Mittwoch, 29. Januar 2025
Alte Hüte, neue Empörung
Interessanter Einfall
Ich verdanke ihn meiner Frau. Sie beklagte heute, es sei in der vergangenen Nacht das langweiligste Fernsehprogramm gewesen, das sie jemals im Angebot gesehen habe. Alle und selbst Nuhr, den sie schätzt, hätten Trump geschmäht, als ob es kein anderes Thema gebe. Und sie berichtete mir, Nuhr habe den jüngeren Trump
zitiert, der – nach ihrer Erinnerung – etwa gesagt habe: Wenn du Macht hast und reich bist, kannst du jeder Frau an die Pussy gehen.
Nuhr fand, allein das kennzeichne Trump für alle Zeit; als widerlichen Typen, meint er wohl.
Ja, und dazu fiel mir nun etwas ein, das ich unerhört interessant und kolossal wichtig finde. Ich bitte um Beachtung, es ist nicht ironisch gemeint, sondern eine Wahrheit.
Dass Macht sexy sei, hat bereits Kissinger gesagt. Kennedy hat es gelebt und geheim gehalten. Bill Clinton haben seine Gegner in einer Honigfalle (Lewinsky!) scheitern lassen wollen – es ging bekanntlich daneben, er wurde mit mehr Stimmen als zuvor wiedergewählt. Es ist der Roland-Kaiser-Effekt. Je sexualisierter seine Schlagertexte, desto begeisterter seine Fans, auch und gerade die weiblichen!
Frauen mögen einen Mann, der spüren lässt, dass er sie begehrt, haben will, genießen will, von ihnen träumt und sie anschwärmt. „Wunderbar, wunderbar, diese Nacht
so sternenklar, und wir zwei sind ein Paar, das ist wirklich wunderbar.“
Wenn man noch weiter zurückgeht, zeigt sich, dass Macht und Reichtum in der Tat erotische Partner gewinnt. Edward VII., naja. Auch unter Schwulen ist das so, und unter Lesben, es gibt eine Biografie von Patricia Highsmith, nebenbei bemerkt.
Also diese ganze Erkenntnis ist es nicht und kann es nicht sein, die so empörend wirkt. Und doch ist die Empörung wohl echt und wird weltweit verbreitet. Was ist gerade jetzt bedeutend daran?
Die genannten angeblichen Übeltäter, bleiben wir bei Kissinger, an den erinnern sich manche noch, waren Elite und drückten sich gebildet aus. Trump sagte, was Kissinger gesagt hatte, aber er formulierte es in der Sprache der Prolls. Nicht wegen des Inhalts seiner Aussage, sondern wegen des Idioms einfacher Leute, der Sprache der „deplorables“ in den „fly-over-states“, diese waren von Trump auch mal Arschlochstaaten genannt worden. Eliten nennen diese Staaten nicht so, sie behandeln sie nur entsprechend.
Wichtig ist hier der Unterschied in der Ausdrucksweise, nicht im Inhalt. Und diese Differenz bedeutet, Eliten haben noch immer eine Scheißangst vor dem Proletariat. Sie fürchten sich vor den normalen Leuten, die Trump anspricht. Noch immer wirft die Oktoberrevolution von 1917 einen gewaltigen Schatten über die entwickelte Welt.
Es ist geschehen. „Duldet die Schmach nun länger nicht“, ist den Leibeigenen, Sklaven, auch Arbeitssklaven und Belogenen zugerufen worden! Sie haben die Stimme gehört. In der Erinnerung, wer weiß von wem, könnte sie Widerhall finden. Angst in den Redaktionen und Sendern, Angst!
Aber doch nicht vor mir. Drücke ich mich denn nicht gebildet aus wie Hilary Clinton und keinesfalls wie Donald Trump? Das ist nicht mein Duktus.
Michael Molsner
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