Mittwoch, 1. Januar 2025
Selbstprüfung
Sicherheit
Zunächst nur Zitate. Alles sozusagen in Anführungszeichen
Der ehemalige niederländische Ministerpräsident Mark Rutte ist neuer NATO-Generalsekretär. Er übernimmt ab heute 1. Oktober 2024 offiziell das Amt von Jens Stoltenberg. Nach einem langwierigen und undurchsichtigen Verfahren bestätigten die NATO-Botschafter am 26. Juni die Ernennung von Rutte auf einer Sitzung im NATO-Hauptquartier in Brüssel. Für die Auswahl des Generalsekretärs gibt es kein förmliches Verfahren; sie erfolgt traditionell im Konsens. In informellen Gesprächen versuchen die Länder, sich auf einen gemeinsamen Standpunkt zu einigen und denselben Kandidaten zu unterstützen.
General Christopher G. Cavoli assumed duties as Commander, U.S. European Command, July 1, 2022 and Supreme Allied Commander Europe (SACEUR), July 4, 2022.
Der SACEUR ist als militärischer Oberkommandierender verantwortlich für die Planung, Vorbereitung und Führung aller vom NATO-Rat autorisierten NATO-Operationen auf der strategischen Führungsebene. Damit ist er der ranghöchste Soldat innerhalb der NATO. Er ist zudem beteiligt an der Entwicklung von militärpolitischen Konzepten des Bündnisses und berät den NATO-Militärausschuss sowie den NATO-Generalsekretär aus militärstrategischer Sicht.
Der SACEUR untersteht dem NATO-Hauptquartier in Brüssel mit dem Vorsitzenden des Militärausschusses in seiner militärpolitischen Funktion und dem NATO-Rat mit dem Generalsekretär an der Spitze in seiner politischen Rolle. Während die Mitgliedstaaten im NATO-Rat für die politischen Entscheidungen zuständig sind, führt der SACEUR diese militärisch aus. Dabei unterstehen ihm dann alle eingesetzten Einheiten der Länder.
Die 61. Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) wird vom 14. bis zum 16. Februar 2025 im Hotel Bayerischer Hof in München stattfinden. Die MSC 2025 wird wieder eine einzigartige Plattform für hochrangige Debatten zu den größten außen- und sicherheitspolitischen Herausforderungen unserer Zeit sein.
Christoph Heusgen ist ein deutscher politischer Beamter und Diplomat. Er war ab 2005 außen- und sicherheitspolitischer Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel und von 2017 bis 2021 Ständiger Vertreter der Bundesrepublik Deutschland bei den Vereinten Nationen. Seit 2022 leitet er die Münchner Sicherheitskonferenz.
Am letzten Tag des Jahres, 31.12.2024, lese ich auf der Webseite der Tagesschau: „Die Huthi erwarte dasselbe „elende Schicksal wie die Hamas im Gazastreifen, die Hisbollah im Libanon oder den vor kurzem gestürzten syrischen Machthaber Baschar al-Assad, erklärte Israels UN-Botschafter vor einer Sitzung des UN-Sicherhetsrats in New York, dem Iran drohte er zudem mit weiteren israelischen Luftangeriffen. In derselben Meldung – sozusagen als deren Fortsetzung – lese ich: Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz fordert, Netanjahus Haftbefehl umzusetzen. „Es ist wichtig, dass wir als Deutsche internationales Recht umsetzen – unbesehen der Person. Denn auch das gehört zur deutschen Staatsräson“, sagte Heusgen.
Der MSC Kick-off wird am 10. Februar 2025 stattfinden. In Berlin wird die MSC in die Themen der kommenden Konferenz einführen und den neuen Munich Security Report vorstellen. Wie auch schon in den vergangen sechs Jahrzehnten, werden die gesamte Konferenz und all ihre Komponenten von der Munich Rule bestimmt werden: Engage and interact with each other: Don’t lecture or ignore one another. Ob auf oder neben der Bühne, wir ermutigen unsere Gäste miteinander zu interagieren und voneinander zu lernen. Wir erwarten von all unseren TeilnehmerInnen und SprecherInnen, Fragen zuzulassen und mit dem Publikum auf Augenhöhe zu interagieren.
Mark Rutte hat auf der Webseite der NATO erklärt, die Unterstützung der Ukraine werde letztlich zugunsten der USA gewährt. Die Ukraine kaufe Waffen bei US-Firmen, das gewährte Geld lande also letztlich wieder im Budget Washingtons. Diese Aussage hat Anthony Blinken als Außenminister noch einmal nachdrücklich bestätigt. Man führe den Krieg zum eigenen Nutzen, nicht für andere.
Rutte ist nicht Saceur. Dieser ist dem US-Präsidenten verpflichtet und nicht der EU. Saceur wird abberufen, sobald er Donald Trumps Politik stört. Daraus folgt, dass ein so erfahrener Diplomat wie Heusgen Erlärungen wie diese nicht absichtslos abgibt: „Israel verletzt seit Jahren internationales Recht, mit dem Siedlungsbau im Westjordanland oder auch jetzt mit der Besetzung der Pufferzone auf den Golanhöhen. Wenn Richter des Internationalen Strafgerichtshofs und auch des Internationalen Gerichtshofs sich kritisch zu Rechtsverletzungen äußern, ist das Teil ihrer Aufgabe“, so Heusgen am gestrigen 31. Dezember.
Heusgen weist damit Netanjahus Beschuldigungen, die Richter seien Agenten der Terroristen, zwar unausdrücklich, aber deutlich genug zurück.
Ich wage eine Vermutung:
Die Europäer verhöhnen und schmähen Donald Trump und alle seine Berater, weil sie sich sicher fühlen, am längeren Hebel zu sitzen. Wir in Europa und ganz besonders wir Deutschen haben die Infrastuktur, von der aus die US-Streitkräfte moderne Kriegführung betreiben. Von Ramstein, Grafenwöhr und anderswo im Euroland werden die Drohnen geschickt und die Raketen gesteuert. Wir grinsen auf Trump herab, auf Tucker Carlsson, auf Elon Musk schon ganz besonders sarkastisch – weil sie uns mehr brauchen als wir sie.
Die Annahme könnte überholt sein. Falls Trump nicht mehr auf Israel als seinen wichtigsten Stützpunkt setzt, sondern auf die arabischen Staaten, Saudi-Arabien insbesondere, ist erst die tatsächliche Zeitenwende eingeleitet. Trump gewinnt mit den Arabern einen gewaltigen Machtbereich. Er verhandelt mit Teheran, das eine strategische Partnerschaft mit Russland hat, auf ganz neuer Basis. Militärstützpunkte in Europa, die er nicht mehr braucht, löst er auf und belebt die vernachlässigten in Nahost. Die vielgeschmähten tariffs sind nur Mittel zum Zweck.
Es geht um die Reduzierung der stets noch wachsenden Kreditschuld. Zwei Trillionen Dollar sind in die Zerstörung Afghanistans investiert worden, die Errichtung einer Demokratie war nie geplant, knurrte Biden. Zwei Trillionen Dollar wollen nun Elon Musk und sein Co in den nächsten Jahren aus dem Budget der Washingtoner Behörden streichen. Und Gaza? Westjordanland? Jemen?
Weshalb sollte Trump sich an einen Staatsmann binden, gegen den der Chef der Sicherheitskonferenz einen Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen empfiehlt.
Kann es sein, dass unsere tapferen Werte-Beschützer einer gescheiterten Strategie aufsitzen und keinen Plan B in der Schublade haben? Ist das möglich oder bin ich einfach nur zu doof, die gewaltigen Errungenschaften der fortschrittlichen Moderne zu erkennen. Selbstprüfung ist ein guter Vorsatz zu Beginn des Neuen Jahres. In diesem Sinn: Alles Gute und Schöne.
Michael Molsner
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