Montag, 5. Februar 2024
Altbewährt
Fast schon vergessene Bücher wieder herausgesucht. Zuerst fand ich sie gar nicht, erst nach längerem Suchen entdeckte ich sie in der zweiten Reihe eines überfüllten Regalbrettes. Ich hatte wohl lange nicht reingesehen – warum auch. Jetzt aber fiel mir ein Essay auf, den der emeritierte Professor für öffentliche Finanzen der Leibniz-Universität Hannover in einer schweizer Wochenzeitschrift erscheinen lässt. Der Verfasser steht mit seinem Namen ein, Stefan Homburg; und twittert unter @SHomburg.
Nun zu den Büchern und weshalb ich so lange nicht reingesehen hatte. Der Grund nach Homburgs Worten: „Dass fanatisierte Massen, aufgestachelt von der Regierung, auf die Straßen strömen, um gegen Minderheiten zu hetzen, das hat man in Deutschland seit Jahrzehnten nicht gesehen.“ Das Faktum, weshalb es dazu kam, findet Homburg noch kurioser. Anlass sei ein privates Treffen konservativer Politiker in Potsdam gewesen. Die nötige Dramatik habe die Teilnahme eines Österreichers hineingebracht. Und dann, ich musste laut lachen: „Mit Politikern aus Österreich hat Deutschland schließlich eigene Erfahrungen gemacht.“ Kann man wohl sagen.
Nur: Kein einziger Politiker von Rang hatte teilgenommen, und da Bundeskanzler Olaf Scholz mit den Worten „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben“ öffentlich für sich geworben hatte, konnte eigentlich auch niemand etwas dagegen haben, dass man sich über Möglichkeiten für solche Maßnahmen unterhielt. Legale, den Begriff Deportation hätten die Medien hinzu gedichtet, räumten die Ankläger ein.
Jedoch, eine NGO namens Correctiv sprach Wochen danach von einem Masterplan gegen Deutschland. Homburg findet es rätselhaft, dass jeder Fernsehsender und jede größere Zeitung darüber berichteten. Auch im Radio hörte ich binnen Tagen Warnungen, „als stünde Deutschland unmittelbar vor einer neuen Machtergreifung“.
Man könne die Angelegenheit als Kuriosum belächeln oder man erkennt darin, wie die Professorin Ulrike Guérot, einen Protofaschismus, also einen Übergang von der offenen Gesellschaft zu einem neuen Totalitarismus - Homburg: „Aufgrund der zunehmenden Rufe nach Parteiverboten und Grundrechtsentzug für Oppositionspolitiker neige ich der zweiten Möglichkeit zu.“ Eine sehr ernste Warnung.
Sie hat mich veranlasst, Ortega y Gassets Büchlein vom „Aufstand der Massen“ (1926) herauszusuchen und Gustave LeBons noch berühmteres Buch von der „Psychologie der Massen“ (1895). Lange nicht reingesehen, plötzlich wieder hochaktuell. Beide Verfasser betonen, dass die Intelligenz auch intelligenter Menschen innerhalb einer Masse abstürzt. Die Stimmung im Schwarm beherrscht bald alle. Und diese „alle“ fühlen sich herrlich und siegreich, weil sie ihr problemgeplagtes Selbst endlich verlieren dürfen.
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