine ein billiges Mittel sei, um Russland zu bekämpfen, ohne dass wir das Leben unserer eigenen Soldaten gefährden... Auserdem veröffentlichte im März 2019 die amerikanische Rand Corporation auf 300 Seiten eine detaillierte Strategie für das Pentagon, wo alles, was man heute sieht, schon beschrieben war... Ich habe keine Kristallkugel. Aber ich glaube, dass der Westen das Problem hat, sich aus der Krise zu winden, ohne das Gesicht zu verlieren. Das ist die Quadratur des Kreises. Verfolgt man den Machtkampf, der sich jetzt in der Ukraine abspielt, könnte es sein, dass der für Moskau prognostizierte Regimewechsel jetzt in Kiew stattfindet... Ich hoffe, dass wir zur Vernunft zurückkehren und nicht einfach nur in Gewalt denken." Insgesamt sieht er ein unbegreifliches Wunschdenken bei westlichen Geheimdiensten und Medien und Militärs. "Der grösste Fehler, den man im Krieg machen kann, ist, seinen Feind zu unterschätzen... Es geht um die Beurteilung der Lage. Es geht nicht um unsere eigene Meinung... Von einem Regimewechsel in Moskau war die Rede, von einer Niederlage Russlands. Das ist nicht passsiert. Putins Popularistät ist ungefähr gleich, sogar ein bisschen gestiegen. Wirtschaft hat sich verstärkt, aus das Wachstum. Im Gegensatz zu Europa. Im Grunde genommen geht es Russland heute besser als vor einem Jahr." Die Weltwoche müsste die ganze Woche noch erhältlich sein. Eine überaus lesenswerte Ausgabe! Die genannten fakten sind das genaue Gegenteil dessen, was man uns erzählt.

Samstag, 2. Dezember 2023

Grobschlächtig, hölzern, plump

Die junge welt abzubestellen, deren Abonnent ich noch bin, fällt mir nicht leicht. Sie mutet mir aber die gleichen Beleidigungen meines Anstandsgefühls zu wie das Handelsblatt und die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die ich schon vor Jahren abbestellt habe. Aktuell erbost mich vor allem der Titel, den sie über den Nachruf auf Henry Kissinger gesetzt haben: Unkraut vergeht doch. So etwas tut man nicht, meine ich. Zumal das in China und Russland ganz anders gesehen wird. Xi Jinpin sagte, als Henry K. im Sommer zu Besuch nach China kam: „Ein alter Freund wie Sie wird nie vergessen“. Putin drückte der Familie des Verstorbenen sein Beileid aus. Die Annäherung zwischen China und den USA, die er zustande brachte, nennt die Financial Times vom gestrigen Freitag, 1. Dezember 2023, „a staggering achievement by any standards“ (eine erstaunliche Leistung nach jedem Maßstab). Das chinesische Fernsehen sprach von einem traurigen, einem großen Verlust. Und der Atomwaffensperrvertrag („nuclear arms control deals“) mit der Sowjetunion sei von enormer Bedeutung gewesen, beinahe auf gleicher Ebene mit dem Durchbruch in Bejing. Die Angst, dass jederzeit ein Atomkrieg unseren Planeten zerstören und die Menschheit vernichten könnte, habe der Diplomat uns damals für’s erste genommen. Dass der „Gigant der US-Diplomatie“ ein umstrittenes Erbe (a divisive legacy) hinterlässt, um noch einmal die Financial Times zu zitieren, dürfen wir freilich anmerken. Es könnte und sollte ein Hinweis darauf sein, was Realpolitik an Unheil stiftet – falls unsere Kriege gegen Russland uns darüber noch nicht genügend belehrt hätten. Aber „Unkraut vergeht doch“ – geht meines Erachtens nicht. Das ist der Holzhammer der DKP, die sich mit solcher Rhetorik in die Unwählbarkeit polemisiert hat. Und ich werde weiter auf der Suche nach einer Mitte-links-Zeitung sein, die mich umfassend informiert, ohne mein Anstandsgefühl zu beleidigen.

Dienstag, 28. November 2023

Wahr-Sage-Kunst

Das folgende Zitat ist die aktuelle, also erst kürzliche, Äußerung eines weltberühmten Filmschauspielers. „Wenn ich euch folgendes sagen würde: Es ist ein großer Krieg ausgebrochen, der die gesamte Weltbevölkerung betrifft. Der Mittlere Osten befindet sich in einer Dauerkrise. Das amerikanische politische System ist so gespalten, dass Familien sich nicht zusammen an einen Tisch setzen, der Grund ist die Parteinahme (because of how they voted“). Die Umwelt ist durch Zerstörung bedroht und Menschen sorgen sich, wie sie morgen ihre Miete bezahlen. OK, über welches Jahr rede ich – 1969 oder 2023?“ Tom Hanks stellte diese Frage in einem Interview. Es war seine Antwort darauf, weshalb er in London an der Endfassung eines Films über The Moonwalkers mitarbeitet. Tom Hanks erinnert in dem Interview an seinen Film Sully, wo er einen Piloten spielt, der einen Liner mit 155 Personen im Januar 2009 bei eisiger Kälte auf dem Hudson notlandete – was bis dahin für unmöglich gehalten worden war. Hanks spricht von der unglaublichen Freude über diese wahrhafte Heldentat, die alle Amerikaner in Jubel und Liebe vereinte, nachdem sie soeben noch in tiefster Verzweiflung das Dahinschmelzen ihrer privaten und nationalen Ersparnisse erlebt hatten. 2008-9 hatte die sogenannte Lehmann-Pleite nahezu die gesamte Weltwirtschaft gefährdet. Und er erinnert an seine Freude als Teenager und wie stolz er war, als er während der furchtbaren amerikanischen Gesellschaftskrise von 1969 Neil Armstrong auf dem Mond landen sah und ihn sagen hörte: Das ist ein kleiner Schritt für mich, aber ein großer Schritt für die Menschheit. Wie stolz er war, als Amerikaner beteiligt zu sein an einem Unternehmen, das der gesamten Menschheit diente. Und dies während des Vietnamkrieges! Amerikas Kriegseintritt hatte die Nation zerrissen und durch Zerrissenheit auch gefährdet. Neil Armstrongs kleiner großer Schritt vereinte sie wieder. Alles nachzulesen in der Financial Times vom letzten Wochenende (25.-26. November 2023). Gewiss auch nachzufühlen. Die Bilder von Neil Armstrong auf dem Mond ließen Amerika und die Welt den Vietnamkrieg und seine Folgen vergessen. Wieder ist die Dauerkrise in Nahost zu einem Krieg geworden. Die Washington Post, lese ich heute, berichtet über ein Bündnis der israelischen Nationalisten (aktuell vertreten durch Netanyahu) mit den palästinensischen Nationalisten (vertreten durch Hamas). Sie seien sich einig in dem gemeinsamen Ziel, eine Zwei-Staaten-Lösung zu verhindern. Die israelische Rechte beansprucht ganz Palästina, die Palästinenser auch. Sie sprechen sich gegenseitig das Bleiberecht ab. Die USA unterstützen die Zwei-Staaten-Lösung. Aus dem Westen fließt Geld an beide Parteien. Das Geld ist nicht da, Schulden müssen gemacht werden. Die Folgen sind absehbar. Wichtige Staaten beklagen gesellschaftliche Spaltung, sogar Zersplitterung. „The dream remains. It’s the reality that fades. It will come back.“ Das antwortete Neil Armstrong auf die Frage, ob die Einstellung des NASA-Programms aus Kostengründen ihn enttäusche. Moonwalker sind wieder gefragt. Elon Musk arbeitet daran. Tom Hanks mimt den Erfolg. Er darf nicht ausbleiben! Das Land braucht Helden. Immer wieder. Tom Hanks stellte sie dar. Auch in seinem neuen Film erarbeitet er wieder die Rolle, in der man ihn am besten kennt.

Sonntag, 26. November 2023

Neuer Freistaat?

In seiner Rede am Freitag nennt Kanzler Scholz als Hauptpunkt seines Programms die weitere Unterstützung der Ukraine. Also nicht die Unterstützung der Bundesrepublik ist Numnmer eins des Programms für die zweite Halbzeit seiner Regierung. Da Scholz im Amtseid das Versprechen gab, Schaden vom deutschen Volk und nicht etwa, vom ukrainischen Volk abzuwenden, ist diese Nummerierung der Programmpunkte sehr intertessant! Ich frage mich, was das bedeutet. Schon jetzt werden Ukrainer wie Deutsche in unsere Sozialsysteme übernommen. Könnte es sein, dass insgeheim bereits geplant ist, die Ukraine als neuen Bundesstaat in unsere BRD zu integrieren? Geopolitisch wäre es für die westlichen Führungsmächte wohl akzeptabel.

Mittwoch, 22. November 2023

(Un-)Glückliche Liebe

Liebesgeschichten können kein happy end haben, soll Hemingway irgendwo geäußert haben. Er begründet es damit, dass immer einer den anderen verlässt, der dann zurück bleibt. In seinen Romanen ist das so. Doch Maugham zum Beispiel verteidigt das happy end. Zwar habe es Gebildete zornig gestimmt, „has excited the scorn of the sophisticated", jedoch: Manches spreche für den Standpunkt einfacher Leute, die eine Heirat als befriedigenden Abschluss einer Erzählung von Liebe sehen. ("there is something to be said for the simple people who look upon marriage as a satisfactory conclusion to a work of fiction". Das tun sie aus dem instinktiven Gefühl heraus, dass ein Mann und eine Frau durch ihre Vereinigung ihre biologische Funktion erfüllt haben... „Für die Natur ist jedes Paar nur ein Glied in einer Kette, und die einzige Bedeutung der Verbindung liegt darin, dass nun ein neues Kettenglied angefügt werden kann." (Zitiert aus Somerset Maughams "Ten Novels and their Authors, Jane Austen, Pride and Prejudice". Dass man sich für die Geschichte der Vereinigung interessiere, wie es zur Liebe überhaupt kam, Hindernisse, Missverstehen, Eingeständnis, sei ganz natürlich - doch von da an gehe das Interesse auf das Paar über, das folgt, auf die nächste Generation also. Die Generation, der meine Frau und ich angehören, hat Nazis und Verlogenheit in unserer Gesellschaft zurück gedrängt. Die Geschichte muss nun weiter erzählt werden. Es wird die Aufgabe derer sein, die nach uns kommen.

Mittwoch, 8. November 2023

Wunsch und Wirklichkeit

Knapp 170 Staaten sind Mitglied der UN. In allen wird der Dollar als Zahlungsmittel akzeptiert und in Landeswährung umgetauscht. Von anderen akzeptierten Währungen wie Euro, Pfund, dem Yen, dem Rand wird jeder Betrag im Verhältnis zum Dollar berechnet. Dollar ist die einzige Weltwährung. Solange das so bleibt, wird der verzweifelte Versuch vieler Staaten, sich von der Diktatur des Dollar zu befreien, auf große Schwierigkeiten stoßen. Die USA können jedes Unternehmen, auch jedes deutsche, französische, italienische usw., vom großen US-Markt ausschließen, indem sie einfach nur Zölle erheben. Die Produkte solcher Staaten werden dann zu teuer, um noch konkurrenzfähig zu sein. Das ist der Grund, weshalb ganz Westeuropa sich von Washington regieren lässt. Das kostet sehr viel, auch viele Menschenleben. Doch kein Staat in Westeuropa wagt auf dem Recht zu bestehen, von selbstgewählten Vertretern regiert zu werden. Global widersetzen sich der Fremdregierung aktuell nur China, Russland und Israel (siehe meinen Beitrag home to roost). Die Staaten, die ihren Austausch von Waren in jeweiliger Landeswährung abrechnen, stellen lediglich den Beginn einer Entwicklung dar. Besonders Russland scheint über eine Möglichkeit nachzudenken, eine von den USA unabhängige Weltwährung zu schaffen. Russland muss das tun, naschdem alle seine Dollarreserven, soweit sie der US-Macht zugänglich waren, für Russland gesperrt wurden. Ersparnisse russischer Pensionsfonds, also die Altersversorgung von Bürgern, wird seither anderen, von Washington und seinen Alliierten gebilligten Zwecken versprochen oder schon zugeführt. Dennoch fragen unsere West-Medien immer wieder im Ton allerhöchsten Erstaunens, weshalb die Moskauer Regierung sich überhaupt noch hält. Sobald die Russen zu der im Westen erwarteten Einsicht gelangen, dass sie keinen Anspruch auf ihre angesparte Altersvbersorgung haben, werden sie ihre Regierung stürzen, die ohnehin nur aus "Machthabern" bestehe - meinen DIE ZEIT, die FRANKFURTER ALLGEMEINE, die SÜDDEUTSCHE...

Dienstag, 7. November 2023

Sprung ins Leere

Sanft oder hart? Zuletzt betrugen die Staatsschulden der USA 60% vom Bruttoinlandsprodukt, das war 2007. Jetzt betragen sie 100% vom US-BIP. 2007 ist in diesem Zusammenhang ein bedeutsames Datum, die große Finanzkrise meldete sich schon an, beginnend mit der Lehmann-Pleite. Näheres berichtete die New York Times schon vor einer Woche: "Why Wall Street is so worried about refunding". Man macht sich Sorgen um die Refinanzierung der Schulden. In dem Bericht steht, es würden noch immer US-Staatsanleihen nachgefragt, aber nicht so viele, wie angeboten seien. Geringere Nachfrage könnte zu Zinserhöhungen ermutigen, die eben noch vermieden wurden. Wer höhere Zinsen für die "Treasuries" erhält, kauft vielleicht welche. Allerdings hat einer der wichtigen Gläubiger, China, bereits mit dem schrittweisen Rückzug begonnen. Die Financial Times schloss sich an und meldete die bevorstehende Emmission von Anleihen mit nur zwei und fünf Jahren Laufzeit plus hoher Verzinsung. Mögliche Käufer werden so beworben. Hohe Zinsen locken! Die "Bonds" rentieren kurzfristig! Ist das ein Angebot!! Wem wird schon der Mund wässrig? Voranmeldung erwünscht! Doch selbst der "Economist" zitiert neben den üblichen Optimisten auch Skeptiker. Ich zitiere Raymond Chandler mit seiner Beobachtung, dass nichts so leer wirkt wie ein leerer Swimming Pool. Auch in ein leeres Schwimmbecken kann man reinspringen. Doch aus welcher Höhe man den Sprung ins leere Becken wagt, entscheidet über die Folgen des Aufpralls. Dies im Sinn, fällt mir der seit Wochen meistgebrauchte Begriff aus den Wirtschaftsteilen der Weltpresse ein. Man hofft dort, die Landung möge sanft sein, eine "soft landing". Auszuschließen sei es nicht, glauben Optimisten. Doch mit dem neuen Krieg steigt die Zahl der Skeptiker. Die Financial Times vom 2. November: "Das Lebenswerk des israelischen Ministerpräsidenten war es, die von den USA geforderte Zwei-Staaten-Lösung unmöglich zu machen." Resümee: "Solange Netanyahu bleibt, ist Bidens Präsidentschaft die Geisel eines Mannes, der Wohltaten niemals erwidern wird." Das steht da tatsächlich und wäre vielleicht nicht gar so verwunderlich, wenn es auch von unseren Medien gelegentlich zur Debatte gestellt würde.

Sonntag, 5. November 2023

Tödliche Falle

Es war abzusehen Nach dem 2. Weltkrieg haben die USA zwei opferreich niedergekämpfte Gegner an sich gebunden. Deutschland wurde mit dem Marshalplan aufgepäppelt, Japan mit einer neuen Verfassung. Es ging darum, diese Staaten nicht an den jeweils möglichen kommunistischen Machtbereich zu verlieren. Deutschland wurde in die NATO integriert und damit unter US-Kontrolle gestellt. Der Vertrag über gegenseitige Kooperation und Sicherheit von 1952 leistete die gleichen Dienste für Japan. Beide Staaten – weil zuvor höchstentwickelt – erholten sich schnell. Sie wuchsen zu Konkurrenten heran. Die USA haben deshalb Japans Wettbewerbsfähigkeit für die Dauer des sogenannten „verlorenen Jahrzehnts“ zerstört, Einzelheiten sind unter dem Stichwort Plaza Accord im Internet zu finden. Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit wurde kürzlich durch die Zerstörung der russischen Gaslieferungen soweit geschädigt, dass unserem Land Entindustrialisierung droht, möglicherweise wird es ein für Europa verlorenes Jahrzehnt. Beide Staaten, die sich nach der Kriegsniederlage auf Friedenspolitik verpflichtet hatten, rüsten nun auf. Ob zur Unterstützung der US-geführten Kriege, wie in Japan Friedensfreunde befürchten, oder zwecks Gewinnung eigener Waffenfähigkeit, wie von Europas Führung versprochen, bleibt vorerst offen. Inzwischen macht eine weitere Macht den USA auf dem Weltmarkt Konkurrenz: China. Wie gegenüber Japan und Deutschland soll nun diesem Rivalen die Wettbewerbsfähigkeit genommen werden. Decoupling ist offizielle Politik und bedeutet nichts anderes, auch wenn es als Derisking getarnt wird. Das alles stellt insgesamt keineswegs ein undurchschaubares Geflecht von Problemen dar. Im Gegenteil, es ist nur allzu durchschaubar. Daher die medial so nachdrücklich geforderte Kriegsbereitschaft. Inzwischen ist ein weiterer Krieg ausgebrochen. Er lässt mich an einen berühmten Essay von Hannah Arendt denken: Home to the roost. Zurück zu uns selbst, schreibt sie, wird die terroristische Unterjochung kehren, die wir anderen angetan haben. Ein Vergleich mit der bei Tag emsig umher pickenden Hühnerschar, die bei Nacht oder Gefahr in den heimischen Stall zurückkehrt. Es war absehbar und ist vorhergesagt worden. Stephane Hessel, Überlebender von Buchenwald, warnt in dem weltweit gelesenen Büchlein „Empört euch!“ von 2010 vor der fortgesetzten Unterdrückung der Palästinenser. Er spricht vom abscheulichsten Massenverbrechen unserer Zeit, das ganz gewiss, wenn es weiterhin geduldet wird, furchtbare Folgen zeitigen müsse. Diese sind eingetreten. Vom Generalsekretär der Vereinten Nationen hören wir, dass es noch schlimmer kommen kann. Ein Regionalkrieg könnte den gesamten Mittleren Osten verwüsten. Überlebende würden bei weiterer völliger Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen den Weg zu uns suchen. Denn wir haben uns, wie die USA, nur mit Worten, mit Taten nicht, gegen die Unterjochung der Palästinenser gewehrt. Wir tragen eine Mitverantwortung, der wir uns nicht entziehen können – obgleich wir es gerne täten. Die Zunahme der Migration ist sicher zu erwarten. Überall, wo wehrlose Bevölkerungen wenig entwickelter Staaten einen Weg in hochentwickelte Länder sehen, gehen sie diesen Weg. In Europa über das Mittelmeer, in Lateinamerika über Mexiko. Stehen legale Wege nicht offen, werden illegale genommen. Der Lebenswille junger Familien ist stärker als die Drohungen von Polizei oder Militär. Das ist die Lage. Sie ist nicht „komplex“. There is no trap so deadly as the trap you set for yourself, wusste schon Raymond Chandler.

Samstag, 4. November 2023

Ein Trauerspiel

„Man schließt mir die Asyle, niemand mag Zu meinen Gunsten wenig Schritte wagen. Verbannung! Ja, des Schreckensworts Gewicht Erdrückt mich schon mit allen seinen Lasten... Der Körper, der gesunde, stößt mich los. Dem selbstbewussten Toten gleich ich, der, Ein Zeuge seiner eigenen Bestattung, gelähmt, in halbem Traume, grausend liegt.“ Weshalb scheint der alte Text so aktuell zu sein? „Sie kommen! Tragen meine Habe fort, Das letzte, was von köstlichem Besitz Mir übrig blieb. Wird es mir auch geraubt?... Unselge Liebe zum unwürdgen Leben!“ Das "Trauerspiel" ist von Goethe. Er hat sich, schreibt er, damit ein Gefäß geschaffen, in dem er seine wechselnden Überlegungen zum gewaltigsten Ereignis seiner Zeit „in geziemendem Ernst“ niederlegen konnte. Gemeint ist die weltweite Ablösung von Adelsherrschaft durch das Bürgertum, von Grundbesitz durch den Besitz von Geld. Goethe spricht nicht ausdrücklich von der Französischen Revolution oder der Trennung der amerikanischen Kolonien vom britischen König. Er bleibt allgemein. Darauf reagieren junge Rebellen ungeduldig, zumal der Machtwechsel mancherorts lang auf sich warten ließ. Mein Exemplar der dtv Gesamtausgabe 11, in der ich „Die natürliche Tochter“ nachgelesen habe, ist förmlich entstellt durch meine Kommentare. Sie sind, ich war jung genug, überwiegend ärgerlich ausgefallen. Jetzt angesichts der Videos aus Gaza fällt meine Reaktion verständnisvoller aus. Ich freue mich sehr, dass ich den alten Text noch habe.

Freitag, 3. November 2023

Weltstunden

Ob unsere Verteidigungsministerialen schon mal in Goethes "Maximen und Reflexionen" reingeguckt haben? "Einen gerüsteten, auf die Defensive berechneten Zustand kann kein Staat aushalten", lese ich da. Doch womit macht die FAZ gestern ihre Titelseite auf? "Pistorius: Wir müssen Verteidigungskriege führen können." Daher aufrüsten. Ausbilden. Modernisieren. Alles ganz schnell, hingegen: "Es ist nichts trauriger anzusehn als das unvermittelte Streben ins Unbedingte in dieser durchaus bedingten Welt", teilt uns noch einmal Goethe in den MuR mit. Halt! Langsam! Wir brauchen nicht Goethe, um dem Verteidigungsminister eine sehr ernste Ermahnung zukommen zu lassen. Weiß er denn nicht, dass wir überhaupt nur Kriege zu unserer Verteidigung geführt haben und führen werden? Den 1. Weltkrieg haben wir zur Verteidigung gegen Russlands rückständige Horden und Englands Materialismus geführt. Den 2. Weltkrieg führten wir zur Verteidigung gegen US-amerikanische und bolschewistische Gleichmacherei. Der 3. Weltkrieg wird soeben in Teilschritten vorbereitet, und jeder dieser Schritte galt der Verteidigung unserer demokratischen Grundwerte gegen dier Bedrohung durch die Autokratien! Derer gab und gibt es noch allzu viele, als dass wir in unseren Anstrengungen nachlassen dürften oder auch je nachgelassen hätten. Im Gegenteil, geführt von der Weltpolizei USA (Vorsicht, nicht etwa der UN!!) haben wir für die Demokratie Kriege in Afghanistan, Libyen, dem Irak mit-geführt. Die Resultate sprechen für sich selbst. Vor allem ermutigen sie uns, weitere militärische Interventionen zu wagen. Im Indopazifik, dem Persischen Golf, dem Mittleren Osten. Führung durch die vorbildlichste Demokratie garantiert uns den Sieg bei möglichster Wahrung der Menschenrechte. Auch wenn wir uns bewusst bleiben, dass im Krieg Kollateralschäden nie gänzlich vermieden werden können. Ist nun mal so. Die Welt ist kein Ponyhof, und wir sind von Feinden umzingelt. Wachsam bleiben! Kriegsbereitschaft ist das Gebot der Weltstunde! Kann man diese treffender definieren als im Begriff der "Zeitenwende"?

Montag, 30. Oktober 2023

Kartenspiel mit Kiebitzen

Kartenspiel Vor ca 30 Jahren haben meine Frau und ich ganz Israel der Länge und der Breite nach mit einem Leihwagen durchfahren. Orientiert haben wir uns mittels einer Landkarte, die wir aus Deutschland mitgebracht hatten. Die Richtigkeit dieser Karte wurde immer wieder bestritten. Sie gelte nicht mehr, behaupteten eingewanderte US-Amerikaner. Und alsbald machten sie sich daran, uns die angeblich aktuelleren „maps“ zu zeigen. Darauf war überall dort, wo nach unserer Karte noch Palästinenser siedelten, nur noch Erez Israel (Groß-Israel) zu sehen. Die Siedlungsgebiete der Palästinenser waren integriert. „Und wo sollen die Palästinenser hin?“, fragten wir. „Viele arabische Länder sind menschenleer, da finden sie genug Platz“, antworteten die Amerikaner. Sie hatten den „Transfer“ der palästinensischen Einheimischen fest eingeplant. Wir erschraken. Und während wir weitere Eindrücke sammelten, wuchsen unsere Befürchtungen. In Bethlehem steigerten sie sich bis zum Schock. Die Einheimischen waren hinter einem Zaun eingesperrt. Gruselig. Das ist alles wieder ganz aktuell. Und obgleich deutsche Medien laut der schweizerischen Zeitschrift WELTWOCHE nicht mehr als Lieferanten von Information betrachtet werden sollten, habe ich im gestrigen Presseclub etwas gehört, das mich aufhorchen ließ. Eine noch nicht von Hass und Hetze angesteckte Teilnehmerin an der Diskussion meldete nämlich, Palästinenser sowohl in Palästina wie in Deutschland hätten ihr Landkarten in die Hand gedrückt, auf denen israelisch regierte (besetzte) Gebiete nicht mehr zu sehen waren. Wenn also die US-amerikanischen Siedler in Israel kein Palästina im Erez Israel wünschen, und die Palästinenser kein Israel in Palästina, dürfen wir wohl von einem gegenseitigen Vertreibungswunsch ausgehen. Vernichtungswünsche, die beiderseits ohne weiteres unterstellt werden und in bestimmten Milieus wohl auch vorhanden sind, kämen einem „onslaught“ gleich, geplantem Gemetzel. Massenmord an der Zivilbevölkerung. Nun kommt es in Kartenspielen bekanntlich darauf an, wer das bessere Blatt hält. Israel erwartet seine Joker aus Washington, die Palästinenser fordern ihre von den arabischen Bevölkerungen ein. Europa hat seine Jetons schon alle verspielt und den Sitz am Spieltisch geräumt. Ob China für uns ins Spiel einsteigt? Es verfügt über Jetons und kann mit seinen Freunden reden. Befreundet ist es auch mit denen, die einander feind sind. Das kann sich noch auszahlen. Nicht nur für China. Es gebe keinen Ersatz für den Sieg, lautet ein Motto des US-Militärs. Also auch keinen für's Abräumen des Gegners. Doch, gibt es, behaupten die Pekinger Mitspieler. Keiner muss alles verlieren, wenn man seine Trümpfe kontrolliert einsetzt und gemeinsame Ziele verfolgt. Nicht zero-sum anpeilt, sondern win-win.

Fakten und Zweifel

Terror und Gegenterror. Die Beurteilung vergangener Ereignisse fällt oft unterschiedlich aus. Manche Beurteilungen sind und bleiben lange umstritten, andere gelten als gesichert, sie sind und bleiben lange Konsens. Konsens ist: Der Anschlag auf das World Trade Center vom 9. November 2001 war ein terroristischer Akt. Der Krieg gegen den Terror, den George W. Bush erklärte, erwies sich als ungünstige Antwort. Der Überfall auf den Irak, den Bush anordnete, hat den Islamischen Staat erst zur weltweiten Bedrohung heranwachsen lassen. Der IS eroberte die 2-Millionenstadt Mossul und verteidigte sie im Häuserkampf neun Monate lang gegen Kommandeure der US-Army, bevor er sich mit 350 Milliarden Dollar aus der Zentralbank endlich absetzte. Dieses Geld nutzten die Terroristen für Waffenkäufe und Anschläge in vielen Ländern. Krieg gegen den Terror zu führen gilt seither nicht mehr als die beste Reaktion auf terroristische Anschläge. Dass Bushs Krieg fehlschlagen würde, ist frühzeitig erkannt worden. So hat neben anderen der damalige deutsche Kanzler Gerhard Schröder Bush die Gefolgschaft verweigert. Joseph Joffe schrieb damals in DIE ZEIT ein vernichtende Beurteilung Schröders. Für die Dauer mindestens einer Generation werde die westliche Welt Schröders schändliche Illoyalität uns Deutschen nicht verzeihen. Ein SCHANDFLECK werde es in der Geschichte der deutschen Sozialdemokratie bleiben, dass dieser Kanzler Gerhard Schröder die Ehrennadel für 60jährige Mitgliedschaft erhielt, steht in der Frankfurter Allgemeinen vom Samstag, 28. Oktober 2023, sie war aktuell an den Kiosken ausgestellt. Für die publizistische Unterstützung des Überfalls auf den Irak hat die New York Times sich damals entschuldigt, DIE ZEIT nie. Und die FAZ wird sich voraussichtlich nicht für den Schandfleck entschuldigen, den sie uns Sozialdemokraten anheftet, soweit wir uns nicht ganz entschieden von der Brandt/Bahrschen Friedenspolitik distanzieren. Dieser gelbe Fleck hat historisch die Ausgestoßenen gekennzeichnet. In einem weiteren Kommentar wird ein Schandfleck auch zwei eben erst demokratisch (wieder-) gewählten Regierungschefs angeheftet: dem slowakischen Premier Robert Fico und dem ungarischen Premier Orban. Sie singen Putins Liedchen, meint der Kommentator der FAZ. „Beiden muss deutlich gemacht werden...“ - was? Sie seien auszustoßen aus unserer „Wertegemeinschaft“, ist gemeint, wenn auch nicht ganz so krass geschrieben. Als Publizist möchte ich diesen kaum bestreitbaren Tatsachen noch eine Beurteilung hinzufügen, die „umstritten“ sein wird. „Schandfleck“, „Putins Liedchen singen“ - so reden gute Menschen nicht. Mich erinnert es an die höhnische Sprache der Ausgrenzer, die einige von uns noch erlebt haben. Auch in jüngster Zeit noch und sogar auf dieser Facebook-Seite! Es sei nicht so gemeint gewesen, las ich zur Verteidigung von Beiträgen, die Schröders Ausweisung aus unserem Staat oder mindestens den Entzug seiner Staatsbürgerschaft gefordert hatten. Der Entzug von Bürgerrechten ist nur ein erster Schritt, den letzten auf diesem Weg können wir in alten Berichten der Deutschen Wochenschau besichtigen.

Samstag, 14. Oktober 2023

Kriegsberichte

Zu den Kriegen, die jetzt gefährlich werden können, haben ausgewiesene Fachleute Stellung genommen. Stephane Hessel in seinem internationalen Bestseller "Empört euch!" (2010) zum Konflikt Israel-Palästina. Er empfiehlt zur Ergänzung den "Bericht der Untersuchungskommission der Vereinten Nationen über den Gaza-Konflikt, Herausgeber "Human Rights Council" (2008). "Lektionen aus dem Ukraine-Krieg" zu lernen empfiehlt Chas Freeman Jr. in "Die Weltwoche" Nr. 40 vom 5. Oktober 2023, knapp zwei Wochen alt. Sowohl dieser Verfasser wie Hessel haben beeindruckende Lebensleistungen vorzuweisen. Erinnern möchte ich ferner an Hannah Arendts Eindrücke aus ihren Reisen nach Israel/ Palästina für die Jewish Agency (nach Ende des 2. Weltkriegs). Neben den offiziellen Berichten sind besonders die unbefangenen und spontanen Äusserungen in ihren Briefen an Heinrich Blücher überaus interessant.

Donnerstag, 5. Oktober 2023

Im Rückspiegel der Geschichte

Schwer zu übersetzen: "Prescience shows only in history's rearview mirror". Gemeint ist einfach: Im Rückblick ist zu erkennen, dass Katastrophen klar vorhersehbar waren - aber leider nur von wenigen. Anfang 1941 hat der US-Botschafter in Japan, Joseph Grew, Washington gewarnt, dass ein Überraschungsangriff auf Pearl Harbour drohe. Der Ökonom Roger Babson hatte 1929 einen unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruch des New Yorker Aktienmarktes vorhergesagt. Bekanntlich ist die Weltwirtschaft nach dem Schwarzen Freitag dennoch zusammengebrochen und hat der Überfall auf Pearl Harbour die amerikanische Pazifikflotte fast vernichtet. Der Grund ist darin zu suchen, dass die Unheilspropheten zwar Experten waren und auch die Entscheidungszentren erreichten - jedoch widerlegt wurden von anderen Experten, die eine gegenteilige Auffassung vertraten und damit durchdrangen. Das war zu lesen in einem Beitrag der New York Times vom 2. Oktober: "The Secret Memo From The General Who Foresaw Black Hawk Down". Hochinteressant. Tragisches Schicksal des Generals übrigens. Es gibt andere Beispiele mit sogar noch fürchterlicheren Folgen: So war Stalin 1941 aus verschiedenen Quellen vor einem überraschenden Angriff der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion gewarnt worden. Allerdings sprach vieles dagegen und die Überraschung gelang den Deutschen, ein endgültiger Erfolg der Wehrmacht schien fast sicher. Die möglichen Folgen sind derart fürchterlich, dass niemand gerne darüber spricht. Für mich ist es ein Trost, dass rückblickend mir niemand vorwerfen kann, ich hätte vor den klar absehbaren Kriegen nicht gewarnt. Das habe ich seit 2014 getan. Seit damals sind die Kriegspläne des globalen Westens aus den Tatsachen ablesbar gewesen, nur liest eben niemand mehr Tatsachen.

Mittwoch, 4. Oktober 2023

Kolonisierung der Ukraine

Und die Absicht ist...? Kolonialisten, lese ich in einem Beitrag von Stephen Ndegwa (Nairobi), haben immer schon gewusst, dass der erste Schritt einer erfolgreichen Kolonisation in der Zerstörung einer Kultur besteht. Erst wenn Menschen keine eigene Kultur mehr haben, kann man sie nach Belieben manipulieren. Sie haben dann ihren moralischen Kompass verloren und sind Marionetten in den Händen ihrer Herren. Dies im Sinn, entnahm ich mit zunehmender Spannung einer aktuellen Veröffentlichung von POLITICO, welch langfristige Strategie die USA bezüglich der Ukraine vorschlagen. Die erst neuerdings bekannnt gewordene „Integrated Country Strategy“ ist dreimal so lang wie die um heikle Stellen bereinigte Version, die der Öffentlichkeit ohne große Reklame vor einem Monat zugemutet wurde; es gehe um Sorgen bezüglich der Korruption in der Ukraine, hieß es zunächst nur, und dass man sich darum kümmere. Jetzt – nur vier-fünf Wochen danach – erfahren wir Näheres. Die Ziele der USA umfassen die Privatisierung der Banken, Unterstützung der Schulen beim Erteilen von Englischunterricht, Ermutigung des Militärs bei der Anpassung an NATO-Standards. Hier Details: Die Ukraine soll attraktiver für „private“ Investitionen werden; nichts Besonderes: Das Außenministerium fertige derartige Strategien für viele Länder. Das Land sei zwar nicht zur Zulassung in die NATO vorgesehen, doch das ukrainische Verteidigungsministerium möge ein Offiziers- und Unteroffizierskorps schaffen, das mit NATO-Doktrinen und NATO-Prinzipien vertraut sei. Auch für zivilen Widerstand sei ein Plan zu erstellen, um ukrainische Zivilisten als Bürgerwehren gegen russische Geländegewinne einzusetzen. Die Ukraine möge eine eigene Verteidigungsindustrie entwickeln, um unbedingt notwendige Waffen selbst herstellen zu können. Die Dezentralisierung des Energiesektors sei durch nachhaltige Reformen einzuleiten. Die Ukraine müsse ihre Aufsichtsorgane instand setzen, Geldmittel aus den USA (budget support) jederzeit nachvollziehen zu können. Das ukrainische Finanzwesen müsse die Wirtschaft durch erleichterte Kreditvergaben ausweiten, die Rolle des Staates im Finanzwesen reduzieren. Eine verstaatlichte Bank sei durch transparente Schritte in Privateigentum zu überführen. Das Strategiepapier wünscht abschließend technische und andere Hilfen bei der Unterstützung des zuständigen Ministeriums, die englische Sprache zu verbreiten. Englischunterricht werde der Ukraine helfen, sich mit Gebieten zu vereinigen, die von russischer Besatzung befreit sein werden. Diplomatische Vertretungen der USA sollen über Kiew hinaus in Lviv, Odessa, Karkow, Dnipro errichtet werden. Interessant, oder?

Dienstag, 3. Oktober 2023

Freude

Morgen oder übermorgen, am 4. oder 5. Oktober 2023, wird mir eine Biografie von Hannah Arendt geliefert. Sie soll sich, wie der Verlag behauptet, auf bisher unbekannte, neu erschlossene Quellen stützen. Ich freue mich darauf, obgleich ich die Bücher von Hannah und auch einiges über sie längst besitze und überhaupt schon viel zuviele Bücher habe. Da ich recht alt geworden bin, frage ich mich gelegentlich, was aus all den vielen Büchern werden soll und weshalb ich die alle in den Regalen stehen habe. Die Antwort ist mir heute früh eingefallen, als ich festgestellt habe, dass ich mich auf die Biografie von Hannah so sehr freue. Alle diese Bücher in meinen Regalen sind, so oft ich eines aufschlage, ob von oder über Goethe, von oder über Schiller, Hegel, Thomas Mann, Gottfried Benn, Raymond Chandler, Eric Ambler, eine Quelle der Freude – und schon in früheren Zeiten haben sie mir Freude gemacht, eben deshalb habe ich sie ja bewahrt. Weil sie sich über die nun schon lange Dauer meines Lebens bewährt haben. Bewahrt, weil bewährt. Niemand, denke ich, wird sie noch nach Gebühr schätzen, wenn ich nicht mehr ihr Hüter sein kann. Aber bis dahin entspringt der Freudenquell!

Freitag, 15. September 2023

Neue Taktik

Sarah Wagenknecht ist der Titel der aktuellen Ausgabe "Die Zeit". Und vor nur wenigen Tagen war sie auf dem Titel von BILD. Was ist so interessant an ihr? Sie empfiehlt dem Wählervolk, was Rudi Völler für die Fußballfans geleistet hat: Erlösung aus Mutlosigkeit und Lethargie durch eine neue Taktik. Nicht immer neue Krisen zu "bewerkstelligen", was Habeck versprach; und das war kein Versprecher, sondern tatsächlich ein Versprechen. Immer noch einmal die Taktik von Hansi Flick zu verordnen, den Gegner einschnüren, ihn nicht zur Entfaltung kommen zu lassen; Fußballer nennen es pressing. Politiker versuchen das auch und immer noch einmal; ganz wie Hansi Flick. Beim nächsten pressing werde alles besser, hören wir; es wird aber immer schlechter; am Ende verglimmt der letzte Hoffnungsschimmer. Ein hart arbeitender Steuerzahler im besten Mannesalter hat meiner verdatterten Frau erklärt: Er glaube jetzt an Gott, niemand sonst helfe uns. Es gibt nur ein' Rudi Völler? Einer reicht nicht! Wir brauchen zwei, drei, vier neue Polit-Coaches! Wenn es soweit ist, dass BILD und ZEIT synchron vor den Folgen einer neuen politischen Taktik warnen, ihr Lieben, dann hat die alte Taktik ihre Glaubwürdigkeit bereits gründlich verloren.

Donnerstag, 14. September 2023

If we had a hammer

Problemlösungen werden einfacher, wenn wir für die Lösung eines jeden wichtigen Problems nur ein Werkzeug zur Verfügung haben. Sagen wir, Waffen sind die Lösung, dann eben: noch mehr Waffen. Oder Militärbasen, wie viele und wo? 700?, 800 Basen? Reicht nicht, also noch mehr; überall. Klingt simpel, sogar wir Normalos können es nachvollziehen. Ex-General Wesley Clark, der unter W.J. (Bill) Clinton Saceur war, bringt es auf den Punkt: Hast du als Werkzeug nur einen Hammer, dann muss halt jedes Problem ein Nagel sein. Die Welt ist nicht so komplex, wie man uns einredet! Mut! Zuversicht! Noch mehr Waffen überall und Militärbasen gerne auch hinterm Haus! P. S. Saceur ist der Supreme Allied Commander Europe, man nennt ihn auf deutsch schlicht den NATO-General. Woraus erhellt, wer die Allianz anführt. Falls jemand es noch nicht bemerkt haben sollte.

Samstag, 26. August 2023

Leben und sterben lassen

Man kennt das von wenig entwickelten Ländern, vor allem den früheren Kolonien. Präsidenten ließen sich von entwickelten Ländern kaufen. Ihre Nachfolger sprachen von Korruption. Der frühere Präsident wurde angeklagt, eingesperrt, ermordet schon mal. In den entwickelten Ländern hingegen wurde die Beute aus den Kolonien meist auf legalem Wege neu verteilt. Gekaufte Medien machten es plausibel. Jetzt haben die Beutezüge und gegenseitigen Beschuldigungen wieder einmal die USA erreicht. Es ist nicht das erstemal. Es gibt sogar eine Redewendung dafür: "home to the roost". Die begangenen Verbrechen kehren an die Stelle zurück, wo sie geplant worden sind. Wehe denen, die solchen Vorgang aufdecken. John F. Kennedy, Robert Kennedy, Martin Luther King... Und das sind nur die bekanntesten. Abraham Lincoln... Vernichtung ist die Quittung gewesen, ihr wisst wofür. Den Tätern geht es um viel. Um Lizenzen zur Ausbeutung. Eines der übelsten Beispiele ist der Kongo. Das Land verfügt über Rohstoffe, die so begehrt sind, dass die Menschedn dort zu den wohlhabendsten der Erde gehören müssten. Doch es ist eines der ämsten Länder. Alles wurde von den Kolonialherren gestohlen. Die Abeitskräfte wurden so brutal ausgenutzt, dass Joeph Conrad vom Herzen der Finsternis sprach. Ich kann den Text nicht zusammenhängend lesen, mein Herz tut zu weh dabei. Manch einer ist cooler getaktet. Solange er lebt. Mugshot of former U.S. President Donald Trump released The Fulton County Sheriff's Office released a mugshot of former U.S. President Donald Trump following his arrest on Thursday. He faces racketeering and conspiracy charges.The photo was taken during Trump's booking process earlier on Thursday.

Mittwoch, 16. August 2023

Von Zeit zu Zeit

Imperialien. „The world is nearly all parcelled out, and what there is left of it is being divided up, conquered and colonised. To think of these stars that you see overhead at night, these vast worlds which we can never reach. I would annex the planets if I could; I often think of that. It makes me sad to see them so clear and yet so far.“ Erwürde die Sterne annektieren, wenn er sie erreichen könnte. Das ist eine Äußerung von Cecil John Rhodes, 1853-1902, (nach ihm ist Rhodesien benannt worden, inzwischen Zimbabwe und Zambia). Historiker und Politiker, auch Lenin, haben die Definition des Begriffs „Imperialismus“ auf ihn zurückgeführt. Lenin fand insbesondere die Begründung der Intention überzeugend: „In order to save the forty million inhabitants of the United Kingdom from a bloody civil war, our colonial statesmen must acquire new lands for settling the surplus population of this country, to provide new markets. ... The Empire, as I have always said, is a bread and butter question.“ Um den vierzig Millionen Briten einen blutigen Bürgerkrieg zu ersparen, müssten weite Bereiche für die Besiedlung und als Märkte erschlossen werden. Soweit Rhodes. Hannah Arendt in ihrem Buch über die „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ teilt mit, dass Rhodes den „scramble for africa“, den Wettkampf um afrikanische Kolonien, wenn nicht ausgelöst, so doch popularisiert habe. Es ist für die deutsche Philosophin die eigentliche, freilich zunächst verborgene oder verschleierte, Ursache für die Aufhäufung von Kapital in allen entwickelten Ländern gewesen. Kapital, das profitabel angelegt sein wollte, also Profitmöglichkeiten suchte, und diesen schnöden materiellen Ehrgeiz hinter dem Ideal einer Erziehung des Menschengeschlechts verbarg. Man musste die hohen kulturellen Werte, die man selbst erreicht hatte, um die Welt tragen, um sie mit denen zu teilen, die so weit noch nicht gekommen waren! Um diese Konzeption politisch durchzusetzen, bedurfte es der Erfindung des Rassismus, macht Hannah Arendt plausibel. Rassen seien bis dahin ein Begriff aus der Biologie gewesen; nun wurde er politisiert. Es gab neben den hochentwickelten die niederen Rassen. Wieder Rhodes: „I contend that we are the first race in the world, and that the more of the world we inhabit the better ist is for the human race...“ Die überlegene Rasse waren wir und je mehr von der Welt wir bewohnten, desto besser für die Menschheit. Man suchte Profit – Anlagemöglichkeiten für Kapital – und verkaufte diese Suche als den Export von Werten. Als christlicher Humanismus konnte das auch die Kirchen überzeugen. Missionare wurden ausgesandt. Es gibt eine berühmte und oft verfilmte Erzählung von W. Somerset Maugham über die Problematik solcher Missionierung: „Rain“ im Original, (die deutschen Übersetzungen sind unterschiedlich betitelt). Maugham hat auch Romane geschrieben, die das Thema aufgreifen, der wohl berühmteste: „Cakes and Ale“. Die Heuchelei wurde selbstverständlich durchschaut, der Propagandaschleier zerrissen. Von der Linken war das als Selbstverständlichkeit zu erwarten. Aber auch die Rechte nutzte die Technik der Entlarvung. Der Antisemitismus konnte als neue, unerwartete und auch hochinteressante, insofern unterhaltende Erneuerung und willkommene Belebung von Debatten angeboten werden. Dieser Aspekt wird von großen Schriftstellern dargestellt. Marcel Proust: „Die Suche nach der verlorenen Zeit“, „Sodom und Gomorrha“ und „Die Welt der Guermantes“; und Thomas Mann. „Ich überlasse euch zur Plünderung – die Welt!“, heißt es in seiner Erzählung „Beim Propheten“; „Mario und der Zauberer“ berichtet von der hypnotischen und zerstörerischen Wirkung des Narrativs. Geradezu hellseherisch wirkte auf mich immer die Erzählung von einem religiös verwirrten Mann, der sich als Schwert Gottes, „Gladius Dei“, begreift. Doch zurück zum Wunschtraum des Erzimperialisten Rhodes. Er sei ganz traurig, gestand er, wenn er an diese Sterne denke, die man des Nachts hoch oben sieht, diese weiten Welten, die wir niemals erreichen. Ich würde die Sterne annektieren, wenn ich könnte; daran denke ich oft. Es macht mich traurig, sie so so klar zu sehen und doch so entfernt zu wissen.“ Uns sind die Sterne näher. Ihre Kolonisierung ist geplant. Der „scramble for africa“ hat sich zum „scramble for space“ entwickelt. Aus dem Krieg von Großmächten gegen einander bahnt sich ein Krieg von Großimperien gegen einander an. Damals genügte ein Attentat, wie es in Randstaaten öfters vorkam, um den Ersten Weltkrieg zu entzünden.

Sonntag, 13. August 2023

Standpunkt

Ich suche meine Position im Meinungsstreit. Meinen Standpunkt. Zeit der Schurken, englisch scoundrel time hat die uns Krimi-Autoren wohlbekannte und von uns hochgeehrte US-amerikanische Autorin Lillian Hellman ihre Erinnerungen an das Jahr 1952 betitelt. Erschienen ist das Büchlein, nur 150 Seiten in meiner TB-Ausgabe, im März 1956. Ein schmerzlicher Rückblick in Zorn und Sorge. Vor Senator Joseph McCarthys Ausschuss zur Untersuchung Unamerikanischer Umtriebe (dem Un-American Activities Committee) war sie zwar bereit, sich für ihre eigene Vergangenheit als linksorientierte Aktivistin zu rechtfertigen, verweigerte aber die Beschuldigung anderer. Sie hat teuer bezahlt. Viele Jahre wurde sie auf schwarzen Listen geführt (war blacklisted), musste ihr Zuhause verkaufen und zusehen, wie andere die Karriere retteten, indem sie ihre Freunde verrieten. Ihr Resumé: Ich habe mich nur teilweise von dem Schock erholt... Ich hatte an Intellektuelle geglaubt, ob es meine Lehrer waren oder meine Freunde oder Fremde, deren Bücher ich gelesen hatte. Und dann der Satz, der mich bewogen hat, hier daran zu erinnern: In jedem zivilisierten Land sind Menschen immer für diejenigen eingetreten, die in politischen Schwierigkeiten waren. (In every civilized country people have always come forward to defend those in political trouble.) Während der Zeit der Schurken war eben dies in den USA strafbar – Hellmans Lebensgefährte Dashiell Hammett ging dafür ins Gefängnis, seine zuvor viel gelobten Kriminalromane wurden verhöhnt, seine Reputation zerstört, sein Vermögen entzogen. Da es jetzt bei uns in Deutschland wieder mainstream ist, Gesinnungen zu verfolgen, füge ich hinzu, dass McCarthy es sogar wagte, General George Marshall als nützlichen Idioten der Kommunisten zu verunglimpfen (as a dupe of the communists). Von Dwight D. Eisenhower verlangte er eine unmissverständliche Distanzierung von dessen langjährigem und für den Sieg in Europa bedeutenden Vorgesetzten. Falls er es nicht tue, werde man ihn bei seiner Rede zur Bewerbung für die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner ausbuhen. Eisenhower weigerte sich höchst ärgerlich mit den Worten: „Ich bin oft für meine Aktionen kritisiert worden und nehme es gern in Kauf, wenn es darum geht, meine Vorstellung von Gerechtigkeit zu vertreten. (...that I had no concern whatsoever about booing, that I had often been criticized for my actions, and would gladly be booed for standing for my own conceptions of justice). Mandate for Change, Heinemann London 1963, S. 318. Während seiner Präsidentschaft hatte Eisenhower Gelegenheit, die Gefahren der später als „Hexenjagd“ bezeichneten Kommunistenhatz kennenzulernen. Er beendete sie, als der offenbar irre gewordene Senator die Armeebibliotheken säubern wollte und die Entfernung linkslastiger Bücher forderte, sie gar beschlagnahmen ließ. Das war zuviel. Cancel culture nennt man es heute. Zensurmaßnahmen sind üblich und treffen kaum noch auf Widerstand. Gesinnungsbeschimpfung wird von Politikern und Medien öffentlich gefordert. Wer sich dem Trend verweigert, werde mitschuldig am Abbau von Demokratie und Rechtsstaat. Eisenhower hingegen äußerte sich empört über unamerikanische Methoden, damit bekämpfe man unamerikanische Tendenzen nicht, sondern verstärke sie. Doch die Oberbefehlshaber von Armeen, die Hitler besiegten – wer sind sie schon, ein George Marshal, ein Dwight D. Eisenhower, was haben sie schon geleistet, den westeuropäischen Krieg gegen Hitler gewonnen, uns alle vor der Nazi-Herrschaft bewahrt, na und? Weshalb sollten wir ihre Warnungen vor der Gefährdung der Inneren Sicherheit beachten, wie das entsprechende Kapitel in Eisenhowers zitiertem Werk benannt ist (THE INNER SECURITY). Wir Deutschen haben unsere eigenen Erfahrungen mit innerstaatlicher Sicherheit. Die Nazis zu besiegen haben wir zwar nicht geschafft, als es darauf angekommen wäre. Dafür besiegen wir sie nachträglich. Was für ein „geiles Land“ wir geworden sind! Narrative fressen Fakten. Die einen sagen so und die anderen so. Alles eine Frage des Standpunktes!

Mittwoch, 9. August 2023

Armageddon?

Paulus 1. Brief an die Korinther, Abschnitt 13: Ich zeige euch jetzt noch einen anderen Weg, einen, der alles übersteigt 1 Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. 2 Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, sodass ich Berge versetzen könnte, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts. 3 Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und meinen Leib dahingäbe, mich zu rühmen, und hätte der Liebe nicht, so wäre mir's nichts nütze. 4 Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, 5 sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbitten, sie rechnet das Böse nicht zu, 6 sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; 7 sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. 8 Die Liebe höret nimmer auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird. 9 Denn unser Wissen ist Stückwerk und unser prophetisches Reden ist Stückwerk. 10 Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören. 11 Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war. 12 Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunklen Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin. Die Entscheidungsschlacht zwischen Gott und seinen Gegnern steht bevor, wenn der Euphrat austrocknet. Angesichts der aktuellen Ereignisse würde ich den Wasserstand dort schon mal abfragen. Ich selbst glaube übrigens nicht, dass unser Weltkrieg gegen Gott überhaupt und unser nicht ganz so anspruchsvoller, doch immerhin noch sehr ehrgeiziger Vernichtungskrieg gegen die christlich-humanistische Prägung erfolgreich sein wird. Das haben schon andere versucht und scheitern seit zweitausend Jahren plus. Bin daher guten Mutes!

Montag, 7. August 2023

And the world stood still

„Dieser Abend und dieser Morgen sind die Bestätigung eines ganzen Lebens. Eine im Grunde nie erwartete Bestätigung. Als der Kellner Deinen Namen sagte..., war es als stünde plötzlich die Zeit stille. Da kam mir blitzartig zu Bewußtsein..., dass mich der Zwang des Impulses (trotz aller Vorbehalte hierher zu kommen), nachdem (Hugo) Friedrich mir die Adresse (dieses Hotels) gegeben hatte, gnädig bewahrt hat, die einzig wirklich unverzeihliche Untreue zu begehen und mein Leben zu verwirken.“ Das schreibt die vierundvierzigjährige Hannah Arendt im Februar 1950 an den einundsechzigjährigen Martin Heidegger. Sie hatte lange mit sich gerungen, ob sie ihren einstigen Geliebten und Lehrer aufsuchen solle. Nun traten sie sich im Foyer eines Freiburger Hotels gegenüber, aus gegensätzlichen Welten kommend. Und inmitten eines von Bitterkeit durchzogenen Gesprächs über vergangene Zeiten flammten alte Gefühle wieder auf. Eine jüdische Intellektuelle liebt einen Philosophen, der mit den Nationalsozialisten sympathisiert hatte? Ein Stoff, der zur Polemik reizt, der Romanschriftsteller und Theaterautoren bis heute anregt. Eine Geschichte, die der Nachwelt Rätsel aufgibt... Im Herbst 1924 war die junge Königsbergerin Hannah Arendt mit einer Gruppe gleichgesinnter Freunde nach Marburg an der Lahn gekommen. Sie war dem Gerücht gefolgt, dass man an der dortigen Universität bei einem jungen Philosophen das Denken lernen könne. Heidegger galt zu dieser Zeit als Rebell unter den Philosophen. Er wollte, zusammen mit seinem Freund Karl Jaspers, die Philosophie und die Universität von Grund auf erneuern. Der junge Hochschullehrer verliebte sich in die bildschöne intelligente Studentin. Man schreibt das Jahr 1925.

Freitag, 4. August 2023

Konzertierte Aktion

Jemand muss Angst bekommen haben. Eine Konzertierte Aktion in allen mir zugänglichen Medien warnt mich davor, Donald Trump zu wählen, den ich nicht wählen darf. Oder Marine LePen, die ich ebenfalls nicht wählen darf. Oder die AfD, die ich wählen darf, aber nicht wählen soll. Oder anderen Medien zu vertrauen als denen, die von unserer Regierung als vertrauenswürdig bezeichnet werden. Alle alternativen Medien sind ohnehin schon unzugänglich gemacht, wie Russia Today International, oder als Staatspropaganda in generellen Zweifel gezogen, wie China Global Television Network. Das alles soll mein Vertrauen in die "freien" Medien zur Unerschütterlichkeit steigern. Als frei werden diejenigen elektronischen und gedruckten Medien bezeichnet, deren wichtigste von US-Investmentkraken wie Blackrock kontrolliert sind. Zutiefst zu misstrauen sei einigen von uns nicht gebilligten Staatschefs, die Liste wird angeführt vom Präsidenten der Russischen Föderation. Er unterdrücke - im Gegensatz zu uns - jegliche Opposition. Sein angeblich gefährlichster Opponent innerhalb Russlands wird wieder ausgepackt, Navalnij. Ihm zu vertrauen sei Ehrenpflicht, wird uns nahegelegt. Zeitgleich werden die katholische Kirche, alle christlichen Kirchen, die Religionen insgesamt, und bestimmte Personen innerhalb dieser Kirchen als völlig unglaubwürdig dargestellt. Gott sei tot. Dass auch Gerhard Schröder wieder als Hassobjekt aktualisiert wird, ist zu erwarten. Andere dürfen gerne aufaddiert werden. Hass ist die gängige Botschaft. Auch was wir lieben sollen, steht täglich in jeder Nachricht. Deutsche Waffen. Waffen aus USA. Die ukrainischen Angriffe auf Russland. Die militärische Strategie zur Gewinnung globaler Hegemonie. Es ist exakt die gleiche Strategie wie diejenige der Wehrmacht. War ja auch zunächst sehr erfolgreich.

Dienstag, 1. August 2023

Wortwörtlich

Cancel culture Die wörtliche Übersetzung bedeutet, dass eine Kultur entwertet oder ausgelöscht wird. Dass niemand bei uns das so verstanden wissen will, weiß ich auch. Sehen wir uns aber an, wie der ukrainische Ministerpräsident gegen die russische Kultur vorgeht, so scheint die wortwörtliche Übersetzung nicht fehlzuleiten. Verbot der russischen Sprache, wo sie bisher gesprochen wurde. Verbot der berühmten russischen Literatur. Verbot der russischen Musik. Strafverfolgung jeglicher Person, die sich zu Sympathien für Russland bekennt. All das finden wir im Westen hinnehmbar. Vergessen haben wir, dass die Entseelung ganzer Völker zu Hitlers Programm gehört hat und die physische Vernichtung erst möglich machte. Wer keine Seele mehr hat, ist nur noch Kadaver. Das ist die Voraussetzung für geforderten Kadavergehorsam. Dieser soll nun aufgezwungen werden – wem aber, nur den Russen?? Mir will scheinen, die Attacke gilt auch uns. Wörtlich übersetzt ist cancellation eine Entwertung. Zunächst wird bei uns beinahe Tag für Tag die römische Kirche angegriffen. Jeder kennt das Hauptargument: sexual abuse. Ich habe mir die englischsprachige Originalausgabe von Graham Greenes „The Power and the Glory“ besorgt, liegt vor mir auf dem Schreibtisch. Im Vorwort von John Updike lese ich, Graham Greene habe seit 1936 nach Mexiko reisen wollen, um über die wüsteste (fiercest) Verfolgung der Religion seit Elizabeth der Ersten zu schreiben. Die berühmte Protestantin verfolgte die Katholiken, wie es jetzt auch alle unsere Medien tun. In seinem Roman schildert Greene nun, dass völlig verelendete Menschen nicht danach fragen, ob ein Priester ein guter Mensch ist. Sie wollen, dass er ihnen, wenn sie im Sterben liegen, Gott zwischen die Lippen schiebt. In Form der geweihten Oblate. Will sagen, sie unterscheiden zwischen Person und Auftrag. Die Person mag so schwach sein wie wir alle und sogar noch schwächer, die Weihe bedeutet, dass diese Person Brot und Wein in die Gegenwart Gottes verwandeln kann. Vor dieser Präsenz in die Knie zu sinken erhebt noch den Elendesten über sein schlechtes Dasein und erinnert ihn daran, als menschliches Wesen das Ebenbild einer Übermenschlichkeit zu sein. Unabhängig von Greenes Erfahrung in Mexiko fällt mir dazu ein, dass Christenverfolgungen zwar öfters in Gang gesetzt wurden, aber selten zum gewünschten Erfolg geführt haben. Ob unsere aktuellen Entwerter von Kultur mehr Erfolg haben, halte ich für möglich, aber unwahrscheinlich.

Donnerstag, 20. Juli 2023

VERBRECHEN, VERGESSEN

Sigmund Freuds „Kulturtheoretische Schriften“ habe ich in meiner Jugend gelesen, und die liegt ein Weilchen zurück. Unklar erinnere ich mich, dass er von einer Urhorde ausgeht. Diese sei strengstens von einer Vaterfigur regiert worden, die zu verhindern hatte, dass der Stamm durch Inzest sich selbst vernichtete. Eine Art Urverbrechen hätte darin bestanden, dass der Sohn den Vater ermordete, um sich der Mutter zu vermählen. Für Freud geht es um „einige Übereinstimmungen im Seelenleben der Wilden und der Neurotiker, um Animismus, Magie, die Allmacht der Gedanken sowie die infantile Wiederkehr des Totemismus“. Kurz, dem berühmten Seelenarzt war es um Möglichkeiten von heilender Behandlung zu tun. Nun versteige ich mich nicht zu der Behauptung, unsere Ministerin des Äußeren leide an einer kranken Seele. Immerhin finde ich es bemerkenswert, wenn ich im Netz folgende Nachricht der Frankfurter Rundschau entdecke: „Baerbock: Müssen Putin für 'Urverbrechen' zur Verantwortung ziehen und Völkerrecht reformieren“. Bei einem Festakt zum 25. Jahrestag des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag gestand sie immerhin ein, dass es einen derartigen Strafrechtsparagraphen nicht gibt, meinte aber: „Wir haben die Verantwortung, unsere Kräfte zu bündeln und Wege zu finden, um die Lücke... zu schließen.“ Ihre Forderung bekräftigte sie in einer Rede im UN-Sicherheitsrat in New York, wie dpa berichtet. Inzwischen scheint die erstaunliche Nachricht in der Öffentlichkeit keine Beachtung mehr zu finden. Irgendwo las ich, man halte das Vorhaben für unrealistisch, es sei nicht zu verwirklichen. Das beruhigt mich, wenn ich an das 34. Kapitel des Romans „Doktor Faustus“ von Thomas Mann denke. Eine hochentwickelte Rechtsgemeinschaft sollte es nicht riskieren, Kultbegriffe aus frühen Rechtsgemeinschaften zu übernehmen, warnt der „Jahrhundertschriftsteller“. Die Folgen seien unkalkulierbar und könnten zur Selbstzerstörung führen. Just diese ist das Thema des Romans, der in der Emigration begonnen wurde, weil sein Autor sich vor der Selbstzerstörung seines deutschen Vaterlandes durch wildgewordene Horden des Nationalsozialismus retten musste. Nach Max Weber gilt für Politiker eine Moral der Verantwortung, sie müssen die Konsequenzen ihrer Handlungen bedenken. Moralische Selbstgewissheit, wie Individuen sie sich leisten dürfen, weil sie nur für ihr eigenes Leben einstehen, ist Politikern nicht einzuräumen. Die weltberühmte Rede, in der Max Weber diese Unterscheidung fixiert, ist vor hundert Jahren in München gehalten worden. Thomas Mann hat seinen Roman vor achtzig Jahren begonnen, am 23. Mai 1943. Sigmund Freuds Aufsatz „Totem und Tabu“ ist vor 110 Jahren veröffentlicht worden. In die Moderne übertragen, ist ein Zusammenhang mit Präsident Putin nicht gegeben. Er bekennt sich als Christ und verantwortet sich vor Gott, den er als Vater anerkennt. Das 'Urverbrechen' des Vatermordes wäre also unseren „Wokisten“ vorzuwerfen, den angeblich Aufgewachten. Sie haben den einen Strang der philosophischen Aufklärung übernommen, der Gottes Tod und auch: Gottes Ermordung, Gottes Abschaffung und Loslösung von unserem Dasein feststellt und fordert. Mit der Abschaffung des Vaters geht das Vaterland verloren, wie es für Thomas Mann und soviele andere verloren ging. Vor den Folgen warnt Hannah Arendt in ihrem Buch über die Ursprünge totaler Herrschaft. Sie zitiert Georges Clemenceau mit den Worten, ohne patrie kein Patriotismus, und ohne Vaterland keine „justice“, keine Gerechtigkeit für jeglichen Bürger, gleich welcher Rasse oder Religionszugehörigkeit. Und mithin keine Demokratie. Das ist der Rückschritt hinter die Erklärung der Menschenrechte. Es ist die Konterrevolution! Wir erleben gerade, was das bedeutet. Ungleichheit vor dem Gesetz. Oder wagt es jemand, sich zu einer der missliebigen Parteien zu bekennen? Keinerlei parlamentarische Zusammenarbeit mit gewählten Abgeordneten. Die Tötung von gewählten Präsidenten darf geplant werden, wenn es ein Präsident der Russischen Föderation ist. Wahlen dürfen ignoriert werden, wenn das Resultat unerwünscht ausfällt. Weltherrschaftswahn wird als selbstverständliche Bürgerpflicht ausgelobt. Clemenceau kämpfte für das Recht eines jeden Franzosen, sich auf den Schutz geltender Gesetze zu berufen. Verweigere man diesen Schutz dem einen Juden Dreyfus, der wegen angeblichen Landesverrats vor Gericht stand, so verweigere man ihn allen. Um Clemenceau geht es Clemenceau. Um uns. Doch sind wir nicht schon Vaterlandslose? Die Fußballmannschaft der Herren, die in Quatar um einen Titel in der Weltmeisterschaft kickte und verlor, hat nicht für Deutschland gespielt. Ausdrücklich war es ihr um die weltweite Verbreitung ihrer Gesinnung zu tun. Und seither demonstriert diese Fußballmannschaft in jedem Spiel, dass sie nicht für uns aufläuft, ihre Mitbürger und Landsleute. Jeder für sich und Gott gegen alle? Ja, ich sehe einen religiösen Bezug! „Oh, island in the sun/Willed to me by my father's hand...“, sang Harry Belafonte, der für Menschenrechte und die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz demonstriert hat. Willed to ist, im Gegensatz zum Urverbrechen, ein geltender Rechtsbegriff. Gemeint ist eine feierliche Übereignung. Was für ein Vater ist wohl gemeint, wenn es um die Übereignung einer ganzen karibischen Insel geht? Für unsere Machthabenden aber gibt es den Vater nicht, an den zu denken wohl möglich wäre. Er ist mehr als tot: vergessen.

Mittwoch, 19. Juli 2023

Die einen so, die anderen so!

Logisch fern, logisch nah! Logisch! Einen Anspruch Russlands auf die von seinem Militär kontrollierten Gebiete der Ukraine hat China nicht anerkannt. Für China gehört die Krim nach wie vor zur Ukraine, ebenso die Gebiete, die sich für selbständig erklärt haben, wie Donetsk, Luhansk und andere. Das erläutert Prof. Victor Gao, der Mediensprecher der Kommunistischen Partei Chinas. Es ist der offizielle Standpunkt Pekings. Er beinhaltet, dass Peking die Ukraine nach wie vor in den Grenzen, wie sie vor dem russischen Einmarsch bestanden, anerkennt. Als Mitglied der Vereinten Nationen und durch deren Satzung geschützt. Die Position Pekings ist grundsätzlicher Art und gilt für alle Fälle, in denen Teile eines Staates sich von diesem lossagen wollen. Die Basken gegen den spanischen Zentralstaat zu unterstützen, oder Schottland gegen Großbritannien, oder das Kurdengebiet gegen Syrien undsoweiter, kommt für Peking nicht in Frage. Dass dort Gegensätze bestehen, ist klar. Peking leugnet es nicht.Was Peking ganz entschieden leugnet, ist der Nutzen, den einzelne Mächte und Machtgruppierungen sich von militärischen Lösungen versprechen. China setzt sich daher gegen Waffenlieferungen an eine der Konfliktparteien ein. Was Peking empfiehlt, ist die Aufnahme diplomatischer Verhandlungen mit dem Ziel politischer Lösungen. Auch der Krieg in der Ukraine müsse auf politischem Wege beendet werden, bevor er noch mehr Opfer fordert oder gar zum Weltkrieg eskaliert. Logisch! Plus 1. Es gibt zwei Kriegsherrinnen, die vehement für die Fortsetzung des Krieges eintreten, bis eine der Parteien sich geschlagen gibt. Das ist einmal die Vertreterin unserer deutschen Außenpolitik, zum anderen die Vorsitzende der Kommission der unionierten europäischen Staaten. Beide haben der Ukraine Hilfe jeder Art, auch militärische, für unabsehbare Zeit zugesagt. Unabsehbar ist die Zeit deshalb, weil es nicht nur um die Niederlage Russlands geht, sondern auch um den Wiederaufbau der Ukraine. Beide Projekte sind überaus profitabel. Zuerst wird am Waffenverkauf verdient, danach an der Beseitigung der Zerstörungen. Nichts könnte logischer sein als diese Überlegung. Allerdings gibt es zwei sehr wesentliche Hindernisse für den erhofften Erfolg. In verschiedenen Weltgegenden haben Kriege dazu geführt, dass die Sieger das Feld fluchtartig räumen mussten. Das bekannteste Beispiel dürfte Vietnam sein, das jüngste Afghanistan. Die Kosten waren zu hoch und die Trotzreaktionen der Bevölkerung unkontrollierbar geworden. Wir Deutschen dürfen gewiss auch an Mali denken. Militärische Interventionen bergen anscheinend schwer kalkulierbare Risiken. Dennoch halten unsere Kriegsherrinnen daran fest. Eine jüngst veröffentlichte China-Strategie der Bundesregierung, ausgearbeitet von unserem Außenamt, hält die Friedenspolitik der Chinesen für ein langfristiges Risiko. Dass Peking sich dagegen wehre, eine Partei im Ukraine-Konflikt mit deutscher Nachhaltigkeit zu unterstützen, sei nicht hinnehmbar und müsse geändert werden. China habe sich gegen Russland und für die Ukraine zu erklären. Ferner habe China sich deutscher Auslegung von Menschenrechten zu fügen. Basta! Logisch! Plus 2. Die Medienbetreuung dieser schwer wiegenden Thematik geht dahin, unverdrossene Kriegsbegeisterung zu fordern. Misserfolge seien vorübergehend. Der Erfolg werde sich einstellen. Da erstere auffallender sind als letztere, breitet sich Argwohn aus. Kann es sein, dass wir unzureichend informiert werden? Es wird allmählich von mehr und mehr Menschen für möglich gehalten. Dagegen setzen unsere Medien die Meldung, dass staatsfeindliche Propaganda unsinnige Verschwörungstheorien verbreite. Achtung auch vor Feindpropaganda. Feind hört mit! Achtet genau auf alles, was in eurer Umgebung geredet wird. Meldet Verdachtsfälle dem Amt für Verfassungsschutz! Unser Gegner ist nicht, wie wir, gutartig von Natur. Er ist anlagemäßig bösartig und geneigt zu Grausamkeiten schrecklichster Art! Wir führen Krieg! Und wir lassen nicht nach! Da erreicht uns ein Basta von jenseits des Atlantik. „US nicht bereit zum Krieg mit Russland – Washington wünscht keine direkte Konfrontation mit Russland und ersucht Kiew („wants Kiev to“) seinen Konflikt mit Moskau zu beenden, bevor es der NATO beitritt.“ Schuldenfinanzierte Kriege haben, wie sich zeigt, nicht nur die Infrastruktur der Gegner zerstört, auch eigene Brücken, Straßen, Bahnlinien. Gerade heute wird wieder die Entgleisung eines 15 Waggons langen Güterzuges in USA gemeldet. Außer der gegnerischen Bevölkerung ist auch die eigene argwöhnisch geworden. Es liege an zunehmender Vergiftung der Bevölkerung mit fake news, Lügenmeldungen, wird auch dort gesagt. Wahr ist falsch und falsch ist wahr. Und wem davon schwindlig wird, hört gar keine Nachrichten mehr. Die streaming Dienste bieten soviel, was uns freut! Freue sich, wer kann! Logisch, oder?

Freitag, 14. Juli 2023

Unsere Werte. Aber welche?

I AM BEAU TIFUL So hat mich tagelang ein mannshohes Plakat von Bushaltestellen aus angesprochen. WEIL ICH ZU 100 % AUS NACHHALTIGEM MATERIAL BESTEHE Die Rede ist vom Pommesbecher eines Burger-Vertreibers. Doch die Botschaft geht weit darüber hinaus. Nachhaltigkeit an sich wird gepriesen. Auch angepriesen. Und plötzlich ging mir auf, weshalb wir Deutschen die Lieferung von Streubomben an die Ukraine unterstützen. Diese Bomben sind nachhaltig! Noch Jahrzehnte nach ihrem Abwurf haben nette kleine, ausgestreute Blindgängerlein Kindern in Laos die Beinchen zerfetzt. Auch anderswo hat diese ganz besondere Streu sich bewährt. Wenn etwa ein Bauer in Afghanistan oder Pakistan oder in einem anderen fernen Land nicht aufs Feld musste, sondern zuhause bleiben durfte: Tausende der kleinen Schätzchen können halt nicht leicht und vor allem nicht – ja: nachhaltig!! - entsorgt werden! Da wird Feldarbeit zu einem Risiko, das nach Kosten-Nutzen-Erwägungen nicht mehr lohnt. Ernten fallen auf lange Zeit aus! Ist das ein Erfolg?! Wow! Das Pentagon verfügt über riesige Vorräte solcher Streubomben, es hat mehr davon als sonst irgendjemand. Das berichtet die New York Times, die ich als tüchtige Propagandistin für Bidens USA kenne. Dieser Artikel ist freilich kritisch. Auch kritische Analysen finde ich manchmal (immer seltener) in dem Blatt. Bei uns finden vergleichbare Analysen weder in den Medien noch in den Parteien statt. Wir bekommen es mit moralischen Erwägungen zu tun und erfahren voller Erleichterung: Eigentlich sind wir gegen Streubomben. Nur eben ausnahmsweise dafür, wenn wir unserem wichtigsten Verbündeten „nicht in den Arm fallen“ möchten. Aber solange man prinzipiell die gemeinsamen Werte teilt... Vielleicht geht es gar nicht um Werte. Nur nicht um moralische, eher um die anderen. Wie lange töten wir und wie sieht es mit den Kosten aus? Nun, wir selbst bezahlen für die Herstellung der Waffe ermutigend wenig, sie kommt uns billig – und nur indirekt teuer. Ganze Regionen verarmen und suchen dann bei uns, ihren zuverlässigen Freunden, Unterstützung. Als Migranten zum Beispiel. Falls sie die Flucht schaffen. Und sich überhaupt wieder heim trauen. Manchen gefällt es bei uns besser, denn bei uns liegen keine Streubomben. Aus gutem Grund, wir sind aus moralischer Selbstgewissheit dagegen! Es ist unser Prinzip!

Freitag, 7. Juli 2023

"...Es ist ein altes Stück..."

Heute früh im TV in eine Diskussion über die "Unruhen" in Frankreich reingehört. Meine Frau machte mich aufmerksam, dass ich den ehrlichen Begriff Anarchie dafür nicht verwenden sollte. Anarchie heißt ja wohl Herrschaftsfreiheit und nicht Gewalttätigkeit. Überprüfte daraufhin Übersetzungen der Antigone von Sophokles. Roman Woerner übersetzt: "Viel sind der Wunder, keines doch/Wundernswürdiger als der Mensch.../Mit Witz und Geschicklichkeit schlägt er den bösen bald/Bald wieder guten Weg ein./Und hält er hoch Heimatsitte,/Schwurgetreu heilgem Recht,/Blüht sein Staat! Doch staatenlos ist, in wessen Brust/Empörung wohnt, trotzger Mut./Niemals werd mein Hausgenoß,/Noch heiße, je mir gleichgesinnt, wer sich so zeigt!" Rudolf Schottlaender übersetzt: "...Sein meisterlich findiger Geist/Braucht Künste, die keiner geahnt,/Zum Bösen heute, zum Guten morgen./Verflicht er drein/Landesbrauch/Und, eidverbürgt,/Götterrecht,/Ragt er im Staat - er verliert ihn, wenn er, Unedlem hold,/Verwegen trotzt./Möge nie/An meinem Herde sitzen, nie/In Eintracht mir verbunden sein,/Wer so handelt." Hölderlins Übersetzung zitiere ich nicht, seine Werke sind leichter zugänglich. Hannah Arendt meinte, sie sei die schönste, ich meine mich jedoch zu erinnern, dass sie am meisten vom Anfang begeistert war, der allerdings wow ist. Naja, immerhin, Hölderlin! Schadewaldt hat auch eine Übersetzung gewagt, die musste ich bestellen. Scheint mir auffallend, die Aktualität. Das Stück ist doch wohl ca zweieinhalbtausend Jährchen alt!

Mittwoch, 28. Juni 2023

Sensibelchens Schrecken

Das Bundesministerium des Innern und für Heimat hat als Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung eine Broschüre herausgegeben, deren Redaktion das Bundesamt für Verfassungsschutz besorgt hat. Es ist der Verfassungsschutzbericht 2022, er wurde dem zuständigen Ministerium am 20. Juni übergeben. Die Broschüre wird kostenlos abgegeben, während eines Wahlkampfes darf sie nicht zum Zwecke der Wahlwerbung verwandt werden. Ich habe diese Broschüre soeben auf meinen PC heruntergeladen. Zusammenfassungen sind seit gestern veröffentlicht worden. Sie besagen, dass China Rückständigkeiten ausgleicht, indem es durch Investitionen in unsere Unternehmen Zugriff auf Patente erwirbt. Die Angst ums intellektuelle Eigentum wird vor allem in USA geäußert und dort womöglich mit mehr Recht. Sie sind halt sehr weit gekommen im silicon valley. Interessanter finde ich, dass das zuständige Ministerium zwar "für Heimat" zuständig und um sie besorgt ist, es den Russen aber keine Sorge dieser Art zugesteht. Wer Russland eine Darstellung seiner Sicherheitsbelange abnimmt oder sie gar verbreitet, übernimmt russische Propaganda und gefährdet allein schon damit unsere Demokratie. Bezüglich des Konflikts um die Ukraine sind allerdings China, Indien, große Teile Afrikas, des Mittleren Ostens, Lateinamerikas, und der karibischen Anrainer der Auffassung, dass russische Sicherheitsinteressen ebenso zu berücksichtigen sind wie etwa unsere deutschen. Zwei Drittel der Menschheit, vielleicht schon drei Viertel, gefährden demnach unsere Sicherheit! Entlarve ich mich als Sensibelchen, wenn ich gestehe, dass es mich erschreckt? Um mich wieder zu beruhigen, werde ich den gesamten Bericht aufmerksam durchlesen. Er wird mich überzeugen, hoffe und erwarte ich, dass ein Ministerium und ein Amt meine Frau und mich und unsere Bürgerrechte zuverlässig behüten.

Samstag, 24. Juni 2023

Galgenhumor

Die Entchristianisierung halte ich für gegenwärtig die größte Gefahr überhaupt - auch dann, wenn sie sich auf berechtigte Kritik beruft; das tut jede Propagandakampagne. Um meine Position zu bekennen, habe ich mich für "Christ in der Gegenwart" eingeschrieben. Die Zeitschrift präsentiert zwar meines Erachtens mehr Gegenwart als Christ. Immerhin kann ich Leserbriefe schreiben. In eine unserer Landeskirchen einzutreten, die katholische Kirche etwa, würde dem von Kirchenbürokraten beherrschten Machtapparat als Zustimmung erscheinen. Ich stimme denen nicht nur nicht zu, ich missbillige sie, wo ich nur kann. Was ich den drei Päpsten verdanke, die ich erlebt habe, ist hingegen enorm. Alle drei bestätigen unsere Prägung durch die christliche, von humanistischem Erbe geläuterte Tradition. Das über Bord zu werfen, bedeutet ganz klar, was wir ja auch erleben: Willkür ohne Menschlichkeit. There's no accountability anymore. DIE ZEIT fragt in ihrer aktuellen Ausgabe, welche Bücher ich gerade lese. Es sind zwei von Marion Gräfin Dönhoff, eines erinnert an ihre Freunde vom Widerstand gegen Hitler, das andere vom Erbe, das sie von ihnen übernommen hat, und das auch wir nicht vergessen sollten. Sie sind alle religiös gewesen, wie auch ich es bin. Und um nicht zu vergessen, dass Humor ist, wenn man trotzdem lacht: "Es gibt keine Seligkeit ohne Bücher", das eben erschienene Taschenbuch mit Texten von Arno Schmidt. "Eigene Gedanken soll ich mir machen? Davor bewahre mich Gott! Erstens habe ich gar keine, und zweitens, die, die ich habe, taugen auch nicht viel!" Zitiert aus dem Gedächtnis. Nachlesen und selber lachen!

Vor-sicht!

Die Ereignisse überschlagen sich, ich komme mit dem Verarbeiten kaum nach. Bin noch mit der Frage befasst, was die Umarmung des indischen Präsidenten durch Washington bedeutet. Eingefallen ist mir, dass es den Umarmten bisher nicht gut bekommen ist, US-Geschenke angenommen zu haben. Wir Deutschen sind ein gutes Beispiel. Jahrzehntelang haben wir kostenlosen Nuklearschutz durch Washington erhalten und von den Russen billige Energie. USA zerstörten unsere Konkurrenzfähigkeit. Ähnlich erging es Japan schon etliche Jahrzehnte zuvor, ihre Autos waren längst billiger auf den Weltmärkten als die amerikanischen. Die japanische Wettbewerbsfähigkeit wurde so nachhaltig beschädigt, dass das Land bis heute überschuldet ist. Die Chinesen haben über mindestens zwanzig Jahrer davon profitiert, dass ihre Exporte nach USA stiegen und stiegen. Jetzt wollen die USA um jeden Preis - jeden, scheint mir - China einen Krieg aufzwingen, der das Land nötigt, seine Defensivrüstung hochzufahren. Folgerung: Wenn Indiens Wirtschaft so rasant weiterwächst wie bisher, wird Indien in fünf-zehn Jahren Konkurrent der USA sein und Gleichberechtigung fordern. Verletzung von Menschenrechten wird jetzt schon angeklagt, Washington wird seine Rolle als deren Wächter wieder so vehement betonen wie jetzt gegenüber Peking. Gut für Washington, dass niemand in Delhi so schlau ist wie ich und den Zirkel durchschaut!

Samstag, 17. Juni 2023

Abschied von Elis K.

Abschied 14.06.2023: 01.05 ist ihre letzte Mail an mich datiert. „Beinahe hätt' ich's vergessen: Ich habe morgen (Mi) einen Termin beim Hausarzt und zwar um 11 Uhr, da werde ich also um ca. 10 Uhr 30 das Haus verlassen. Lieben Gute-Nacht-Gruss!“ Sie hat mir das noch in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch mitgeteilt, bevor sie zu Bett ging. Sie wusste, dass ich jeden Morgen von ihr eine Mail erwarten durfte, so, wie ich meinerseits sie täglich vormittags und abends anrief. An diesem Mittwochmorgen aber wusste ich ja nun, dass sie beim Hausarzt war, und rief nicht zurück, denn ich hatte zu tun. Gegen Mittag allerdings rief ich sie an und war sicher, sie würde sich melden. Da ihr AB sich einschaltete, nahm ich an, sie habe nach dem Arztbesuch noch Besorgungen gemacht. Jedenfalls würde ich dann eine Mail vorfinden mit Einzelheiten über den Arztbesuch. Doch mein Server zeigte keine Mail an! Nun wurde ich ärgerlich und sprach auf ihren AB, sie möge sich doch bitte endlich melden! Abends antwortete auf meinen Anruf noch einmal ihr AB. Ich wurde sauer: Das sei nicht komisch! Ich sei beunruhigt. Und das war ich. Hatte der Arzt sie ohne weiteres per Sani ins Krankenhaus verfrachten lassen? Falls es so war, konnte es schwierig für sie werden, sich an unsere feste Abmachung zu halten, jeden Tag irgendwie Nachricht zu geben. Das war schon einmal passiert, da hatte sie dann eine Schwester gebeten, ihre Nichte und mich anzurufen. Am Donnerstag noch immer keine Mail! Ich rief gegen 9 Uhr die eingespeicherte Nummer an und hörte wiederum den AB. Da stimmte etwas nicht. Um 10 Uhr mein zweiter Anrufsversuch. Wieder der AB. Nun suchte ich im Internet die für ihren bayerischen Wohnort zuständige Polizeiwache heraus. Mein Vertrauen in die Abmachung unbedingter gegenseitiger Benachrichtigung sei in Jahren gefestigt. Etwas könne nicht stimmen. Ich nannte ihren Namen und die Adresse. Er fragte nach Einzelheiten, die ich im Moment nicht gleich zusammen brachte. Der Beamte war freundlich. Er verstand, dass ich Angst hatte. Etwa eine Stunde später rief er mich an. Sie seien hingefahren und hätten, als nach etlichen Versuchen durch lautes Klingeln und Klopfen nicht geöffnet worden war, die Tür aufgemacht und die Wohnung betreten. Sie hätten die Dame leider tot vorgefunden. Nach meinem ersten Schrecken fragte ich: „Wie vorgefunden?“. In ihrem Bett liegend, sagte er. Sie sei offenbar friedlich eingeschlafen. Es war eine schlimme Nachricht. Erst während der Nacht auf Freitag, als ich kummervoll wach lag und um Trost betete, ging mir auf, wie dankbar ich sein durfte. Sie hatte mir vertraut und ich ihr. Sie hatte nicht tagelang unbemerkt in der Hitze gelegen. Sie hatte gelegentlich befürchtet, dass so etwas passieren könnte. Das hatte ich verhindert. Ihr “alter mike“, wie ich mich manchmal nannte, hatte rechtzeitig eingegriffen. Es war das happy-end einer Geschichte, die vor sechzig Jahren begonnen hat. Als 22jähriger Redaktionsvolontär machte ich für die Lokalzeitung eine Reportage über aufstrebende Unternehmen, upstarts nennt man sie heute. Elis demonstrierte in einer Tanzschule als Partnerin des Chefs vor den Augen neugieriger Adepten, was für Schritte bei diesem oder jenem Rhythmus zu lernen sind. Das machte sie leichthin und elegant. So etwas konnte ich nicht. Sie gefiel mir. Einen Tag später kreuzte ich noch einmal auf und sah sie vor dem Eingang der Tanzschule. Sie stand da so ungezwungen, dass ich spontan sagte: „Sie sind für mich der Inbegriff mädchenhafter Anmut.“ Es schien ihr nicht zu missfallen, und so fügte ich kühn hinzu: „Wie schade, dass ich Sie nicht wiedersehen darf.“ Warum denn nicht? „Na, Sie sind die Partnerin eines offenbar wohlsituierten jungen Unternehmers. Ich bin nur ein Volontär mit sehr kargem Gehalt. Da darf ich es nicht wagen, Sie ihm streitig zu machen.“ Sie antwortete, sie tanze nur mit ihm vor, wenn er eine Partnerin brauche, es gebe sonst nichts zwischen ihm und ihr. Wir haben uns wohl über ein halbes Jahr lang mehrmals wöchentlich an den Abenden getroffen. Schließlich trennten sich unsere Wege – auch räumlich. Doch vergessen habe ich das bezaubernde Mädchen nie. Schade, dass ich hier nicht gut ein Bild von ihr posten kann (Persönlichkeitsschutz). Sie war süß. Und jetzt kommt, was ich kaum hinzuschreiben wage, so unwahrscheinlich klingt es. Auch ich bin von ihr nicht vergessen worden. Wenn in Medien von mir berichtet wurde, nahm sie das wahr und dachte an mich. Schließlich geschah etwas, das ich als ein Wunder erlebt habe. Ich hatte das frühe Erlebnis mit ihr in einem Roman erwähnt, aus dem ich in einer fremden Stadt öffentlich vorlas. Erst um Mitternacht kam ich heim. Am nächsten Morgen klingelte das Telefon. Eine weibliche Stimme. Sie war es und konnte nun ihrerseits kaum glauben, dass ich erst am Abend zuvor ihren Namen – wenn auch verfremdet – genannt hatte. Doch ein Wunder sei es nicht. Sie habe immer mal anrufen wollen, doch im letzten Moment stets gezögert. Diesmal habe ihre Courage halt ausgereicht. Stimmt schon, an Wunder glaubte sie nicht. Überhaupt nicht an diejenigen, die ich, wie sie wusste, meine Oberen nenne. Und doch ist es kaum zu fassen, wie wir seither unsere Beziehung ausgebaut haben. Elis K. ist außer meiner unvergessenen Jugendliebe auch meine hochgeschätzte Künstler-Kollegin. Die Umschläge („Cover“) meiner selbstpublizierten Romane sind alle von ihr gestaltet. Und sie hat bis ganz zuletzt meine kleinen Texte, die ich als Blogger oder auf Facebook anbiete, kritisch kommentiert. Auch meine neuliche Klage über den Tiefstand unserer Medien. 14.06.2023 00:31 ist ihre vorletzte Mail an mich datiert. „Lieber Mike, ist etwas am Tiefstand angekommen, kann es doch nur noch besser werden, sagt man. Wir wünschen es uns. Mein Lieber, schlaf gut!“ Hinzugefügt hat sie „K&U!“, das ist ein Geheimcode zwischen uns. Er bedeutet, dass niemand außer uns beiden gemeint ist. Komme gut an, Liebe! Meine Gebete begleiten dich. K&U!

Dienstag, 13. Juni 2023

Gespart

Marion Dönhoffs Rede über die Notwendigkeit des Widerstands hat mich seit einigen Tagen beschäftigt. Die langjährige Chefin einer großen Wochenzeitung meint, bei Zivilcourage komme es auf Mut zu unerwünschter Kritik an, Aufdeckung staatlicher Anmaßung, Misstrauen gegenüber den Mächtigen und den Interessenvertretern, „aber auch auf die Bereitschaft, sich als reaktionär bezeichnen zu lassen, wenn man sich weigert, angeblich progressive Unternehmungen mitzumachen, wozu oft mehr Mut gehört als dazu, die sogenannten Mächtigen anzugreifen. Auch das ist Zivilcourage.“ (Rede in Oxford 1985). Ich habe mich angesprochen gefühlt, weil ich mich weigere, "angeblich progressive Unternehmungen mitzumachen", die ich nicht erfreulich fortschrittlich finde, sondern empörend rückschrittlich, und beschuldigt wurde, ich hätte „rechts angedockt“. Oder gehörte zur erbarmungswürdigen Schar der Träumer, die sich nicht von Willy Brandts Friedenspolitik verabschieden wollen und können. Selbstverständlich ist es kein Zufall, dass ich gerade in diesen Tagen Marion Gräfin Dönhoffs Texte lese, die in dem Band „Zeichen ihrer Zeit“ (Diogenes 2012) gesammelt sind. Der Zustand unserer Medien ängstigt mich, es ist ein Tiefstand. Gerade gestern (12. Juni) war ich zunächst perplex und dann bestürzt, als ich im Fernsehen einen Nachruf auf Silvio Berlusconi hörte. Die Moderatorin befragte einen Korrespondenten, der aus Rom zugeschaltet war. Er sprach nicht deutsch, ein Franzose, und formulierte auch in dieser seiner eigenen Sprache stockend. Die Moderatorin stellte Suggestivfragen, auf die sie bestimmte Antworten zu erwarten schien, die er jedoch nicht geben wollte. Er suchte nach passenden, gleichwohl höflich bleibenden Formulierungen. Herrgott nochmal, Leute! Wir bezahlen den Sendern so unglaublich viel Geld, und sie verschleudern es derart ungeniert, wie wir im RBB sehen, und nicht nur dort, und gleichwohl leistet sich diese Plattform keinen deutschen Korrespondenten in einer europäischen Hauptstadt?! Welche Informationsquellen nimmt man uns noch weg?

Sonntag, 4. Juni 2023

Kein Aas hat sich erschreckt?

Kein Aas hat sich erschreckt Mein Kommentar zur neuerlichen Erhöhung der Schuldenobergrenze, die laut NYTimes zu einem noch viel erschreckenderen Anstieg der US-Schulden führen muss: Schuldenfinanzierte Kriege hat das antike Rom geführt. Söldnerheere wurden eingekauft. Den Überlebenden wurden Bürgerrechte versprochen. Wir versprechen EU-Beitritt. Washington wünscht NATO-Beitritt. Interessantere Parallelen aus unserer deutschen Vergangenheit drängen sich mir auf. Ich hatte ungenau aus dem Gedächtnis zitiert: "Wir werden alle in den großen Sack gesteckt, kein Mensch hat sich erschreckt." Habe nachgeschlagen. Zitiert ist ein Chanson aus Friedrich Hollaenders Singspiel "Spuk in der Villa Stern", von 1931: "Ihr alle werdet in den bösen Sack gesteckt! Huhu! Hihi! Wauwau! Kein Aas hat sich erschreckt!" Um mich selbst ein wenig darüber hinweg zu trösten, dass es bei uns zugeht wie im alten Rom, habe ich ein Gedicht gesucht und die Zeile, an die ich mich – wieder etwas ungenau – erinnerte, auch gefunden: „Leben wie ein Baum, einzeln und frei // doch brüderlich wie ein Wald, // das ist unsere Sehnsucht.“ Nazım Hikmet, türkischer Dichter

Dienstag, 23. Mai 2023

Kampfbegriffe

Unsere Medien borgen sich immer häufiger Propagandaformeln des Dritten Reiches für ihre Kommentare aus. So spricht ein Kommentator der WAZ (Westdeutsche Allgemeine) von einem „totalen Krieg“, den Putin führe. Weshalb der Präsident der Russischen Föderation auf die Kopie ausgerechnet der Politik verfallen sollte, die insbesondere in und an Russland gescheitert ist, weiß der Kommentator: „Der Hass auf den Westen treibt den Kremlchef an“. Also Leute, was immer Putin antreiben mag, der Kommentator kann es nicht wissen. Sehr wohl wissen kann die Redaktion, was den „Leopard“ antreibt, den Schützenpanzer. Ohne Getriebe einer Augsburger Firma rollt kaum ein Panzer durch Europa, lesen wir – und dürfen es wohl auch glauben. Fast eine volle Seite wird dem Thema gewidmet. Annähernd ebenso umfangreich ist ein Beitrag, der mich lebhaft an meine Erfolge als junger Redakteur bei der Grünen Presse erinnert. „Liebt Prinzessin Anne ihren Piloten noch immer?“ und ähnlich. Die WAZ heute: „Bachmut – wirklich ein Sieg für Putin? Die ostukrainische Stadt scheint erobert. Doch das Blatt könnte sich für Russland bald wenden“. Tja. „Leicht beieinander wohnen die Gedanken, doch hart im Raume stoßen sich die Sachen.“ Friedrich Schiller, Wallensteins Tod, 2. Akt, 2. Aufzug. Die Erkenntnis an sich ist also nicht ganz neu. Immerhin durch einen unserer Klassiker zu belegen. Weniger seriös erscheint mir die Verarmung von Begriffen, der wir neuerdings so oft begegnen. Die WAZ heute auf ihrer Titelseite: „NRW sagt Kinderarmut Kampf an“. Direkt daneben „Kämpfe um Bachmut dauern laut Ukraine an“. Der Begriff „Kampf“ wird so von Bedeutung entleert, meine ich, denn in dem einen Fall geht es um die Ausbildung Minderjähriger, daneben um Krieg, sogar um einen totalen. Ausbildung ist wichtig, folgere ich. Auch für Redakteure.

Sonntag, 21. Mai 2023

Ein Leben, zwei Versuche

Vor mir liegt die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom gestrigen Samstag. Die Seite eins wirbt mit der Schlagzeile G-7-Staaten wollen Russland mit Sanktionen "aushungern". Bei der Drohung handelt es sich um ein wörtliches Zitat. Russen auszuhungern ist noch zu meinen Lebzeiten vom deutschen Staat versucht worden. In der Millionenstadt Leningrad wäre es fast gelungen. Die Einwohnerzahl konnte erheblich reduziert werden (auf 300000, aus dem Gedächtnis, steht im Geschichtsbuch). Dass es zu meinen Lebzeiten wiederholt und beifällig kommentiert werden könnte, habe ich nicht für möglich gehalten. Die FAZ habe ich längst abbestellt, doch diese Ausgabe werde ich als Zeitzeugnis meinem Archiv beifügen. Sollte ein Nachfahre darin stöbern und diese Seiten - vor allem die EINS - finden, wird er sich fragen, wie wir als die Zeitgenossen wohl reagiert haben. Vorsorglich bemerke ich, dass individuelle Proteste sinnlos waren und die Opposition entweder schweigt oder entmachtet ist. Herzschmerzen sind nur ein Symptom, kein Protest.

Montag, 15. Mai 2023

Brief an meine Abo-Zeitung

Meinhard Greydt, "Nicht von dieser Welt". Jean Améry teilt in seinem Buch "Jenseits von Schuld und Sühne" mit, dass im Nazi-KZ Auschwitz zwei Gruppen sich als überlebensfähig erwiesen, Kommunisten bzw. Marxisten sowie Christen bzw. Gottgläubige. Marxisten diskutierten weiter über die barbarischste Form des Imperialismus, einfachere Kommunisten sagten einfach: Die Sowjetunion muß und wird siegen. Gottgläubige hielten die von ihrem Bekenntnis geforderten Riten ein, so Juden den Sabbath, und ein polnischer Priester, der keine moderne Fremdsprache beherrschte, blickte traurig einem besonders üblen Schergen nach und sagte auf Lateinisch: "Des Menschen Wille geht zum Bösen" - womit er auf die Erbsünde Bezug nahm, die von Intellektuellen als instrumentelle Vernunft bezeichnet wird. Der junge Priester habe hinzugefügt: "Aber Gottes Güte ist unermesslich und wird siegen". Beide Gruppen hätten auf die gute Zukunft jenseits der schrecklichen Gegenwart hin gelebt und überlebt. Nachdem Améry in den Freitod gegangen war, sprach man von einer frühzeitig bei ihm aufgetretenen Depression; doch das kann dem Wissenschaftler und großen Schriftsteller Primo Levi niemand nachsagen, und auch er wählte den Freitod, beide nach der Befreiung und trotz bedeutender Erfolge. Sowohl Améry wie Levi bekannten sich als aufgeklärte Intellektuelle, daher Atheisten, und Améry hinterlässt aus Auschwitz den Erfahrungswert, dass aufgeklärter Humanismus dort nicht leben half. Gerade in unserer Zeit eines von instrumenteller Vernunft angesagten menschheitsbedrohenden Weltkrieges sollten wir die Folgen dessen, was Theologen die Erbsünde nennen, Vernunft ohne Empathie, nicht kleinreden. Das Versprechen, "Ihr werdet sein wie Gott", ist KEIN Erfahrungswert!

Montag, 8. Mai 2023

Eva's Apfel

Die aktuell gefährlichste Art der Selbstzerstörung ist für uns alle der hoffnungsvolle Gebrauch dessen, was Philosophen als instrumentelle Vernunft bezeichnen – Theologen sprechen von der Erbsünde. Philosophen meinen den Gebrauch der rationalen Fähigkeiten ohne Empathie, Theologen Triebverfallenheit ohne Berücksichtigung von Gottes Gebot. Die populäre Überlieferung der Erbsünde spricht davon, dass der erste Mensch sich von seiner weiblichen Partnerin verführen ließ. Das beantworten wir mit einem Lächeln und viel Verständnis. Wir vergessen darüber das für uns noch immer, und heute erst recht, weit bedeutendere Versprechen, das den Menschen gemacht wurde: Falls sie es über sich brächten, von der verbotenen Frucht zu essen, würden sie sein wie Gott. An Gottes Stelle setzen sich diejenigen, die ihre eigenen Regeln setzen. Sie bedienen sich der instrumentellen Vernunft, um Vernichtung und Verwüstung über ihre Gegner zu bringen. Nur so, glauben sie, erlangen oder erhalten sie ihre gottgleiche Macht. Sie wollen sein wie Gott. Gerade in unserer deutschen Geschichte gibt es dafür ein Beispiel. Wir hatten einen Staatslenker, der noch in den Tagen seines Niedergangs göttliche Verehrung durch uns Deutsche für möglich hielt. Er wollte auf dem Münchener Königsplatz in einem Marmorsarkophag aufgebahrt werden. Eine Ewige Flamme sollte von einer Ehrenwache der SS geschützt sein. Viel Volk würde an der Gedenkstätte beten. Das tatsächliche Ende dieses Versuchs wirkt nicht etwa abschreckend. Im Gegenteil. Auch unsere Staatslenker – alle, zu denen wir uns, wie einst, wieder mit leidenschaftlicher Hingabe bekennen, verlangen von aller Welt, dass nur unsere Auslegung allgemein anerkannter Regeln übernommen zu werden hat. Berücksichtigung von lokalen Umständen in Ausnahmefällen. Ansonsten gilt, die Rechnung ist ohne Abzug zu begleichen. Folgen, so furchtbar sie oft gewesen sind und noch sein könnten, seien als Kollateralschäden hinzunehmen. Wo gehobelt wird, fallen Späne. Fallen Menschen, Tiere, Ernten. Es ist die Erbsünde. Sie besteht nicht darin, dass wir Männer die uns von Gott gegebenen Partnerinnen immer wieder so verführerisch finden.

Donnerstag, 27. April 2023

Hello nukes!

Im real existierenden Kommunismus haben Greise regiert, Breschnew und Andropow, in den Satellitenstaaten Ulbricht und dann Honecker usw. Aber auch Mao in China war sehr sehr alt und der bedeutende Chu-en-lai ja auch! Sie legitimierten ihren Machterhalt, indem sie ihre Gegner als Teufel darstellten. Der Kommunismus ist implodiert. Jetzt befinden sich in den USA zwei Greise in erbittertem Wahlkampf. Sie bezeichnen ihre Gegner als Verkörperungen des Bösen. Unsere Regierung ist sicher, dass der real existierende Kapitalismus dabei gedeiht. Beeindruckt war ich von einer Äußerung Donald Trumps. Während meiner Regierungszeit, sagte er etwa, hat niemand von "nukes" gesprochen, Atomwaffen waren kein Thema in USA. Jetzt sind die Nachrichtensender Tag für Tag mit der Frage beschäftigt, ob wir einen Atomkrieg bekommen. Das ist auch bei uns in Europa so - und mir fiel ein, dass Trump keinen einzigen Krieg geführt hat, nicht einen. Darf ich das eigentlich sagen? Nun, es ist Tatsache. Doch Tatsachen sind unpopulär und machen verdächtig. Bye-bye facts, hello nukes!

Sonntag, 16. April 2023

Mehr Angst als Vaterlandsliebe

Und die Antwort ist …? Unseren Gesprächspartnern ist es ein Rätsel, weshalb wir Deutschen und Europäer uns in die Kriege der USA verwickeln lassen. Die auf der Hand liegende Antwort, dass „wir“ den großen amerikanischen Markt nicht verlieren wollen, führt nur zu einer neuen Frage: Wir möchten den US-Markt beliefern, doch die US-Wirtschaft gewiss auch den großen Markt Westeuropas! Das Argument reicht aus, um Respekt auf Augenhöhe einzufordern. Warum tun wir es nicht, sondern ordnen uns unter? Der vielzitierte militärische Schutzschirm! Glaubt jemand, dass die Streitkräfte der Russischen Föderation NATO-Länder je angegriffen hätten? Das ist nie geschehen! Wie also lautet die Antwort auf die meistgestellte Rätselfrage? Vor zehn Jahren empfahl ein bekannter US-Publizist seiner Regierung, die Erfahrung mit der geglückten Machtübernahme der Ukraine so bald wie möglich in Russland zu wiederholen. Die Stellung Präsident Putins sei schwach, wie es die Stellung des demokratisch gewählten ukrainischen Präsidenten gewesen war. Wegen der wirtschaftlichen Probleme habe Ukraines Janukowitsch durch den US-finanzierten Jazenjuk ersetzt werden können, ähnlich könne man Putin beseitigen lassen. Den Nachfolger des Ukrainers in Kiew zu installieren, habe fünf Milliarden Dollar gekostet, Russlands Putin wegzuputschen komme womöglich sogar billiger. Zahlreiche Quellen verraten uns, dass die USA sich selbst als die weit überlegene Weltmacht betrachten. Diese hohe Position erlaube einzig von Washington aus globalen Überblick. Die USA seien daher zur Führung der Welt berufen und auch verpflichtet. Wer sich nicht füge, müsse gezwungen werden – zum Besten aller. Denn alle Völker ausnahmslos würden nichts sehnlicher wünschen, als unter US-amerikanischen Regeln leben zu dürfen. Das glauben in den USA alle wesentlichen Entscheidungsträger tatsächlich, wie aus einer Quelle hervorgeht, die ich erst gestern beim Ordnen meines Archivs gefunden habe. Die Überzeugung ist nicht nur medial vorgeschrieben, sie wird von vielen geteilt. Es ist daher sowohl unserer Bundeskanzlerin Merkel wie nach ihr dem Kanzler Scholz und anderen westlichen Staatslenkern klar gemacht worden, dass sie auf den unabänderlichen Kurs Washingtons einschwenken – oder sich andere Verbündete suchen mussten. Kanzlerin Merkel hatte zu akzeptieren, dass die Minsker Friedensabkommen niemals die Billigung der USA finden würden. Scholz hatte hinzunehmen , dass die Nordstream-Pipelines gesprengt wurden. Ein Verzicht der USA auf die Ukraine stand nie zur Debatte. Eine Friedensregelung à la Minsk hätten die US-Amerikaner als Feinderklärung betrachtet. Sich zum Feind der USA zu erklären, hat in Westeuropa niemand gewagt. Wie riskant so etwas ist, zeigt die Vernichtung der Reputation Gerhard Schröders. Die globale Allmacht der USA wird von Westeuropas führenden Kräften in Politik und Medien bestätigt. Den Preis bezahlen die Unterworfenen.

Samstag, 15. April 2023

Gewitzt

Ein Tag und zwei Belege Beim Ordnen meines Archivs fand ich unter dem Datum eines einzigen Tages zwei interessante Belege. A. 31. 10. 2021 hat die FAZ berichtet, das militärische Klima habe sich geändert. Der deutsche Verteidigungsetat sei von knapp 24 Milliarden Euro (2005) auf zuletzt mehr als fünfzig Milliarden gestiegen. Und in der vorigen (von damals aus gesehen) Legislaturperiode habe die Steigerung mehr als zehn Mrd. Euro pro Jahr betragen. An exakt demselben Tag vor eineinhalb Jahren erschien ein Interview mit Angela Merkel, in dem sie von ihren Erfahrungen spricht. Als sie Bundeskanzlerin wurde, sei „unser“ Bruttoinlandsprodukt noch größer als das von China gewesen. Gegenüber unseren 2,8 Billionen Dollar BIP hätten die Chinesen nur 2,3 Billionen BPI-Wert in Dollar erwirtschaftet. Daraus seien in den sechzehn Jahren ihrer Regierung bei uns 3,8 Billionen Dollar geworden, bei den Chinesen 14,7 Billionen. Damals, vor eineinhalb Jahren, ist der chinesische BIP-Wert demnach dreieinhalb mal soviel wie unserer gewesen. Angela Merkel empfahl uns Deutschen, aber auch uns Europäern, sehr hart daran zu arbeiten, dass wir unseren Anteil an der globalen Wohlstandsentwicklung halten. Inzwischen dürfte der Abstand noch gewachsen sein. Was tun wir dagegen oder vielmehr, was tun wir für uns? Wir eröffnen uns immerzu neue Möglichkeiten! Der Publizist Henrik M. Broder möchte jetzt nicht nur sein Geschlecht selbst bestimmen können, auch sein Alter! Interessanter Gedanke. Aber längst nicht alles. Aus Gründen, die er uns zunächst verschweigt, möchte er seine polnisch-jüdische Identität ablegen und fortan als Armenier anerkannt werden. Wenn ein biologischer Mann als Frau anerkannt werden soll, ohne sich einer lästigen medizinischen Überprüfung unterziehen zu müssen, so dürfe man die Konsequenzen der Selbstbestimmung nicht leugnen! Der Spaßvogel wird wissen, dass in jedem guten Witz ein sehr ernster Kern verborgen liegt.

Sonntag, 9. April 2023

Ostern heißt uns hoffen

Was wir als Stimmung wahrnehmen. Wir sprechen hier in Duisburg mit Arbeitern, Angestellten, kleinen und mittleren Selbständigen. Sie alle sagen, dass sie keine Nachrichten, ob in gedruckter oder gesendeter Form, in Radio oder Fernsehen oder in Zeitungen, mehr zur Kenntnis nehmen. Der allgemeine Eindruck ist, wir werden von den Medien belogen, von den Politikern verraten, von der Großwirtschaft übervorteilt. Und die Schlussfolgerung bei allen: Wir gehen zu jeder Wahl, damit niemand hinterher behaupten kann, man wolle gar nicht wählen. Da wir aber die Erfahrung gemacht haben, dass unsere Wahl keinerlei Folgen haben wird und haben kann, solange es keine wirkungsmächtige Opposition zur Generallinie aller Parteien gibt, die auf dem Wahlzettel angeboten werden, machen wir unser Kreuz dort, wo unsere Stimme als Protestwahl erkennbar ist. Berücksichtigung unserer noch so berechtigten Wünsche können wir nicht erwarten. Wir können uns nur noch als Opfer von Umständen begreifen, die unserer Beeinflussung entzogen worden sind. Als beispielhaft empfand ich meine eigene spontane Reaktion auf den Kommentar unseres Wirtschaftsministers zum Betrieb der ukrainischen AKW. Ich schrieb einer Freundin ungefähr: „Auch wenn er nicht an Gott glaubt und meint, die Folgen seiner Äußerung vor niemandem verantworten zu müssen – es gibt ein Weltgericht. Die Weltgeschichte ist das Weltgericht. Vor diesem Gericht wird er sich zu verantworten haben – außer es gelingt unseren führenden Kräften, die Weltgeschichte zu beenden. Da sei Gott vor!“