Dienstag, 22. Februar 2022

Familiaria

Mein Opa kämpfte im kaiserlichen Heer gegen Russland und wurde verwundet. Dieser Erste Weltkrieg ging verloren. Ich selbst habe den zweiten Krieg gegen Russland noch erlebt und wurde Flüchtling, auch dieser Zweite Weltkrieg brachte keinen Sieg, sondern die Niederlage. Ich hatte gehofft, einen dritten Welt-Krieg in einer Allianz mit uns Deutschen gegen Russland nicht mehr erleben zu müssen. Er wird ebenfalls verloren gehen. Meine Frau sagt: Unsere Generation hat alles getan, dass es nicht geschieht. Wenn eine wohlstandsverwahrloste Generation verspielt, was wir in unserer Zeit erreicht haben, müssen wir uns keinen Vorwurf machen. Eine Freundin sagt: Man möchte weg. Wohin denn, frage ich. Nach oben, sagt sie und muss lachen.

Freitag, 18. Februar 2022

"Schröder und die deutschen Interessen"

Unter diesem Titel finde ich einen Leserbrief in der heutigen Frankfurter Allgemeinen, ein gelernter Volkswirt meint: Gerhard Schröder wird nicht wegen seiner technologischen Expertise für den Aufsichtsrat von Gazprom nominiert worden sein, sondern wegen seiner Möglichkeiten.Türen zu öffnen und politische Expertise einzubringen. Warum sollte er das zum Schaden Deutschlands tun? Er hat schon einmal bewiesen, dass er das Wohl Deutshlands über sein persönliches Interesse stellt, als er bei der Sanierung unseres Sozialsystems (Hartz IV) sein Kanzleramt aufs Spiel setzte. FAZ Freitag 18. Februar 2022, Seite 20

Mittwoch, 16. Februar 2022

Peitschenschläge

In einem Kommentar (Opinion) der New York Times vom heutigen 16. 02. 2022 wird Präsident Joe Biden gelobt - und zwar mit folgenden Worten: "If Putin backs down, maybe thanks to some face-saving diplomatic formula, the Biden administration will deserve full credit for masterly crisis management: whipping into line our European allies, particularly Germany;" whipping heißt peitschen, wir werden also mit der Peitsche traktiert. Besonders wir Deutschen. Ich fühle mich auch an die Stockschläge erinnert, die in der preußischen Armee noch üblich waren. Heinrich Heine erwähnt es in einem seiner Gedichte. Und an die Peitsche des "Masters" auf dem Rücken der Sklavin, die sich nicht gleich hinlegte. Übrigens habe ich noch nie einen meiner Hunde geschlagen. Wir gelten also der NYTimes weniger als Hunde, sonst hätten sie den Artikel nicht abgedruckt. Fühlt ihr euch wohl als geprügelte Hunde? Als ausgepeitschte Sklavinnen? Ja? Wirklich? Falls ich der einzige bin, der aufmuckt, muss ich wohl gewärtigen, dass ich wie die aufsässigen Rekruten der preußischen Armee Spießruten laufen muss. Die Kameraden bilden eine Gasse, der Delinquent läuft durch und bekommt von allen auf den Rücken, bis er tot ist - oder vielleicht überlebt und beim nächsten Mal gehorcht. Egal, wie der Befehl lautet. Bleibt gesund, auch geistig!

Montag, 14. Februar 2022

Ein Gespräch von Krieg

Ab Zeile 888 Faust 1 BÜRGER Nichts bessres weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei, wenn hinten, weit in der Türkei, die Völker aufeinander schlagen. Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten; Dann kehrt man abends froh nach Haus Und segnet Fried und Friedenszeiten. ZWEITER BÜRGER Ach ja Herr Nachbar, ja, so laß ichs auch geschehn: Sie mögen sich die Köpfe spalten, mag alles durcheinandergehn: Doch nur zu Hause bleibs beim alten!

Sonntag, 13. Februar 2022

"Muss wech"

„Muss wech“. Unter diesem Titel wurde neulich auf die Tatsache reagiert, dass ein früherer Vorsitzender der SPD und Kanzler der Bundesrepublik Deutschland auf einer Liste von Kandidaten steht, die im Juni für den Aufsichtsrat von Gazprom gewählt werden könnten. Parteiausschluss sei noch das mindeste, was zu verlangen sei, ein Entzug der Staatsbürgerschaft jedenfalls zu erwägen. Nun lese ich vor zwei Tagen in der Frankfurter Allgemeinen auf Seite 20, dass der Präsident der russisch-italienischen Handelskammer für den Aufsichtsrat seiner in Moskau ansässigen Unternehmensgruppe den ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi gewann. Auch Matteo Renzi muss daher wohl „wech“, Staatsbürgerschaft und Parteizugehörigkeit sind ihm zu entziehen. Ist für jeden Italiener das mindeste bzw. zu erwägen. Und selbstverständlich „schämt“ man sich für beide. Zu unterstellen ist ihnen amoralische Anstandsferne und widerwärtige Geldgier. Dass die jeweiligen Unternehmen an der Kompetenz der Erwähnten interessiert sein könnten, brauchen wir nicht zu berücksichtigen. Mir fiel zu „Muss wech“ nachträglich der Fall Oskar Maria Graf ein. Als er seinen Namen auf einer Liste der von den Nazis verbotenen Bücher nicht entdeckte, protestierte er wütend. Es sei eine Ehrenliste. Er wurde wunschgemäß ausgebürgert, seine Bücher erschienen auf sämtlichen schwarzen Listen, das Deutsche Volk schämte sich für ihn. Konkret bedeutete das zunächst, er konnte seinen Geburtsort Berg am Starnberger See nicht mehr besuchen, das geliebte Münchener Hofbräuhaus genauso wenig, und auch für das heißest geliebte Münchener Künstlerviertel Schwabing galt nun: Betreten lebensgefährlich. New York und die US-Staatsbürgerschaft retteten ihn und seine im Deutschen Reich verbotenen und in Berlin verbrannten Werke. Nach dem Krieg die Wende! Plötzlich und unerwartet ehrte ihn das deutsche Volk in West und Ost mit Auszeichnungen. Er habe richtig entschieden, hieß es nun. Man müsse sich nicht für ihn schämen. Im Gegenteil, wir alle dürften stolz auf ihn sein. Wenn ich nun darum bitte, dass die „Muss-wecher“ mich, wie es einst O.M.G. widerfuhr, auf die Ehrenliste der Auszubürgernden setzen, dann tue ich das nicht für aktuelle Vorteile. Es wird mich nicht zurück in die Feuilletons der Sender und Printmedien bringen, wo ich einst lobend genannt wurde. Das ist vorbei. Aber die Nachwelt, die Nachwelt!