Zu arbeiten gäbe es manches, aber bei dieser Hitze! Da lese ich lieber unter dem Sonnenschirm und pflücke Euch eine literarische Frucht, die Heinrich Heine uns spendet:
Ihr lieben
deutschen Bauern! geht nach Amerika! dort gibt es weder Fürsten
noch Adel, alle Menschen sind dort gleich, gleiche Flegel...
mit Ausnahme freilich einiger Millionen, die eine schwarze
oder braune Haut haben und wie die Hunde behandelt werden! Die
eigentliche Sklaverei, die in den meisten nordamerikanischen
Provinzen abgeschafft, empört mich nicht so sehr wie die Brutalität, womit
dort die freien Schwarzen und die Mulatten behandelt werden. Wer auch nur im
entferntesten Grade von einem Neger stammt und wenn auch nicht mehr in
der Farbe, sondern nur in der Gesichtsbildung eine solche
Abstammung verrät, muß die größten Kränkungen erdulden, Kränkungen, die uns in
Europa fabelhaft dünken. Dabei machen diese Amerikaner großes Wesen von ihrem
Christentum und sind die eifrigsten Kirchengänger. Solche Heuchelei haben sie
von den Engländern gelernt, die ihnen übrigens ihre schlechtesten
Eigenschaften zurückließen. Der weltliche Nutzen ist ihre eigentliche Religion,
und das Geld ist ihr Gott, ihr einziger, allmächtiger Gott. Freilich, manches
edle Herz mag dort im stillen die allgemeine Selbstsucht und
Ungerechtigkeit bejammern. Will es aber gar dagegen ankämpfen, so harret seiner ein Märtyrtum,
das alle europäische Begriffe übersteigt. Ich glaube, es war in New
York, wo ein protestantischer Prediger über die Mißhandlung der farbigen Menschen
so empört war, daß er, dem grausamen Vorurteil trotzend, seine eigene Tochter mit einem Neger
verheuratete. Sobald diese wahrhaft christliche Tat bekannt wurde,
stürmte das Volk nach dem Hause des Predigers, der nur durch die Flucht dem Tode
entrann; aber das Haus ward demoliert, und die Tochter des
Predigers, das arme Opfer, ward vom Pöbel ergriffen und mußte seine Wut
entgelten. She was flinshed, d.h., sie ward splitternackt ausgekleidet, mit Teer bestrichen, in den aufgeschnittenen Federbetten herumgewälzt,
in solcher anklebenden Federhülle durch die ganze Stadt geschleift
und verhöhnt...
O Freiheit! du bist ein böser Traum!
Dann hört Heinrich heine von einem Fischer, in Paris hätten die
armen Leute gesiegt und den König vertrieben – die Juli-Revolution!
Ich
fürchte fast, es sei nicht wahr, denn es ist gedruckt. Ich
will selbst nach Paris gehen, um mich mit leiblichen Augen davon zu überzeugen...
Heinrich Heine: "Ludwig Börne, eine Denkshrift", Zweites Buch.
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