Samstag, 27. August 2022
Phasen der Ent-Putinisierung
Die ständige Beschäftigung unserer Medien mit dem Holocaust lenkt ab und soll vielleicht ablenken von der wichtigen Unterscheidung zwischen dem Holocaust und dem Unternehmen Barbarossa. Der Überfall auf die Sowjetunion hatte ein eigenes, wenn auch in den Rassismus integriertes, gesondertes strategisches Ziel. Die unermesslichen Reichtümer Russlands sollten in unsere Verfügungsgewalt verbracht werden. Der Substanz nach formuliert die NATO aktuell eine keineswegs unähnliche Strategie. Russland müsse sich unserer Kontrolle fügen, verlautet aus Brüssel und Washington. Da die Moskauer Staatsführung sich gegen die geplante Kolonisierung wehrt, wird ganz offen und ungeniert seitens unserer Eliten die Ent-Putinisierung gefordert. Da sie mit Putin nicht über dessen Entmachtung verhandeln können, sei eine nichtmilitärische Lösung nur durch die physische oder politische Eliminierung des Präsidenten und seiner engeren Umgebung, die als kleptokratische Clique bezeichnet wird, überhaupt denkbar. Erwünscht sind demnach Attentäter und Aufrührer. Wie motivieren wir Unzufriedene, die es in Russland wie überall gibt, zu einem Glücksspiel um ihr Leben? Es gibt Beispiele. Vor allem soll die russische Bevölkerung in einer erklecklichen Anzahl genötigt werden, Aufrührer, Anarchisten, Attentäter zu unterstützen. Die alltäglichen Existenzbedingungen möglichst vieler Russen müssen sich bis zur Unerträglichkeit verschlechtern. Diesen Zustand führen wir herbei durch den Einsatz unserer wirtschaftlichen und finanziellen und – seien wir realistisch – auch unserer militärischen Macht. Der Abnutzungskrieg in der Ukraine wird Russland irgendwann überfordern und zur Aufgabe nötigen. Schnelle Erfolge sind nicht zu erwarten. Aber irgendwann wird ein kühner, von uns geschickt propagandistisch und finanziell aufgebauter Politiker die Despoten im Kreml ins Exil oder in die verdiente Hölle schicken und sich unseren Forderungen gerne fügen. Die Bevölkerung, geschwächt und ausgelaugt, wird sich den neuen Herren anpassen. Widerstand in erheblichem Ausmaß müssen wir nicht mehr erwarten oder durch geeignete Maßnahmen niederhalten.
Inzwischen müssen wir in Brüssel, Washington und London undsoweiter, im Westen halt, uns leider damit abfinden, dass den Phasen der Ent-Putinisierung in Russland unbedingt Phasen der Ent-Demokratisierung bei uns im Westen entsprechen müssen. Die ersten Schritte sind längst eingeleitet, und die USA sind hier, wie so oft, Vorreiter und Vorbild. Dass ein abgewählter Präsident eingesperrt werden muss, damit er sich nicht um eine Wiederwahl bewerben kann, kennen wir eigentlich nur von „shithole countries“. Und nun? Man verfolge die Berichterstattung der New York Times, wie ich es tue und jedem empfehlen kann.
Donnerstag, 25. August 2022
Was wir wissen
Was wir wissen. Und was nicht
Über den Zustand der US-Wirtschaft erhalte ich gegensätzliche Nachrichten, wobei ich zunächst nur westliche Quellen zitiere, die als seriös und unparteiisch gelten. Laut Handelsblatt behält ein amerikanischer Investor namens Burry nur noch eine einzige Aktie in seinem Depot, weil er nur noch diese für krisenfest hält. Und zwar sind das Anteile am Betreiber von privaten Gefängnissen und psychiatrischen Einrichtungen. Burry gilt als eine Art Sturmvogel der Wall Street, da er bereits heftige Krisen voraussehen konnte, als deren Heraufkunft noch umstritten war. Und gestern erst las ich dann im Handelsblatt, dass der Aktien- und Anleihefonds DWS der Deutschen Bank das erste Halbjahr 22 mit plus-minus-null abgeschlossen habe. Der Chief Executive Officer geht aber davon aus, dass das zweite Halbjahr wieder ein Plus bringt. Und von Nummer zu Nummer meldet das Handelsblatt inzwischen mal dies und mal jenes zum Verlauf der Rezession in USA. Irgendwie betrifft uns das ja schon. Denn unsere Industrie bezahlt für Energie um den Faktor acht bis neun mehr als die US-Konkurrenz. Die deutschen Unternehmer sehen darin einen Wettbewerbsnachteil und sprechen von einer drohenden De-Industrialisierung Deutschlands.
Der bekannte Sicherheitsberater Wolfgang Ischinger warnt nun vor Kriegsmüdigkeit bei den Deutschen – und das steht nun wiederum heute auf Seite eins des Handelsblattes.
Ich bekomme keine Provision von denen, schätze nur eben nachprüfbare Fakten und Zahlen – an treubraver Unterwürfigkeit gegenüber der NATO fehlt es ja auch in keiner Ausgabe! Siehe Ischinger.
Dafür zitiere ich jetzt aus einer Zeitung, die wird vom Verfassungsschutz beobachtet, weil sie so links sei. Aber so bin ich und so bleibe ich: Immer auch die Gegenseite anhören. Und ei, war erfahre ich über die US-Wirtschaft? Es geht ihr so gut, dass Washingtons Gesandter in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires am Donnerstag ganz offen zu einem Putsch gegen die bisherige Regierung aufgerufen hat. „Warten Sie nicht auf Wahlen, bilden Sie eine Rechtskoalition!“ Es geht um das sogenannte weiße Gold, Lithium. Argentinien verfügt über die zweitgrößten Reserven der Welt. Aus Sicht Washingtons sei der Zugang zu argentinischem Lithium, Gas und Öl eine Voraussetzung, um China in Schach zu halten.
Die USA täten das aber nicht für sich, sondern zugunsten der ganzen Welt. Wissen wir, wissen wir!
Mittwoch, 10. August 2022
Für und Wider
Meine Frau fragt mich: Wir rüsten die Ukraine auf gegen Russland. Wir unterstützen Afrika gegen China. Tun wir eigentlich auch irgendetwas für irgendwen? Ich überlege. Taiwan wird unterstützt gegen China. Asien gegen China und Russland. Israel gegen Iran. Irak gegen Iran. Zentralasien gegen Russland. Meine Frau fragt mich: Hältst du das für gesund? Wir unterstützen den aktuellen US-Präsidenten Joe Biden wohl nur deshalb, weil wir gegen den vorigen US-Präsidenten Donald Trump wütend Front machen. Was tun wir Deutschen eigentlich für uns? Einiges! Wir fordern, dass ein früherer deutscher Bundeskanzler aus seiner Partei ausgeschlossen wird, für die er Wahlen geweonnen hat, weil wir gegen den russischen Präsidenten sind, mit dem zusammen er Deutschland aus dem Vernichtungskrieg gegen den Irak herausgehalten hat. Wir finden das so unverzeihlich, dass wir den Friedenswillen dieser zwei mit der vehementesten Verachtung beantworten, die im Netz zu lesen und in den Massenmedien zu hören und zu sehen ist. Frieden für uns Deutsche wenigstens vorübergehend gegenüber den Irakern erreicht zu haben, erscheint vielen zum Speien widerlich. Dieser Krieg hat sich zum Zerstörungskrieg halb Asiens entwickelt. Verwüstet Nordafrika. Obgleich es sogar leidenschaftlichen Hassern bizarr erscheint, Friedenswünsche mit Vernichtungswünschen zu quittieren, wird es mit der Tatsache begründet, dass die Kanzlerschaft dieses Staaatsmannes nachweisbar Wohlstand beschert hat. Nun führen wir wieder Krieg und der Wohlstand schwindet. Glück und Zufriedenheit beim Wählervolk! Heute sah ich einen sehr, aber wirklich sehr strammen jungen Mann in Nato-Oliv. Auf dem Rücken seiner Jacke stand HATE HATE HATE. Der weiß, wo es lang geht, und zur Beruhigung jetzt noch ein Trostwort: Schlaft ruhig, für die SPD ist der wohl kaum unterwegs.
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