Dienstag, 14. Juni 2022

Wie die Alten sungen

So zwitschern auch die jungen Aus unseren Medien schallen mir Klänge entgegen, die ich für immer vergessen wollte. Um sie ertragen zu können, werde ich sie zeitgemäß aktualisieren, also upgedatet zitieren: Es zittern die morschen Knochen der Welt vor dem großen Krieg. Wir haben die Freiheit gerochen, für uns war's ein großer Sieg. Wir werden weiter marschieren, bis alles in Scherben fällt. Denn heute (ge)hört uns Europa und morgen... ??? Die Antwort finde ich auf Seite 14 von Le Monde diplomatique (deutsch, Juni 2022): Die Kommissionspräsidentin der Europäischen Union Ursula von der Leyen, lese ich da, habe folgende „strategische Überlegungen“ vorgestellt: „Als Demokratien wollen wir die Welt von morgen gemeinsam mit Partnern gestalten, die unsere Vorstellungen teilen.“ Und morgen die ganze Welt! Darum geht es. Als Energiepartner der Zukunft, die unsere Werte teilen, habe sie neben den USA drei weitere Energiepartner genannt, Aserbaidschan, Ägypten und Katar. Was können wir auch alleine? Uns ver… ???

Freitag, 3. Juni 2022

Weniger ist manchmal mehr

03.06.2022 Ich denke darüber nach, ob ich mich aus der SPD abmelden sollte – die Partei hat ihr Alleinstellungsmerkmal zerstört. NATO-Politik machen andere auch. Träume warnen mich vor Selbstüberschätzung. Also abwarten? Die CDU ist keine christliche Partei mehr. Die FDP tritt nicht mehr für Marktwirtschaft ein. Alle anderen Parteien sind machtlos, wer eine von denen wählt, verschenkt seine Stimme. Konkret bedeutet das, wir haben keine Alternative zur NATO-Politik. Für Friedenspolitik tritt keine machtfähige Partei ein. Die Medien sind eingebunden in die Propaganda der NATO. Konsequent habe ich gestern mit der Überweisung der letzten Rechnung mein Abo der Frankfurter Allgemeinen beendet, ich bekomme sie Gottseidank nur noch bis zum 29. Juni.

Mittwoch, 1. Juni 2022

Spekulatius

Unser Regierungschef ist ein Racker – hätte man früher vielleicht gesagt; doch das ist ein veraltetes und höchst uncool gewordenes Wort. Daher nenne ich ihn einen Spekulatius. Und zwar spekuliert er auf unsere Bildungsferne, wenn er sich bei seinem Besuch in Davos auf den „Donnerschlag“ beruft, den der Kriegsausbruch 1914 für Thomas Mann bedeutet habe. Er meint, so hätten wir nun auch den 24. Februar 2022 erlebt. Wenn ein Stärkerer diktiert, was Recht sein soll, dann sei das Imperialismus – das wolle „Putin“ (ohne Titel, seien wir nur nicht höflich, es könnte missverstanden werden). Nun hat aber Thomas Mann die Arbeit an seinem Text, aus dem später der Roman vom Zauberberg wurde – worauf unser Redner sich beruft – sofort für Jahre, drei waren es wohl – unterbrochen, um seinen vielen Lesern in Europa zu versichern, dass Angriffskriege, auch präventive, zur Verteidigung der Heimat gerechtfertigt seien. Ebendies steht übrigens auch in der Charta der UNO. Und ebendies ist es, was „Putin“ für sein Land in Anspruch nimmt. Ob zu Recht oder zu Unrecht, wäre zu erwägen – Papst Franziskus jedenfalls hat Zweifel an der Darstellung der NATO, die habe wohl ein wenig zu laut an Russlands Grenzen gekläfft. Vom Standpunkt der Russen – Pardon: Vom Willen Putins – erfahren wir nichts, denn russische Medien sind gesperrt. Kriegszeiten! Und den Krieg gegen Russland wollen wir so führen, dass Russland auf Jahre nicht aufkommt – das hat unsere Ministerin des Äußeren „Putin“ wissen lassen, wenn ich mich recht erinnere. Wäre übrigens wieder ein Plagiat, der von Thomas Mann gefeierte F.D. Roosevelt hat Deutschland (nicht den Russen) einen Schlag versetzen wollen, den es – den wir – auf Generationen nicht vergessen. Thomas Mann, um auf das Missverständnis des Donnerschlags zurückzukommen, hat auf dem Höhepunkt seines Furors gegen die Verbreiter von ausgedachter Menschheitsbeglückung und seinem leidenschaftlichen Plädoyer für die gewachsene deutsche Kultur gesagt: Nichts habe ihm je ferner gelegen als ein Krieg gegen das heilige Russland. Er nannte es heilig. Es ist, meine ich, als Signal zu verstehen, dass unser Regierungschef seinen Amtseid ohne Bezug auf Gott geleistet hat. Heilig ist ihm die Selbstregierung der Russen scheinbar schon. Um sie dem russischen Volk zu ermöglichen, muss es allerdings zuerst von seinem Präsidenten befreit werden (ich nenne den Titel, den unsere Medien so gerne verschweigen). Oder am besten sich selbst von ihm befreien. Denn es ist ein grausam geknechtetes Volk, dem durch die Eliminierung seines Präsidenten die Einordnung in eine „regelbasierte Ordnung“ allererst ermöglicht werden muss. Zur Befreiung der Russen also führen wir den Krieg. Und somit wird unser Krieg aktuell ähnlich begründet, wie auch die bisherigen Kriege gegen Russland begründet worden sind! Napoleon wollte aller Welt Menschenrechte bringen, nicht nur den Russen, als er Russland angriff. Der deutsche Kaiser hatte den vergleichbar ambitionierten Wunsch, die ganze Welt möge am deutschen Wesen genesen. Auch das Unternehmen Barbarossa ist als Kulturbringer aufgefasst worden, die SS ordnete sich gar in die christianisierende Tradition der Deutschordensritter ein. Dass sogar einfache deutsche Landser Licht in die Finsternis brachten, Kultur verbreiteten, wo Unwissenheit herrschte – habe ich selbst, ich selbst!, mir noch von Veteranen der Wehrmacht anhören müssen. Nach diesem Krieg! So rechtfertigten sie die Gräuel, für die meine Generation sie zur Verantwortung zog. Es war unsere bedeutendste Aufgabe, das zu leisten. Unsere Hoffnung war, den Nazi-Ungeist aus unserer deutschen Heimat vertrieben zu haben. Nun lässt das verheißene Weltreich deutscher Kultur die alten Wunschträume keimen. Es geht in der Politik wohl zu wie in der Mode – zwei Generationen nach Oma kommt wieder, was Oma getragen hat. Putins Staatspropaganda jedoch redet den Russen ein, unsere aktuellen Absichten seien nicht so lauter und hehr, wie wir vorgeben. Die argen Racker, die unsere Medien steuern und bedienen, sorgen dafür, dass so etwas bei uns nicht geglaubt werden kann. Alles Propaganda der Staatsmedien des Machthabers. Des Imperialisten. Des Despoten. Hat er Krebs? Putscht endlich jemand? Spekulatius ist süß und beliebt, so ab November etwa wird der schmackhafte Keks überall angeboten. Bis dahin kann freilich noch viel passieren. Nicht zu früh verzagen. Warten wir ab.