Dienstag, 13. Juni 2023
Gespart
Marion Dönhoffs Rede über die Notwendigkeit des Widerstands hat mich seit einigen Tagen beschäftigt. Die langjährige Chefin einer großen Wochenzeitung meint, bei Zivilcourage komme es auf Mut zu unerwünschter Kritik an, Aufdeckung staatlicher Anmaßung, Misstrauen gegenüber den Mächtigen und den Interessenvertretern, „aber auch auf die Bereitschaft, sich als reaktionär bezeichnen zu lassen, wenn man sich weigert, angeblich progressive Unternehmungen mitzumachen, wozu oft mehr Mut gehört als dazu, die sogenannten Mächtigen anzugreifen. Auch das ist Zivilcourage.“ (Rede in Oxford 1985).
Ich habe mich angesprochen gefühlt, weil ich mich weigere, "angeblich progressive Unternehmungen mitzumachen", die ich nicht erfreulich fortschrittlich finde, sondern empörend rückschrittlich, und beschuldigt wurde, ich hätte „rechts angedockt“. Oder gehörte zur erbarmungswürdigen Schar der Träumer, die sich nicht von Willy Brandts Friedenspolitik verabschieden wollen und können.
Selbstverständlich ist es kein Zufall, dass ich gerade in diesen Tagen Marion Gräfin Dönhoffs Texte lese, die in dem Band „Zeichen ihrer Zeit“ (Diogenes 2012) gesammelt sind. Der Zustand unserer Medien ängstigt mich, es ist ein Tiefstand. Gerade gestern (12. Juni) war ich zunächst perplex und dann bestürzt, als ich im Fernsehen einen Nachruf auf Silvio Berlusconi hörte. Die Moderatorin befragte einen Korrespondenten, der aus Rom zugeschaltet war. Er sprach nicht deutsch, ein Franzose, und formulierte auch in dieser seiner eigenen Sprache stockend. Die Moderatorin stellte Suggestivfragen, auf die sie bestimmte Antworten zu erwarten schien, die er jedoch nicht geben wollte. Er suchte nach passenden, gleichwohl höflich bleibenden Formulierungen. Herrgott nochmal, Leute! Wir bezahlen den Sendern so unglaublich viel Geld, und sie verschleudern es derart ungeniert, wie wir im RBB sehen, und nicht nur dort, und gleichwohl leistet sich diese Plattform keinen deutschen Korrespondenten in einer europäischen Hauptstadt?! Welche Informationsquellen nimmt man uns noch weg?
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