Montag, 30. Oktober 2023

Fakten und Zweifel

Terror und Gegenterror. Die Beurteilung vergangener Ereignisse fällt oft unterschiedlich aus. Manche Beurteilungen sind und bleiben lange umstritten, andere gelten als gesichert, sie sind und bleiben lange Konsens. Konsens ist: Der Anschlag auf das World Trade Center vom 9. November 2001 war ein terroristischer Akt. Der Krieg gegen den Terror, den George W. Bush erklärte, erwies sich als ungünstige Antwort. Der Überfall auf den Irak, den Bush anordnete, hat den Islamischen Staat erst zur weltweiten Bedrohung heranwachsen lassen. Der IS eroberte die 2-Millionenstadt Mossul und verteidigte sie im Häuserkampf neun Monate lang gegen Kommandeure der US-Army, bevor er sich mit 350 Milliarden Dollar aus der Zentralbank endlich absetzte. Dieses Geld nutzten die Terroristen für Waffenkäufe und Anschläge in vielen Ländern. Krieg gegen den Terror zu führen gilt seither nicht mehr als die beste Reaktion auf terroristische Anschläge. Dass Bushs Krieg fehlschlagen würde, ist frühzeitig erkannt worden. So hat neben anderen der damalige deutsche Kanzler Gerhard Schröder Bush die Gefolgschaft verweigert. Joseph Joffe schrieb damals in DIE ZEIT ein vernichtende Beurteilung Schröders. Für die Dauer mindestens einer Generation werde die westliche Welt Schröders schändliche Illoyalität uns Deutschen nicht verzeihen. Ein SCHANDFLECK werde es in der Geschichte der deutschen Sozialdemokratie bleiben, dass dieser Kanzler Gerhard Schröder die Ehrennadel für 60jährige Mitgliedschaft erhielt, steht in der Frankfurter Allgemeinen vom Samstag, 28. Oktober 2023, sie war aktuell an den Kiosken ausgestellt. Für die publizistische Unterstützung des Überfalls auf den Irak hat die New York Times sich damals entschuldigt, DIE ZEIT nie. Und die FAZ wird sich voraussichtlich nicht für den Schandfleck entschuldigen, den sie uns Sozialdemokraten anheftet, soweit wir uns nicht ganz entschieden von der Brandt/Bahrschen Friedenspolitik distanzieren. Dieser gelbe Fleck hat historisch die Ausgestoßenen gekennzeichnet. In einem weiteren Kommentar wird ein Schandfleck auch zwei eben erst demokratisch (wieder-) gewählten Regierungschefs angeheftet: dem slowakischen Premier Robert Fico und dem ungarischen Premier Orban. Sie singen Putins Liedchen, meint der Kommentator der FAZ. „Beiden muss deutlich gemacht werden...“ - was? Sie seien auszustoßen aus unserer „Wertegemeinschaft“, ist gemeint, wenn auch nicht ganz so krass geschrieben. Als Publizist möchte ich diesen kaum bestreitbaren Tatsachen noch eine Beurteilung hinzufügen, die „umstritten“ sein wird. „Schandfleck“, „Putins Liedchen singen“ - so reden gute Menschen nicht. Mich erinnert es an die höhnische Sprache der Ausgrenzer, die einige von uns noch erlebt haben. Auch in jüngster Zeit noch und sogar auf dieser Facebook-Seite! Es sei nicht so gemeint gewesen, las ich zur Verteidigung von Beiträgen, die Schröders Ausweisung aus unserem Staat oder mindestens den Entzug seiner Staatsbürgerschaft gefordert hatten. Der Entzug von Bürgerrechten ist nur ein erster Schritt, den letzten auf diesem Weg können wir in alten Berichten der Deutschen Wochenschau besichtigen.

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