Mittwoch, 16. Februar 2022
Peitschenschläge
In einem Kommentar (Opinion) der New York Times vom heutigen 16. 02. 2022 wird Präsident Joe Biden gelobt - und zwar mit folgenden Worten: "If Putin backs down, maybe thanks to some face-saving diplomatic formula, the Biden administration will deserve full credit for masterly crisis management: whipping into line our European allies, particularly Germany;"
whipping heißt peitschen, wir werden also mit der Peitsche traktiert.
Besonders wir Deutschen. Ich fühle mich auch an die Stockschläge erinnert, die in der preußischen Armee noch üblich waren. Heinrich Heine erwähnt es in einem seiner Gedichte.
Und an die Peitsche des "Masters" auf dem Rücken der Sklavin, die sich nicht gleich hinlegte.
Übrigens habe ich noch nie einen meiner Hunde geschlagen. Wir gelten also der NYTimes weniger als Hunde, sonst hätten sie den Artikel nicht abgedruckt.
Fühlt ihr euch wohl als geprügelte Hunde? Als ausgepeitschte Sklavinnen? Ja? Wirklich? Falls ich der einzige bin, der aufmuckt, muss ich wohl gewärtigen, dass ich wie die aufsässigen Rekruten der preußischen Armee Spießruten laufen muss. Die Kameraden bilden eine Gasse, der Delinquent läuft durch und bekommt von allen auf den Rücken, bis er tot ist - oder vielleicht überlebt und beim nächsten Mal gehorcht. Egal, wie der Befehl lautet. Bleibt gesund, auch geistig!
Montag, 14. Februar 2022
Ein Gespräch von Krieg
Ab Zeile 888 Faust 1
BÜRGER
Nichts bessres weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
wenn hinten, weit in der Türkei,
die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus
Und segnet Fried und Friedenszeiten.
ZWEITER BÜRGER
Ach ja Herr Nachbar, ja, so laß ichs auch geschehn:
Sie mögen sich die Köpfe spalten,
mag alles durcheinandergehn:
Doch nur zu Hause bleibs beim alten!
Sonntag, 13. Februar 2022
"Muss wech"
„Muss wech“.
Unter diesem Titel wurde neulich auf die Tatsache reagiert, dass ein früherer Vorsitzender der SPD und Kanzler der Bundesrepublik Deutschland auf einer Liste von Kandidaten steht, die im Juni für den Aufsichtsrat von Gazprom gewählt werden könnten.
Parteiausschluss sei noch das mindeste, was zu verlangen sei, ein Entzug der Staatsbürgerschaft jedenfalls zu erwägen.
Nun lese ich vor zwei Tagen in der Frankfurter Allgemeinen auf Seite 20, dass der Präsident der russisch-italienischen Handelskammer für den Aufsichtsrat seiner in Moskau ansässigen Unternehmensgruppe den ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi gewann.
Auch Matteo Renzi muss daher wohl „wech“, Staatsbürgerschaft und Parteizugehörigkeit sind ihm zu entziehen. Ist für jeden Italiener das mindeste bzw. zu erwägen.
Und selbstverständlich „schämt“ man sich für beide. Zu unterstellen ist ihnen amoralische Anstandsferne und widerwärtige Geldgier.
Dass die jeweiligen Unternehmen an der Kompetenz der Erwähnten interessiert sein könnten, brauchen wir nicht zu berücksichtigen.
Mir fiel zu „Muss wech“ nachträglich der Fall Oskar Maria Graf ein. Als er seinen Namen auf einer Liste der von den Nazis verbotenen Bücher nicht entdeckte, protestierte er wütend. Es sei eine Ehrenliste. Er wurde wunschgemäß ausgebürgert, seine Bücher erschienen auf sämtlichen schwarzen Listen, das Deutsche Volk schämte sich für ihn. Konkret bedeutete das zunächst, er konnte seinen Geburtsort Berg am Starnberger See nicht mehr besuchen, das geliebte Münchener Hofbräuhaus genauso wenig, und auch für das heißest geliebte Münchener Künstlerviertel Schwabing galt nun: Betreten lebensgefährlich. New York und die US-Staatsbürgerschaft retteten ihn und seine im Deutschen Reich verbotenen und in Berlin verbrannten Werke.
Nach dem Krieg die Wende! Plötzlich und unerwartet ehrte ihn das deutsche Volk in West und Ost mit Auszeichnungen. Er habe richtig entschieden, hieß es nun. Man müsse sich nicht für ihn schämen. Im Gegenteil, wir alle dürften stolz auf ihn sein.
Wenn ich nun darum bitte, dass die „Muss-wecher“ mich, wie es einst O.M.G. widerfuhr, auf die Ehrenliste der Auszubürgernden setzen, dann tue ich das nicht für aktuelle Vorteile. Es wird mich nicht zurück in die Feuilletons der Sender und Printmedien bringen, wo ich einst lobend genannt wurde. Das ist vorbei. Aber die Nachwelt, die Nachwelt!
Samstag, 22. Januar 2022
Der Papst unter Feuer
Aus meinem Roman SARX, Seite 104
Ein Diskussionsbeitrag
… „Die Öffnung der Kirche zur Welt beim Zweiten Vatikanischen Konzil von 1962 bis 1965 hat uns geprägt. Und natürlich der Aufbruch der studentischen Jugend von 1968, die Neuentdeckung von Soziologie und Psychologie. Gerade dafür, dass wir uns dem Anspruch der Wissenschaft verpflichtet wussten, werden wir jetzt mit so bitteren Vorwürfen überhäuft. Es waren ja nicht die reaktionären Prälaten, es waren die modernen Bischöfe und Pfarrer, die pädophile Priester abgeschirmt haben. Heute heißt es, man hätte sie in den Knast stecken müssen. Geduldet oder gar gutgeheißen haben wir das Rumspielen von Priestern an Schutzbefohlenen niemals. Aber wir meinten, und da schließe ich auch mich selbst keineswegs aus, dass zehn, zwanzig oder meinetwegen hundert Stunden Psychotherapie genügen würden, und der Mann wäre gesund. Der tut es nie wieder, glaubten wir.“
Der Onkel fragte, ob kriminell veranlagte Menschen sich überhaupt grundlegend ändern können.
Meilus antwortete mit einer Bestimmtheit, die Marten überraschte und für einen Augenblick auch fesselte.
„Ich mache mir da keine Illusionen mehr. Sexualstraftäter sind ganz schwer von ihrer Veranlagung wegzubringen.“
„Weiß man das oder vermuten Sie es nur?“
„Es ist ein Erfahrungswert.“
Niemand stolpert
Die Selbstzerstörung Europas im ersten Krieg gegen Russland führte dazu, dass England seine Vormachtstellung auf- und an die USA abgeben musste.
Die Selbstzerstörung Europas im zweiten Krieg gegen Russland hatte zur Folge, dass England sein Empire verlor und die USA ihr Weltreich des Dollars errichteten.
Die Selbstzerstörung Europas im dritten Krieg gegen Russland lässt die Ausweitung des US-Weltreiches über die materiellen Grenzen hinaus in die digitale Welt erwarten.
Am ersten Krieg war Deutschland maßgeblich, am zweiten führend beteiligt; an der Vorbereitung des dritten kann es nur noch als Hilfskraft mitarbeiten.
Der erste Versuch hat Deutschland um große Gebiete gebracht, der zweite um sein moralisches Ansehen; der dritte wird Deutschlands Entkräftung offenlegen.
Es erheben sich warnende Stimmen, man stolpere womöglich wie im Sommer 1914 in einen Krieg hinein, den keiner wolle. Das ist ein Irrtum. Die ersten zwei Kriege haben Europa an den Rand des Weltgeschehens befördert und die USA in dessen Machtzentrum. Der dritte Krieg kann erwünscht sein, wenn man die Hegemonie der USA für unverzichtbar hält.
Wir Deutschen sollten uns daher nicht damit trösten, man stolpere womöglich in einen Krieg hinein und dafür sei dann niemand verantwortlich. Der dritte Krieg gegen Russland ist eingeplant. Provokationen sollen ihn auslösen. Kosten-Nutzen-Rechnungen ergeben die Rentabilität.
Montag, 13. Dezember 2021
Denkanstöße
Denkanstöße
Wie die meisten Deutschen leide ich unter dem Bewusstsein, trotz Zugang zu den sozialen Medien gegen die Kriegspropaganda der Mainstream-Medien völlig hilflos zu sein. Beizeiten habe ich meine Partei immer wieder auf die Gefahren hingewiesen, die unsere militärischen Interventionen für viele Staaten, Bevölkerungen, auch für deren Flora und Fauna, also für Ernten und die Tierwelt bedeuten. Ich konnte ein Papier dieses Inhaltes meiner Bundestagsabgeordneten übergeben – sie ist jetzt Bundestagspräsidentin, wird mir aber ähnlich antworten wie seinerzeit: Sie sei nicht zuständig.
Niemand, den ich erreichen könnte, ist zuständig. Ich kann darauf hinweisen, dass die Drohung der Brüsseler Europäischen Union und der Nato, Russland durch Umzingelung und Aushungerung seiner Bevölkerung zur Kapitulation zu zwingen, nicht neu ist. Die gewaltige Kriegsmaschine der Nazis hat es mit Leningrad soweit gebracht, eine der schönsten europäischen Städte zu einem großen Teil zu zerstören und in einen Friedhof zu verwandeln – den erhofften Sieg hat es der Wehrmacht nicht gebracht.
Und auch der aktuelle Versuch, Russland durch Isolation westlichen Interessen zu unterwerfen, wird nicht gelingen. „Das schärfste Schwert gegen Russland“, so titelt die Frankfurter Allgemeine am 8. Dezember 2021 auf Seite 8 einen Bericht nicht aus Washington, sondern aus Brüssel – „Der Westen erwägt, das Land vom Zahlungsverkehr abzuschneiden“. Das schärfste Schwert soll Russland in die Wehrlosigkeit zurückwerfen, in der es sich befand, bis der Vormarsch der Nazi-Kriegsmaschine vor Moskau gestoppt wurde.
Es ist schauerlich, dass die denkbar wüsteste Strategie wieder aufgenommen wird.
Tun kann ich dagegen nichts. Ein Beitrag wie dieser wird eher auf feindselige Ablehnung stoßen als auf Interesse, fürchte ich.
Die Frage, was ich irgendwann ausrichten könnte, beschäftigt mich dennoch.
Montag, 15. November 2021
Propaganda - hoffentlich erfolglos
Am 9.November 2021 hat die New York Times einen Artikel über die verschiedenen Protestbewegungen in den USA veröffentlicht: „Why Wokeness Will Fail“. Es habe in der Geschichte des Landes zwei Formen großer Protestbewegungen gegeben. Der Ruf nach Abschaffung des Althergebrachten richte sich gegen das System als Ganzes, dem keinerlei Lernfähigkeit zugetraut wird. Das sei stets gescheitert, stellt Bret Stephens fest. Die andere Form baue auf dem bereits Erreichten auf und entwickle – darauf fußend – die als notwendend erkannten Reformen.
Nur die zweite Form habe sich in der Geschichte der USA bewährt. Für die Abschaffung der Polizei finde sich keine Mehrheit, wohl aber dafür, dass sie sich nicht von rechtsfremdem Rassismus leiten lasse. Stephens nennt andere Beispiele, mir erscheinen sie einleuchtend.
Ich habe die Argumente aber auch sehr hilfreich gefunden. Die Sozialdemokratie hat gegenüber den radikalen Linken und Rechten bei den Wahlen zum Bundestag 2021 eine Mehrheit des Wählervolks überzeugen können. Sie bricht weder mit der Politik der Abschreckung eines Helmut Schmidt, wie es die radikal Linken fordern, noch mit der Friedenspolitik Willy Brandts und Egon Bahrs, was die radikalen Rechten beklagen („Dann gute Nacht“, kommentierte der Ressortchef für Außenpolitik der FAZ.
Das Althergebrachte soll nicht abgeschafft, als notwendend Erkanntes soll trotz der übermächtigen Propaganda von Finanzinteressen mutig umgesetzt werden. So das Versprechen.
Ein ganz anderes Beispiel aus meiner privaten und beruflichen Erfahrung. Eine Freundin von mir lehnt sowohl die SPD ab wie einen Autor, den ich sehr schätze: Thomas Mann. Sie fühlt sich von Thomas Manns älterem Bruder Heinrich angesprochen – ich nicht. Das sind persönliche Reaktionen.
Überpersönlich wird es interessanter. Weshalb wird Thomas Mann als Jahrhundert-Schriftsteller bezeichnet und nimmt eine herausgehobene Stellung ein gegenüber nicht nur Heinrich Mann, auch im Vergleich zu seinerzeit sehr erfolgreichen und angesehenen Kollegen wie Lion Feuchtwanger und Franz Werfel? Thomas Mann wird mit Goethe auf eine Stufe gestellt, gilt als „Kanon“, andere nicht. Woran liegt das?
Thomas Mann hat Gegensätze nicht geleugnet, sondern war stets neugierig auf die Art, wie sie sich gegenseitig be-
dingen und zur Weiterentwicklung hindrängen. Feuchtwanger hat Hitler als ekelhaften Kerl beschrieben, Thomas Mann spricht vom „Bruder Hitler“. Werfel sang „das Lied von Bernadette“, Thomas Mann suchte den Mythos von „Joseph dem Ernährer“ im Ursprung unserer Religion.
Thomas Mann war Instinkt-Dialektiker. Das machte ihn zum Realisten und Humoristen. Ich lese das lieber als nackten Hass oder unkritische Verehrung.
Rezepte gibt es nicht, wir erleben Entwicklungen.
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