Montag, 21. September 2020

Zufallsfunde

Zufallsfund: Wenn Frieden keine Option mehr ist „Die Bildung einer militärischen Macht westlich des Ural darf nie wieder in Frage kommen und wenn wir hundert Jahre darüber Krieg führen müssten.“ Wer das gesagt hat, erratet ihr. Aber erratet ihr auch das Datum? 16.7.1941. Ich bin der Auffassung, dass die Aufstellung unserer Streitkräfte der Aufstellung der Wehrmacht zu Beginn des Unternehmens Barbarossa auffallend ähnelt. Ist jemand anderer Meinung? Es würde mich interessieren. Bei der Besprechung wurde festgelegt, die Krim „von allem Fremden“ zu räumen, das gesamte Balten-Land zu integrieren, die Halbinsel Kola zur Ausbeutung einem Gefolgsmann zu übergeben. Das wichtigste Gebiet für die nächsten drei Jahre sei zweifellos die Ukraine. Erinnert das nicht an die strategischen Maßnahmen der NATO? Wie komme ich auf das Thema? Durch Hausarbeit! Offene Bücherregale stauben ein. Um sie zu säubern, muss man sie ausräumen. Dabei fiel mir ein längst vergessenes Taschenbuch in die Hand, darin fand ich dieses oben erwähnte Dokument: „Das Bormann-Memorandum“ von Mitte Juli 1941 - „Geheime Reichssache“. Aktenzeichen Bo/Fu. Drei Wochen zuvor hatten Deutschlands Armeen die Sowjetunion überfallen. Die Hoffnung auf einen „Blitz“ wie gegen Frankreich war noch ungebrochen. Und was finde ich in demselben Regal? Hamburger Studien zu Geschichte und Zeitgeschehen, Band 1. Darin warnt Herausgeber Bernt F. Schulte vor einem Kolumnisten, dessen Beiträge ich regelmäßig in der FAZ lese. Klaus-Dieter Frankenberger habe zum Jahresbeginn 1999 versucht, in der FAZ vom 9.Januar die „Weltmacht Euro(pa)“ zu kreieren. Seit 2001 leitet er das Ressort Außenpolitik der FAZ. Gerade heute habe ich wieder einen großen Artikel von ihm gelesen, in dem er – zum gefühlt hundertsten Mal - vor dem Ende des Westens warnt, falls wir den Gefahren in aller Welt nicht unter zuverlässigem militärischem Schutz begegnen. Ein überzeugter Transatlantiker, das versteht sich. Unter seiner Verantwortung erscheinen täglich Berichte, die den sofortigen Stopp von Nordstream 2 fordern, die Isolierung mehrerer großer Staaten und vor allem „klare Kante“ gegen China. Es werde auch nach Putin ein Russland geben. Ist das eine Aufforderung zum regime change? Oder nur zu einer Farbrevolution? Furchtbare Vergiftungen Oppositioneller zwingen uns zu energischen Maßnahmen, gibt er zu verstehen. Aufrüstung! Krieg! - wenn auch um Gotteswillen kein militärischer. Hungern wir sie aus, bis sie ihren grausamen Diktator leid sind und sich freiwillig unter unsere Kontrolle flüchten. Tja, und das erinnert mich nun wieder an - ? Na, an wen schon! Schulte jedenfalls schreibt: „Das alles erinnert bereits … an deutsche Weltreichs-Pläne vor 1914 … und das ohne Rücksicht auf Ressourcen, Land, Leute und historische Vernunft.“ Schulte hat natürlich recht, und eben deshalb müssen wir uns die nötigen Ressourcen beschaffen, das erforderliche Land als strategischen Aufmarschraum sichern - und die „Leute“ auf die nächsten Schritte einstimmen! Das meine ich Frankenbergers Kommentaren entnehmen zu sollen. Nicht denen von 1999 nur, sondern denen jetzt: 2020. Jedoch „die Idee eines Mitteleuropa zwischen dem atlantischen und dem asiatischen Wirtschaftsraum liegt bereits unter dem Schutt der Geschichte“, meint Schulte. Wer von den beiden wohl recht hat? Schulte jedenfalls schreibt: Natürlich fehle es dem FAZ-Kommentator 1999 noch an national-europäischer Einheitlichkeit. Diese werde Ergebnis eines politisch-konstitutionellen Prozesses sein, der in der Zukunft ablaufen müsse. Ist er abgelaufen? Als Ziel wird hier „Euroland als ein weltpolitisches Kraftzentrum“ postuliert. Ist das Ziel erreicht? Nach immerhin zwanzig Jahren!? Oder droht gleich dem ganzen Westen das ENDE, weil auch ein Präsident Biden nicht jeden Morgen beim Aufwachen zuerst nach den Wünschen Europas fragen werde? Nach dem Attentat von Sarajevo war 1914 Frieden keine Option mehr, entnehme ich einem weiteren Zufallsfund. Wir erklärten den Krieg gegen Russland.

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