Samstag, 11. Januar 2025

Der Zauberer

Gestern erstmals seit langer Zeit wieder einmal DIE ZEIT gekauft: wegen des Riesenfotos auf der Titelseite, das einen ungewohnt entspannten Thomas Mann zeigt. Daneben "Der Zauberer" in Riesenlettern, rot! Der Leitartikel des Feuilleton-Teils auf S. 35 hat mich teils amüsiert und teils erstaunt. Also zum 150. Geburtsjahr erscheinen nicht nur Dutzende neue Bücher über TM und Bücher über die Bücher, es scheint kein Ende zu nehmen. Und dann - kann es wahr sein: Der Fischer Verlag plant angeblich ein TM-Playmobil auf den Markt zu bringen! Ja, was ist das denn, wie darf der Fan es sich vorstellen? Soll ich mir das Ding auf den Schreibtisch stellen? Wozu? Im Innern dann die erwartete Ernüchterung. Die Feuilletonchefin Iris Radisch verhöhnt TM's angebliche Besessenheit vom "Dämon Weib". Also Leute, dafür war doch in deutschen Landen Fank Wedekind zuständig. Lulu! Ansonsten auch Strindberg, oder? Fräulein Julie! Na gut, Kollegin Radisch ist "genervt" von TM. Warum auch nicht. Aber eine ganze Seite darüber? Sozusagen die Zurücknahme des Aufmachers? Da steht direkt unter dem Titel: "Thomas Manns Berühmtheit strahlt 150 Jahre nach seiner Geburt heller als die aller anderen deutschen Schriftsteller." Die anderen Beiträge sind kurz, aber auch seltsam. "Ihm war aber, als ob der bleiche und liebliche Psychagog da draußen ihm lächle, ihm winke, als ob er, die Hand aus der Hüfte lösend, hinausdeute, voranschwebe ins Verheißungsvoll-Ungeheure. Und, wie so oft, machte er sich auf, ihm zu folgen." Aus dem "Tod in Venedig". Nicht alle werden von solcher Sprache erreicht. Ich schon. Getröstet fühle ich mich dann vom Farbfoto mit Tochter Elisabeth 1946 in Pacific Palisades. Der Ort ist jetzt gerade in den Nachrichten präsent - wie in den "plots" Thomas Manns, über die Kollegin Radisch hohnlacht. Michael Molsner

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