Montag, 30. Mai 2016

Erster Brief an Niemand

Patriotismus aus Zuneigung  – Vaterlandsliebe wie in Reinhard Fendrichs schönem Lied I am from Austria – ist sehr sympathisch! Nicht etwa mit bösartigem Nationalismus zu verwechseln, der für das eigene Land eintritt und gegen anderer Herren (und Bürger!) Länder hetzt!
Nun textet Fendrich im einheitlichen österreichischen Dialekt. Jeder Österreicher versteht und spricht diesen Dialekt. Es existiert eine Einheit der Sprache – bei uns in Deutschland nicht. Friesisch klingt anders als bayerisch! Schwäbisch anders als sächsisch. Hessisch anders als Platt. Wir Deutschen sind ein Konglomerat von unterschiedlichen Stämmen. Die jeweilige tribale Sprache deutet auf unterschiedliches Erbe. Dabei ist es durchaus üblich, dass der Süden den Norden verachtet – und umgekehrt.
Mit mehr Anstrengung als Fendrich müssen wir uns die Liebe zu unserem ganzen Deutschland erst erarbeiten.
Auch Fendrich muss sich um die Liebe zu seinem Land bemühen – indem er stillschweigend akzeptiert, dass der Herr Karl sein Landsmann ist. Dennoch ist ihm die Liebe zu seinem Land Herzenssache. Das sagt der Text deutlich.
Wir haben mehr Mühe aufzuwenden, unser ganzes Deutschland zu akzeptieren. Eine einheitliche Sprache gibt es als Bildungsgut, als Schriftsprache – nicht als volkstümliche, die an jedem Stammtisch zu hören wäre.
Ein bayerischer Stammtisch hört sich anders an als ein schwäbischer. Das weiss ich aus Erfahrung.
Zwischen Do bin ück to Hus und Do bin i dahoam liegen mehrere anderssprachige Bundesländer. Zwischen denen im Norden und den südlichen ist herzliche Verachtung üblich.
Schwäbisch? Der Dialekt bringt Nordländer zum Lachen. Und doch verdanken wir den Schwaben einen Uhland, einen Hauff. Und Hölderlin, Hegel!
Und wem das zu hoch wäre: Häberle und Pfleiderer.
Zudem ist in Österreich ein Begriff von geografischer Einheit verbreitet (nachdem das Kaiserreich verloren ist). Auch davon spricht Fendrichs Text. Die Seen, die Berge …
Bei uns ist es nicht unbedingt üblich, sowohl die bayerischen Alpen wie die große Graue im Norden liebend zu erfühlen. Entweder man mag die Berge oder die See.
Von der Etsch bis an den Belt, das ist ohnehin vorbei.   
Geografische Regionen zum ganzen Deutschland zu rechnen, die verloren sind, wäre kaum sinnvoll. Wer will schon in Polen einmarschieren? Doch könnten die verlorenen geografischen um geistige Regionen ergänzt werden! Königsberg ist nicht mehr deutsch, Kant ist es.  
Österreich ist noch in einer anderen, sehr wichtigen Hinsicht besser dran als wir. Farkas, der große Komiker und Kabarettist, glossiert das, als er gefragt wird, wie sein eben geborener Sohn heißen wird. Er wird heißen, antwortet Farkus stolzgeschwellt, Herr Hofrat Professor Doktor Farkas.
Der Hofrat ist kein verhasster Klassenfeind. Bei uns in Deutschland aber erlebe ich eben jetzt – aktuell – eine geschichtswidrige Hasskampagne gegen Konservative. Sind sie zudem von Adel, wie Beatrix von Storch, werden sie verleumdet.
Die Entfremdung von gerade dem Teil unserer Vergangenheit, den wir hoch achten und von ganzem Herzen lieben dürfen, erschreckt mich. Vergessen ist offenbar, dass Fritz-Dietlof von der Schulenburg auf Anne Lebers Küchentisch saß und ihr den Hof machte, bis ihr Mann eintraf, mit dem er Strategien des Widerstands gegen die Hitler-Barbarei erörterte.  
Man hat zwischen den Ständen geflirtet und geliebt, und man ist den gleichen Tod gestorben, und was für ein Tod war es – den man kommen sah und dennoch riskiert hat, ob Sozi oder Adeliger, Gewerkschafter oder General.
Jetzt ist die Linke stolz auf die Diskreditierung von Konservativen – bis zur Verleumdung.
Krawallmobs der Rechten greifen Flüchtlinge an. Das sei der Grund, heißt es, weshalb         
linke Krawallmobs Abgeordnete und selbst Mitglieder der Rechtsparteien terrorisieren.
Da ich selbst mich zur Linken zähle, bin ich bestürzt über diese Entwicklung.

Niemand scheint sich für meine Bestürzung zu interessieren, sie auch nur ernst zu nehmen.
Nun, vielleicht bist du dieser Niemand. Dann spreche ich nicht ins Leere.



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